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Kunstgeschichtliche Gesellschaft zu Berlin [Hrsg.]
Kunstchronik und Kunstmarkt: Wochenschrift für Kenner und Sammler — 59.1925 (April-September)

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Nr. 2
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Grabowsky, Adolf: Museen und Sammlungen in Sowjetrussland
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Literatur / [Notizen] / Kunstmarkt
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https://doi.org/10.11588/diglit.41231#0055

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Literatur

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prospekt kleine Leute herumsitzen und stöbern. Ähnlich in Moskau, wo
allerdings die Bücher etwas teurer sind. Da wandert ein französisches Buch
des achtzehnten Jahrhunderts mit Kupfern von Eisen oder Gravelot, ein
Buch mit Wappen-Exlibris zu einem Lehrer oder einem kleinen Sowjet-
beamten.
Der Staatsverlag, der fast ausschließliche Bücherproduzent im heu-
tigen Rußland, sorgt auch von Jahr zu Jahr für bessere Drucke. Eine Aus-
stellung, die zum fünfjährigen Bestehen im Sommer 1924 im Moskauer
Historischen Museum stattfand, zeigte das sehr deutlich. Von schmierigen
Drucken auf Löschpapier kurz nach der Revolution führte die Linie zu
Büchern von hoher Vollendung. Die billigen Preise lassen große Zuschüsse
vermuten.
Zuletzt noch eine gute Perspektive: Durch die Nationalisierung der
Kirchenschätze (d. h. aller künstlerisch und materiell bedeutenden Kirchen-
güter) sind nicht nur die wertvollsten Ikonen und liturgischen Geräte, die
bisher im Dunkel der Kirchen verborgen waren, ans Licht gekommen, sondern
es ist überhaupt erst die russische Kunstentwicklung aufgehellt worden.
Gewiß ist in zaristischer Zeit von russischen Gelehrten viel auf diesem Ge-
biete gearbeitet worden, doch abgesehen von den Architekturdenkmälern war
das Material, das vorlag, allzu gering. Man kannte die Abhängigkeiten der
russischen Kunst — von Byzanz, von Asien durch die Tataren, von Arme-
nien, von der italienischen Frührenaissance —, aber man kannte sehr wenig
die Originalität dieser Kunst. Auch das Material, das man hatte, war meist
in unerfreulichem Zustand: vom Alter zerfressen, von Übermalungen ent-
stellt. Die Sowjetregierung, die religiöse Bedenken nicht zu überwinden
hatte, betrieb die Restaurierung der wichtigsten Kunstwerke. Jetzt erst
leuchtet das berühmteste Bild der russischen Kunst: „Die heilige Dreifaltigkeit“
(die drei Engel hei Abraham) von Andrei Rubleff im Troiza-Sergius-Kloster
bei Moskau in voller Ursprünglichkeit seiner lichten Farben.

LITERATUR
Odil on Roche, Chinesische Möbel.
Stuttgart 1924, Julius Hoffmann.
Die Geschichte des chinesischen Mö-
bels ist noch ungeschrieben. Man kennt
die Hauptformen der Gebrauchsstücke
des Hausrats, wie sie im heutigen China
verfertigt werden, und ihre Vorläufer,
von denen einzelne bis in die Ming-Zeit
zurückreichen mögen. Aber das reiche
urkundliche Material, das in der Malerei
überliefert ist, wurde noch kaum be-

nutzt, so daß über Alter, Entstehung und
Wandlung der Typen so gut wie nichts
bekannt ist. Es wäre eine lohnende Auf-
gabe, die Prototypen der aus Originalen
bekannten Möbelformen aus ihren bild-
lichen Darstellungen zu rekonstruieren,
deren kostbarste Ergänzung in den
Schätzen des Shosoin in Japan zu finden
wäre; denn es müßten sich sehr wert-
volle Rückschlüsse auf den noch lange
nicht im vollen Umfange gedeuteten
Charakter der Ming-Zeit ergeben, deren
 
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