Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunstgeschichtliche Gesellschaft zu Berlin [Hrsg.]
Kunstchronik und Kunstmarkt: Wochenschrift für Kenner und Sammler — 59.1925 (April-September)

DOI Heft:
Nr. 25
DOI Artikel:
Bercken, Erich von der: Zur Entwicklungsgeschichte des Kolorismus
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.41231#0427

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
KUNSTCHRONIK UND KUNSTMARKT
HERAUSGEBER ALFRED KUHN
NR. 25 19. SEPTEMBER 1925

ZUR ENTWICKLUNGSGESCHICHTE
DES IvOLORISMUS
VON E. v. d. BERCKEN
Sinnliche Schönheit und Reichtum der Farbe finden wir zu den verschie-
densten Zeiten der Malerei, Koloristen des 19. Jahrhunderts haben ihr
Ziel in anderer Weise erreicht als das 14. und 15. Jahrhundert, und doch
wird man nicht sagen können, erst die neueste Zeit habe die Schönheit der
Farbe entdeckt, ja überhaupt einen höheren Grad von Farbenschönheit ge-
geben als frühere Zeiten. Von einer einheitlichen und stetigen Entwick-
lung in der Geschichte der Malerei, etwa von einem geringeren zu einem
höheren Grade farbiger Schönheit, kann man jedenfalls nicht sprechen. Da-
gegen hat eine andere Richtung des Kolorismus, der es nicht so sehr auf
die sinnliche Wirkung des Farbtones, auch nicht auf den Ausdruckswert der
Farbe ankam, sondern vielmehr auf das, was man den »Gestaltungswert«
der Farbe nennen könnte, d. h. auf einheitliche Farbigkeit im Sinne einer
Bildgestaltung lediglich durch Farbe, unter Zurücksetzung der anderen Bild-
faktoren (Linie und Licht), eine konsequente Entwicklung durchgemacht, die
am Ende des 19. Jahrhunderts, in Cezanne, ihre Vollendung fand. Erst bei
Cezanne werden Raum, Form und Gegenstand nicht mehr durch zeichnerische
oder andere Mittel bedingt, alles erscheint durch die Farbe ausgedrückt. Erst
hier hat auch die unbedingte Vorherrschaft der Farbe gegenüber dem Licht —
die bei Manet noch nicht bestand — sich durchgesetzt; alle Negation
der Farbe durch irgendwelche Trübung im Schatten hat aufgehört, die
Schatten haben den gleichen Grad von Farbigkeit wie die Lichter. Wir
verstehen, daß Cezanne das Bild damit begann, zuerst die Schattenteile zu
malen (il commengait par l’ombre, so schildert Emile Bernard die ihm höchst
eigentümlich dünkende Arbeitsweise des Cezanne).
Es gibt nichts, was für die koloristische Absicht eines Malers charakteristi-
scher wäre, als die farbige Behandlung der Schatten, als die Gestaltung des
Verhältnisses von Farbe und Licht im allgemeinen; die verschiedenen Arten
der Lösung dieses Problems — der Beziehung von Farbe und Licht —
durch die Kunstgeschichte zu verfolgen, ist nicht nur von größtem Reiz,
sondern liefert uns auch die interessantesten Aufschlüsse über die Entwick-
lung des Kolorismus. Es ist ja eine eigentümliche Tatsache, daß so sehr
die Farbe durch das Licht bedingt wird — keine Farbe ohne Licht —,
Nr. 25. 19. IX. 25
 
Annotationen