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Wiener Ausstellungen
Fra Filippo Lippi, Maria mit Kind
Gemälde aus Privatbesitz in der Hamburger Kunsthalle
lung des Großvaters dieses Kunstfreun-
des mit herangezogen wurden, so hat man
einen schönen Überblick über deutsche
Zeichenkunst von Chodowiecki, Füger
bis etwa Ludwig Richter. Ein Kabinett
wurde einer Reihe schöner Menzelzeich-
nungen eingeräumt, ein weiteres enthält
ausgesuchte Milletdrucke, während im
letzten Munchsche Graphik und moderne
Aquarelle untergebracht wurden.
Die Ausstellung dauert bis Mitte Juni
und ist täglich von 10—4 Uhr geöffnet.
Ein kurzer Katalog mit 24 Abbildungen
ist erschienen. Dirhsen
*
Wiener Ausstellungen
Egger Lienz. — „Kunst ins Volk“.
Einige Tage nach der französischen Aus-
stellung, durch die Wien
seinen Internationalis-
mus bekannt hat, ist im
Künstlerhaus eine Kol-
lektivausstellungEgger-
Lienz und ClemensHolz-
meister eröffnet wor-
den, die als das natio-
nale Gegenstück jener
wirkt; hier wird den
Kräften gehuldigt, die
aus dem Boden der Hei-
mat strömen. Holzmei-
ster ist ein Tiroler Ar-
chitekt, der als Nach-
folger Ohmanns an die
Wiener Kunstakademie
berufenworden ist; trotz
seiner Jugend blickt er
auf eine stattliche Lei-
stung zurück (Krema-
torium in Wien, Pfarr-
kirche in St. Anton am
Arlberg usw.), vieles
andere harrt infolge der
Ungunst der Zeit noch
der Ausführung. Dar-
unter sind Großbauten
ersten Ranges, wie die
Bahnhöfe in Linz und
Innsbruck, die Umge-
staltung des Mirabell-
platzes in Salzburg,
große Wohnbauten für
die Gemeinde Wien, die
Pfarrkirche für Bregenz-Vorkloster und
andere Kirchen. Was alle diese Bau-
ten und Entwürfe auszeichnet, ist eine
bezwingende innere Ehrlichkeit; sie sind
von Tradition und Modernismus gleich
weit entfernt, nähren sich einfach aus
der Kraft, die in der Situation und der
Aufgabe gegeben ist. Unter allen neu-
eren Architekten ist kaum einer, der
eine solche natürliche Sicherheit besitzt
und dessen Bauten infolgedessen ohne
Rücksicht auf ihre speziellen Formen
jedesmal wie gewachsen aussehen. Holz-
meister zieht die Konsequenz aus der
Erkenntnis, die wir alle teilen, daß Bau-
kunst keine individuelle Fertigkeit sein
soll, sondern Ausdruck tieferer und all-
gemeinerer Bedürfnisse; er faßt seine
Wiener Ausstellungen
Fra Filippo Lippi, Maria mit Kind
Gemälde aus Privatbesitz in der Hamburger Kunsthalle
lung des Großvaters dieses Kunstfreun-
des mit herangezogen wurden, so hat man
einen schönen Überblick über deutsche
Zeichenkunst von Chodowiecki, Füger
bis etwa Ludwig Richter. Ein Kabinett
wurde einer Reihe schöner Menzelzeich-
nungen eingeräumt, ein weiteres enthält
ausgesuchte Milletdrucke, während im
letzten Munchsche Graphik und moderne
Aquarelle untergebracht wurden.
Die Ausstellung dauert bis Mitte Juni
und ist täglich von 10—4 Uhr geöffnet.
Ein kurzer Katalog mit 24 Abbildungen
ist erschienen. Dirhsen
*
Wiener Ausstellungen
Egger Lienz. — „Kunst ins Volk“.
Einige Tage nach der französischen Aus-
stellung, durch die Wien
seinen Internationalis-
mus bekannt hat, ist im
Künstlerhaus eine Kol-
lektivausstellungEgger-
Lienz und ClemensHolz-
meister eröffnet wor-
den, die als das natio-
nale Gegenstück jener
wirkt; hier wird den
Kräften gehuldigt, die
aus dem Boden der Hei-
mat strömen. Holzmei-
ster ist ein Tiroler Ar-
chitekt, der als Nach-
folger Ohmanns an die
Wiener Kunstakademie
berufenworden ist; trotz
seiner Jugend blickt er
auf eine stattliche Lei-
stung zurück (Krema-
torium in Wien, Pfarr-
kirche in St. Anton am
Arlberg usw.), vieles
andere harrt infolge der
Ungunst der Zeit noch
der Ausführung. Dar-
unter sind Großbauten
ersten Ranges, wie die
Bahnhöfe in Linz und
Innsbruck, die Umge-
staltung des Mirabell-
platzes in Salzburg,
große Wohnbauten für
die Gemeinde Wien, die
Pfarrkirche für Bregenz-Vorkloster und
andere Kirchen. Was alle diese Bau-
ten und Entwürfe auszeichnet, ist eine
bezwingende innere Ehrlichkeit; sie sind
von Tradition und Modernismus gleich
weit entfernt, nähren sich einfach aus
der Kraft, die in der Situation und der
Aufgabe gegeben ist. Unter allen neu-
eren Architekten ist kaum einer, der
eine solche natürliche Sicherheit besitzt
und dessen Bauten infolgedessen ohne
Rücksicht auf ihre speziellen Formen
jedesmal wie gewachsen aussehen. Holz-
meister zieht die Konsequenz aus der
Erkenntnis, die wir alle teilen, daß Bau-
kunst keine individuelle Fertigkeit sein
soll, sondern Ausdruck tieferer und all-
gemeinerer Bedürfnisse; er faßt seine