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Kunstgeschichtliche Gesellschaft zu Berlin [Editor]
Kunstchronik und Kunstmarkt: Wochenschrift für Kenner und Sammler — 59.1925 (April-September)

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Nr. 11
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Kuhn, Alfred: Fünfzig Jahre holländische Malerei (1875-1925): Ausstellung in der Orangerie in Potsdam
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https://doi.org/10.11588/diglit.41231#0212

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Fünfzig Jahre holländischer Malerei (1875—1925)


Jacob Maris (1837—1891), Die Brücke, um 1880. Städtisches Museum, Amsterdam

empfand, als er einstmals auf langen Tagesfahrten durch die schmalen Kanäle
glitt, langsam Schleusen sich öffnen sah und unter einem bleiernen Himmel
schwarz und weiß geflecktes Vieh auf schier endlosen Wiesen weidete.
Neben diesem Gemeinsamen treten alle Unterscheidungen zurück. Haager
und Amsterdamer Schule, die sich schroff gegenüberstehen, verschmelzen für
den ausländischen Betrachter. Auch die Generationen fließen ineinander, und
jener leidenschaftliche Kampf der Söhne gegen die Väter, der der fran-
zösischen und deutschen Kunst die Spannungsmomente gibt, scheint kaum
vorhanden. Man erhält das Gefühl eines übermächtigen Bodens, einer At-
mosphäre, die Rassen und Individuen zu einer volkshaften Einheit verbindet,
zu einem besonderen Typ formt, und den einer unvermindert fortwirkenden
Tradition, in deren Bahn ein jeder ruhig und sicher sich bewegt.
Die Lage des Landes führte es herbei, daß Beziehungen zu Paris natür-
lich waren. Aber man nimmt nur auf, was einem gemäß ist. Die Schule von
Barbizon wirkt, Delacroix (wenn auch sehr abgedämpft), dann Manet. Die
Impressionisten scheinen gar nicht vorhanden. Die Trennung zwischen Manet
und den Impressionisten wird praktisch genau so schroff vorgenommen, wie
dies seinerzeit in München bei Leibi, Schuch und ihren Freunden der Fall
war. Manet wird zu jenen gerechnet, die den Zusammenhang mit der Ver-
gangenheit aufrecht erhielten, die holländische und im weiteren die gran-
diose Graumalerei der Spanier kultivierten. So ist der Einfluß Barbizons
deutlich bei Jan Hendrick Weißenbruch (1824—1903), jener Corots bei Jong-
kind 1819—1891), der Millets bei Jozef Israels. Delacroix wirkt in Breitner
 
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