192
Fünfzig Jahre holländischer Malerei (1875—1925)
G. H. Breitner (1857-1924), Der Dam zu Amsterdam am Abend. Stadt. Museum, Amsterdam
Brücke (1888), des Schlafzimmers (1889), des Hauses in Arles (Nr. 42) hat
wenig damit zu schaffen. Man beachte, wie der tiefblaue Himmel auf das
zinnoberrote Dach stürzt, wie dieses wieder auf der gelben Hauswand liegt,
und man wird zugeben, daß es für diese Unbedingtheit des Farbeerlebnisses
einerseits und für das Jähe, Ungebändigte der psychischen Veranlagung an-
dererseits in der holländischen Kunstgeschichte keine Vorstufen gibt. Aber
im eigentlichen Verstände ist van Gogh gar nicht als Impressionist anzusehen,
eine Tatsache, die zu bekannt und zu oft erklärt worden ist, als daß wir
hier davon handeln wollten. Das Ekstatische seines Temperamentes griff
weit über diese Welt der Erscheinungen hinaus.
Seltsamerweise ist es wiederum nicht Holland gewesen, wo van Goghs
Naturanschauung; fruchtbar wurde. Während die deutsche Malerei in einer
Reihe ihrer Vertreter ausschlaggebend von ihr beeinflußt wurde, ist in Hol-
land niemand ihr gefolgt. Jan Toorops Kunst hat mit ihr nichts gemein.
Sie wurzelt hn Präraffaelismus Englands, der auch die Kunst Thorn-Prik-
kers überschattet. Die jüngste Entwicklung der Malerei zeigt wieder das
Gedämpfte holländischer Prägung, den Sinn für Nuancen und für vornehme
Farbigkeit. Der Einfluß von Paris jedoch ist dahinter unverkennbar. Ge-
rade ein Bild wie der Akt von Jan Sluijters ist ein treffendes Beispiel.
Fassen wir zusammen: eine noble, charaktervolle Kunst von nationaler
Fünfzig Jahre holländischer Malerei (1875—1925)
G. H. Breitner (1857-1924), Der Dam zu Amsterdam am Abend. Stadt. Museum, Amsterdam
Brücke (1888), des Schlafzimmers (1889), des Hauses in Arles (Nr. 42) hat
wenig damit zu schaffen. Man beachte, wie der tiefblaue Himmel auf das
zinnoberrote Dach stürzt, wie dieses wieder auf der gelben Hauswand liegt,
und man wird zugeben, daß es für diese Unbedingtheit des Farbeerlebnisses
einerseits und für das Jähe, Ungebändigte der psychischen Veranlagung an-
dererseits in der holländischen Kunstgeschichte keine Vorstufen gibt. Aber
im eigentlichen Verstände ist van Gogh gar nicht als Impressionist anzusehen,
eine Tatsache, die zu bekannt und zu oft erklärt worden ist, als daß wir
hier davon handeln wollten. Das Ekstatische seines Temperamentes griff
weit über diese Welt der Erscheinungen hinaus.
Seltsamerweise ist es wiederum nicht Holland gewesen, wo van Goghs
Naturanschauung; fruchtbar wurde. Während die deutsche Malerei in einer
Reihe ihrer Vertreter ausschlaggebend von ihr beeinflußt wurde, ist in Hol-
land niemand ihr gefolgt. Jan Toorops Kunst hat mit ihr nichts gemein.
Sie wurzelt hn Präraffaelismus Englands, der auch die Kunst Thorn-Prik-
kers überschattet. Die jüngste Entwicklung der Malerei zeigt wieder das
Gedämpfte holländischer Prägung, den Sinn für Nuancen und für vornehme
Farbigkeit. Der Einfluß von Paris jedoch ist dahinter unverkennbar. Ge-
rade ein Bild wie der Akt von Jan Sluijters ist ein treffendes Beispiel.
Fassen wir zusammen: eine noble, charaktervolle Kunst von nationaler