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Kunstgeschichtliche Gesellschaft zu Berlin [Hrsg.]
Kunstchronik und Kunstmarkt: Wochenschrift für Kenner und Sammler — 59.1925 (April-September)

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Nr. 12
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Literatur / [Notizen] / Antiquariat / Kunstmarkt
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https://doi.org/10.11588/diglit.41231#0244

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222

Forschungen — Öffentliche Kunstpflege


Tizian, Handzeichnung im Louvre
Manne eines Treubruches verdächtigt
wird. Rechts im Hintergründe erweckt
der hl. Antonius die Getötete zu neuem
Leben. Große Verschiedenheiten in der
Anordnung der Figuren finden sich auf
beiden Blättern, untereinander und im
Vergleiche mit dem Fresko, ja bei der
Louvre-Zeichnung ist sogar der dar-
gestellte Augenblick ein anderer. Doch
läßt sich annehmen, daß eine Reihe
ähnlicher kleiner Entwürfe entstanden,
während die Idee des Themas noch in
Tizians Kopf reifte, solange er sich mit
der Ausführung des Werkes noch nicht
befaßte, sondern ihm nur einen ge-
legentlichen Gedanken schenkte. Wir
haben Ähnliches bei der Vorbereitung-
wichtiger Werke mancher Künstlerbeob-
achten können, von denen uns der Zu-
fall ein reicheres Zeichnungsmaterial
erhalten hat; bei Tizian fanden wir
solche abweichende Entwürfe zum Pe-
trus - Martyr - Altar, besonders charak-
teristisch das Blatt der Sammlung Bon-
nat (publiziert von mir im Burlington-
Mag., Dezember 1924), das bei verschie-
dener Anordnung der Figuren die ganze
Komposition in nicht zu verkennender
Weise wiedergibt. Diese zwingende Be-
ziehung besitzen die beiden Zeichnungen
zu dem Fresko nicht, weder die alt-
bekannte in der Ecole des Beaux Arts
noch die hier vorgelegte des Louvre, da
ihnen beiden die Gestaltung des ganzen

Raumausschnittes fehlt und sie auf die
Komposition der Hauptgruppe be-
schränkt sind. Doch gilt für beide Blät-
ter wohl in gleicher Weise, daß sie un-
bedingt von Tizians Hand aus seiner
Frühzeit stammen, und der Schluß, daß
sie aus der inneren Beschäftigung mit
dem Freskothema entstanden, läßt sich
wohl nicht von der Hand weisen.
L. Fröhlich-Bum
ÖFFENTLICHE KUNSTPFLEGE
Farbe der Architektur
In Hamburg fand der Deutsche Farb en-
tag statt. Taut sprach über »Die Wieder-
geburt der Farbe«, die er der Buntheit
ebenso entgegenstellte wie der Stumpf-
heit. Phieps, Danzig, sprach über »An-
tike und Mittelalter«, Kan old über
»Renaissance und Barock«. Wesentliche
Referate der dreitägigenVerhandlung be-
faßten sich mit der technischen Seite. Ein
Ausschuß zur »Förderung deutscher Far-
bentage« wurde gebildet.
Die Häuser am Marktplatz zuKamenz
sind neuerdings durchgehend farbig be-
handeltworden. Ein Ausschuß des »Lan-
desvereins Sächsischer Heimatschutz«
hat daran Ärgernis genommen. Bemer-
kenswert ist,daß neben älterenSemestern,
wie den Malerprofessoren Gußmann und
Rößler, auch der Architekt Heinrich
Tessenow diesem Ausschuß angehört,
und daß gerade er die gemeinsame An-
sicht in einer längeren Niederschrift for-
mulierte, die in Heft 1/2 der »Mitteilun-
gen« des Landesvereins abgedruckt ist.
T. sucht eine Parallele durchzuführen
zwischenF ormen- undFarbenfreudigkeit,
worin wir ihm nicht folgen können, da
gerade die Licht- und Schattenwirkung
reicher Plastik, wo sie nicht bloß Orna-
ment ist, durch die Farbengegensätze
leicht aufgehoben wird. Ferner verbindet
er starken Farbensinn mit Begriffen von
individualistischer Eigentumsbetonung,
diskrete Tönung mit sozialem Geist. Man
kann nicht umhin, diese Antithese sehr
als ad hoc konstruiert zu empfinden und
muß bedauern, daß ein Mann von solcher
Autorität sich zu einer Stellungnahme
entschließen konnte, die einseitig und
— bei der geringen Erfahrung, die auf
 
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