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Kunstgeschichtliche Gesellschaft zu Berlin [Hrsg.]
Kunstchronik und Kunstmarkt: Wochenschrift für Kenner und Sammler — 59.1925 (April-September)

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Nr. 15
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Deri, Max: Kunstgeschichte und Kunstpsychologie
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https://doi.org/10.11588/diglit.41231#0285

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Kunstgeschichte und Kunstpsychologie

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Mit einer solchen Wissenschaft — die in Oeuvre-Katalogen am reinsten
zutage tritt — wäre nun aber über das eigentliche Wesen des Kunstwerkes
nichts ausgesagt. Denn dieses eigentlich innere Wesen des Kunstwerkes
ist ja von dessen Ursprung her determiniert, kann nur von seiner »vera causa«
her erlebt und ergriffen werden. Und das geschieht eben, wenn man das
Werk auf seinen Ursprung hin betrachtet. Hat der Künstler die So-Geformt-
heit des Gebildes aus einem Gefühle heraus erstellt — Pfeillinie a; so frage
ich nun eben diese Gegebenheiten, die Farben, die Inhalte und die Formen:
auf welche Gefühle sie sich zurückbeziehen lassen, welchen sie ihren Ur-
sprung und ihr Sosein verdanken -— Pfeillinie c. Ich löse sie, im Erleben,
in die ihnen zugehörigen Gefühle auf: und es muß sich dabei — im idealen
Prozeß — jene Gefühlslage in mir hersteilen, aus der heraus eben diese
Formungen entstanden sind. — Die wissenschaftliche Behandlung nun
dieser rückläufigen Einfühlungsprozesse führt zur Wissenschaft der Kunst-
Psychologie.


Man erkennt, wie grundverschieden die beiden Wissenschaften sind, wenn
man sie rein erfaßt. Die eine ist eine rein historische Disziplin, zu deren
wirklicher Beherrschung alle historischen Hilfswissenschaften erforderlich sind;
die andere ist eine rein psychologische Wissenschaft, die ohne gegründete
Kenntnisse auf diesem Gebiete kaum als exakte Wissenschaft zu betreiben ist.
Man erkennt aber auch, daß die Kunst-Geschichte keineswegs zufälliger-
weise die ältere der beiden Wissenschaften ist. Sie mußte erst die Basis,
die feste Ordnung des Ablaufes der rein historischen Entwicklung geben,
bevor die Kunst-Psychologie ein sicheres Material in die Hand bekommen
konnte. Der Kunst-Historiker ist verantwortlich für die Dichtigkeit der
zeitlichen Folge und der örtlichen Verteilung. Ohne seine Hilfe nicht nur,
sondern ohne seine ständige Mitarbeit tappt der Kunst-Psychologe im fin-
 
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