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Sammlungen
Tizian, Bildnis des Bischofs Gradenigo. Mailand, Privatbesitz
1600 gehören. Zuletzt seien noch 14
orientalische Miniaturen erwähnt. Dar-
unter ist eine Doppelzeichnung, mit der
Darstellung eines jungen Persers und
eines alten Mannes, die zwei Signaturen
des Malers Piiza Abbasi trägt. Dimand
Tizianfragen in Italien
Die Italienische Öffentlichkeit wird er-
regt durch denVerkauf eines Tizian-Por-
träts aus der Galerie Giovanelli in Ve-
nedig. Sir Joseph Duveen hat es erwor-
ben und als Tizian bezahlt. Die staatliche
Kommission hat es als Moroni für aus-
fuhrfähig erklärt, um so mehr, als der
Besitzer sich bereit erklärte, eine Sacra
conversazione von Giovanni Bellini,
nach übereinstimmender Meinung der
Sachverständigen ein schönes Werk der
Spätzeit, der Akademie zu »schenken«.
Gegen die Beunruhigung in der Presse
erklärt das Ministerium: Die
Zuschreibung desverkauften
Bildes an Tizian sei niemals
ernst genommen, da es eher
dem Moroni nahestehe. Seine
Erwerbung hätte keine Be-
reicherung der staatlichen
Sammlungen bedeutet; es
halte in dieser Beziehung gar
keinenVergleich aus mit dem
Gewinn des Spätwerkes von
Giovanni Bellini.
Die amtliche Erklärung
schließt mit einer Übersicht
der bisherigen Urteile: nur
Berenson allein habe in dem
strittigen Bild ein Alters-
werk Tizians gesehen. Kein
anderer Kritiker von Bang
oderTizian-Spezialist, weder
Crowe und Cavalcaselle,noch
Gronau, Basch, Waldmann
hätten es der Erwähnung für
wert gehalten: in der neue-
sten Auflage der »Klassiker
der Kunst« stände es nicht
einmal im Anhang unter den
»Zugeschriebenen«. DasGut-
achten ist unterzeichnet von
Corrado Bicci, Fogolari, Giu-
seppe Fiocco, Giulio Canta-
lamessa. ■— Trotzdem ver-
mißt Ugo Ojetti, der sich zum Sprecher
der öffentlichen Meinung macht, für die-
sen Fall Sachverständige wie Molmenti,
Pietro Toesca, die beiden Venturi. -—-
Man wird abwarten müssen, bis der au-
genblickliche Besitzer seine Erwerbung
bekanntmachen läßt. Bisher spricht
dafür Berensons Urteil, der hohe Preis,
den der Käufer aufwandte —- zwischen
30 000 und 45 000 £. Inzwischen haben
sich sehr gewichtige deutsche Stimmen
freudig zu dem jetzt in London befind-
lichen Bild bekannt. Jedenfallsnicht da-
gegen sprechen die von der italienischen
Kommission angezogenen Zeugen des
Auslandes; sie schweigen, weil sie das Bild
an seinem sehr hohen Platz kaum be-
achtet haben. Daß es z. B. in der jüng-
sten fünften Auflage meines Tizian-Ban-
des keine Erwähnung fand -— trotz des
Zuwachses von 84 Abbildungen — liegt
Sammlungen
Tizian, Bildnis des Bischofs Gradenigo. Mailand, Privatbesitz
1600 gehören. Zuletzt seien noch 14
orientalische Miniaturen erwähnt. Dar-
unter ist eine Doppelzeichnung, mit der
Darstellung eines jungen Persers und
eines alten Mannes, die zwei Signaturen
des Malers Piiza Abbasi trägt. Dimand
Tizianfragen in Italien
Die Italienische Öffentlichkeit wird er-
regt durch denVerkauf eines Tizian-Por-
träts aus der Galerie Giovanelli in Ve-
nedig. Sir Joseph Duveen hat es erwor-
ben und als Tizian bezahlt. Die staatliche
Kommission hat es als Moroni für aus-
fuhrfähig erklärt, um so mehr, als der
Besitzer sich bereit erklärte, eine Sacra
conversazione von Giovanni Bellini,
nach übereinstimmender Meinung der
Sachverständigen ein schönes Werk der
Spätzeit, der Akademie zu »schenken«.
Gegen die Beunruhigung in der Presse
erklärt das Ministerium: Die
Zuschreibung desverkauften
Bildes an Tizian sei niemals
ernst genommen, da es eher
dem Moroni nahestehe. Seine
Erwerbung hätte keine Be-
reicherung der staatlichen
Sammlungen bedeutet; es
halte in dieser Beziehung gar
keinenVergleich aus mit dem
Gewinn des Spätwerkes von
Giovanni Bellini.
Die amtliche Erklärung
schließt mit einer Übersicht
der bisherigen Urteile: nur
Berenson allein habe in dem
strittigen Bild ein Alters-
werk Tizians gesehen. Kein
anderer Kritiker von Bang
oderTizian-Spezialist, weder
Crowe und Cavalcaselle,noch
Gronau, Basch, Waldmann
hätten es der Erwähnung für
wert gehalten: in der neue-
sten Auflage der »Klassiker
der Kunst« stände es nicht
einmal im Anhang unter den
»Zugeschriebenen«. DasGut-
achten ist unterzeichnet von
Corrado Bicci, Fogolari, Giu-
seppe Fiocco, Giulio Canta-
lamessa. ■— Trotzdem ver-
mißt Ugo Ojetti, der sich zum Sprecher
der öffentlichen Meinung macht, für die-
sen Fall Sachverständige wie Molmenti,
Pietro Toesca, die beiden Venturi. -—-
Man wird abwarten müssen, bis der au-
genblickliche Besitzer seine Erwerbung
bekanntmachen läßt. Bisher spricht
dafür Berensons Urteil, der hohe Preis,
den der Käufer aufwandte —- zwischen
30 000 und 45 000 £. Inzwischen haben
sich sehr gewichtige deutsche Stimmen
freudig zu dem jetzt in London befind-
lichen Bild bekannt. Jedenfallsnicht da-
gegen sprechen die von der italienischen
Kommission angezogenen Zeugen des
Auslandes; sie schweigen, weil sie das Bild
an seinem sehr hohen Platz kaum be-
achtet haben. Daß es z. B. in der jüng-
sten fünften Auflage meines Tizian-Ban-
des keine Erwähnung fand -— trotz des
Zuwachses von 84 Abbildungen — liegt