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Kunstgeschichtliche Gesellschaft zu Berlin [Hrsg.]
Kunstchronik und Kunstmarkt: Wochenschrift für Kenner und Sammler — 59.1925 (April-September)

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Nr. 17/18
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Literatur / [Notizen] / Antiquariat / Kunstmarkt
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https://doi.org/10.11588/diglit.41231#0330

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308

Sammlungen


Abb. 3. Verkündigungsmadonna, sienesisch.
Florenz, Museo Civico
gespielt hat, vergißt und jäh Haupt und
Blick herumwirft über die linke Schul-
ter : all dies stimmt so stark mit Arbei-
ten Quercias aus seiner Bologneser Zeit
überein und ist so sehr eines Meisters
von seinem Rang würdig, daß ich zu-
mindest für die erste Ausführung in
edlerem Stoffe die Autorschaft Jacopos
für gegeben halte. An plastischen Arbei-

ten sind sonst noch besonders bemerkens-
wert: eine schöne, wohl sienesische Ver-
kündigungsmadonna, stehend in Lebens-
größe (Abb.3), Terrakotta mit gut erhalte-
ner bunt gemusterter Farbfassung, eine
Marmorwiederholung der Saracinimadon-
na aus Siena, schließlich eine ausgezeich-
nete Büste eines bärtigen Mannes aus
gebranntem Ton, von Lensi versuchs-
weise als Porträt des Francesco Gonzaga
dem Gian Cristoforo Romano zugeschrie-
ben, vielleicht aber auch als emilianische
Arbeit etwa aus dem Kreise des Vin-
cenzo Onofri anzusehen1). Eine kleine,
aber gewählte Sammlung von Klein-
bronzen und Plaketten vervollständigt
die plastische Abteilung.
Die Gemälde des Museums fallen et-
was ab gegenüber den Skulpturen. Doch
gibt es verschiedene interessante Bilder
des Trecento aus dem Quattrocento vor
allem einen großen S. Michael, in dem
man wohl mit Recht den von Vasari be-
schriebenen und seit dem 18. Jahrhun-
dert verschollenen »drappellone« des
Antonio Pollaiuolo erkennen darf, den er
für die Compagnia di S. Angelo in Arezzo
gemalt hat2). Einige gute Gemälde ver-
treten das 16. und 17. Jahrhundert.
Wie schon erwähnt, ist das Museum
reich an kunstgewerblichen Gegenstän-
den. Ilervorzuheben sind unter den
Möbeln einige Brauttruhen des Quattro-
cento, dann prachtvolle orientalische
Teppiche — ein riesiger Ispahan des
16. Jahrhunderts schmückt die Haupt-
wand des Treppenhauses —, schließlich
ausgesuchte alte Waffen, Musikinstru-
mente und Fayencen. Diese Dinge im
einzelnen zu behandeln, ist hier nicht
der Ort.
Alles in allem muß man feststellen,
daß das neue Museo Civico eine wesent-
liche Bereicherung bedeutet für die
Stadt Florenz, eine Bereicherung nicht
nur an einzelnen kostbaren Kunst-
werken, sondern auch in seiner Gesamt-
heit als musealer Typ, wie er bisher hier
nicht existierte. Heil
1) Porträtbüste abgebildet in dem oben
genannten Aufsatz von Lensi.
2) Vgl. Luigi Dami, Due nuove opere Pol-
laiuolesche,im »Dedalo« IV, 1923/24, S. 695 ff.
 
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