DIE KUNSTGEWERBE- UND HANDWERKERSCHULE ZU MAGDEBURG 1793—1893.
Von 1840 an, zu welcher Zeit auf Verfügung
des Oberpräsidiums die sonntägliche Unterrichtszeit
im Interesse des Kirchenbesuchs der Schüler auf die
ungünstigen Stunden von 6—8 Uhr vormittags und
2—4 Uhr nachmittags verlegt werden musste, be-
gann die Schule an Bedeutung zu verlieren, ob-
gleich die finanziellen Verhältnisse sich von Jahr
zu Jahr besserten. Es mag zu diesem Niedergange
der Leistungen vielleicht auch der heute unver-
ständliche Mangel an Erkenntnis der Schwäche un-
serer deutschen Industrie beigetragen haben; wurde
doch von Berlin amtlich nach Magdeburg berichtet,
die Industrieausstellung zu Berlin im Jahre 1844
habe gezeigt, dass die einheimische Industrie mit
jeder ausländischen den Vergleich aushalte.
Sehr unangenehm musste daher für die Magde-
burger eine unsanfte Aufrüttelung durch eine Denk-
schrift des Ministers Itzenplitz sein, welche mit
dürren Worten besagte, dass es höchste Zeit sei,
die gewerblichen Zeichenschulen zu reorganisiren.
Es währte drei Jahre, ehe die gewünschte Umge-
staltung der Schule endlich im Oktober 1871 zur
Tbatsache wurde.
Die bedeutendsten Errungenschaften dieser Reor-
ganisation waren für die Schule die Errichtung eines
Neubaues, des heutigen Kunstschulgebäudes an der
Brandenburger-Straße, sowie die Aufstellung eines
fachmännischen Direktors, des damaligen Stadt-
baumeisters Marcks. Die Frequenz der neuen Doppel-
anstalt (Kunstschule und gewerbliche Zeichenschule)
stieg unter den Direktoren Sturmhöfel und Jiäm
nicht unbedeutend, aber trotzdem wurde schon 1884
aus verschiedenen Gründen vom Unterrichtsmini-
sterium eine weitere Umgestaltung gefordert. Die
Verhandlungen zogen sich, teilweise infolge des
Ressortwechsels (die Schule ressortirt seit 1885 vom
Handelsministerium), teilweise wegen der Abneigung
der städtischen Behörden sehr in die Länge und
erst mit dem Oktober 1887 konnte an der „Kunst-
gewerbe- und Handwerkerschule" der Unterricht
nach dem neuen Reorganisationsplan unter Leitung
des Direktors Spieß begonnen werden. Seit dieser
Zeit wurde die Schule außerordentlich erweitert, da
ihr bedeutende Mittel zu Gebote standen, die Fre-
quenz außerordentlich zunahm und von Seiten der
Industriellen und Gewerbetreibenden ihr lebhaftes
Interesse entgegen gebracht wurde. Ostern 1892
folgte Direktor Spieß einem Rufe nach Basel und
seit Oktober desselben Jahres wirkt Direktor Moser
als Leiter der Anstalt, an welcher gegenwärtig
durchschnittlich 1100 Schüler von mehr als 40
Lehrern vorzugsweise auf allen Gebieten des Zeich-
nens unterrichtet werden. — Am 6. Oktober dieses
Jahres wird die Schule die Feier ihres hundert-
jährigen Bestehens durch Veranstaltung einer Jubi-
läums-Ausstellung mit historischer Abteilung, Stif-
tung eines Anerkennungsdiploms für Schüler (siehe
Abbildung) und durch Aufführung eines Festspieles
feiern. Außerdem erscheint eine Festschrift mit
ausführlicher Schilderung der Geschichte und Ent-
wicklung der Schule, welcher vorstehende Zeilen zum
Teil entnommen sind. F. MOSER.
Von 1840 an, zu welcher Zeit auf Verfügung
des Oberpräsidiums die sonntägliche Unterrichtszeit
im Interesse des Kirchenbesuchs der Schüler auf die
ungünstigen Stunden von 6—8 Uhr vormittags und
2—4 Uhr nachmittags verlegt werden musste, be-
gann die Schule an Bedeutung zu verlieren, ob-
gleich die finanziellen Verhältnisse sich von Jahr
zu Jahr besserten. Es mag zu diesem Niedergange
der Leistungen vielleicht auch der heute unver-
ständliche Mangel an Erkenntnis der Schwäche un-
serer deutschen Industrie beigetragen haben; wurde
doch von Berlin amtlich nach Magdeburg berichtet,
die Industrieausstellung zu Berlin im Jahre 1844
habe gezeigt, dass die einheimische Industrie mit
jeder ausländischen den Vergleich aushalte.
Sehr unangenehm musste daher für die Magde-
burger eine unsanfte Aufrüttelung durch eine Denk-
schrift des Ministers Itzenplitz sein, welche mit
dürren Worten besagte, dass es höchste Zeit sei,
die gewerblichen Zeichenschulen zu reorganisiren.
Es währte drei Jahre, ehe die gewünschte Umge-
staltung der Schule endlich im Oktober 1871 zur
Tbatsache wurde.
Die bedeutendsten Errungenschaften dieser Reor-
ganisation waren für die Schule die Errichtung eines
Neubaues, des heutigen Kunstschulgebäudes an der
Brandenburger-Straße, sowie die Aufstellung eines
fachmännischen Direktors, des damaligen Stadt-
baumeisters Marcks. Die Frequenz der neuen Doppel-
anstalt (Kunstschule und gewerbliche Zeichenschule)
stieg unter den Direktoren Sturmhöfel und Jiäm
nicht unbedeutend, aber trotzdem wurde schon 1884
aus verschiedenen Gründen vom Unterrichtsmini-
sterium eine weitere Umgestaltung gefordert. Die
Verhandlungen zogen sich, teilweise infolge des
Ressortwechsels (die Schule ressortirt seit 1885 vom
Handelsministerium), teilweise wegen der Abneigung
der städtischen Behörden sehr in die Länge und
erst mit dem Oktober 1887 konnte an der „Kunst-
gewerbe- und Handwerkerschule" der Unterricht
nach dem neuen Reorganisationsplan unter Leitung
des Direktors Spieß begonnen werden. Seit dieser
Zeit wurde die Schule außerordentlich erweitert, da
ihr bedeutende Mittel zu Gebote standen, die Fre-
quenz außerordentlich zunahm und von Seiten der
Industriellen und Gewerbetreibenden ihr lebhaftes
Interesse entgegen gebracht wurde. Ostern 1892
folgte Direktor Spieß einem Rufe nach Basel und
seit Oktober desselben Jahres wirkt Direktor Moser
als Leiter der Anstalt, an welcher gegenwärtig
durchschnittlich 1100 Schüler von mehr als 40
Lehrern vorzugsweise auf allen Gebieten des Zeich-
nens unterrichtet werden. — Am 6. Oktober dieses
Jahres wird die Schule die Feier ihres hundert-
jährigen Bestehens durch Veranstaltung einer Jubi-
läums-Ausstellung mit historischer Abteilung, Stif-
tung eines Anerkennungsdiploms für Schüler (siehe
Abbildung) und durch Aufführung eines Festspieles
feiern. Außerdem erscheint eine Festschrift mit
ausführlicher Schilderung der Geschichte und Ent-
wicklung der Schule, welcher vorstehende Zeilen zum
Teil entnommen sind. F. MOSER.