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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 5.1894

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Czihak, Eugen von: Bemaltes Schmiedeeisen
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https://doi.org/10.11588/diglit.4565#0090

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BEMALTES SCHMIEDEEISEN.

Umständen zu zeigen und jede Scheinkonstruktion
grundsätzlich zu vermeiden. Der Backsteinrollbau,
durch buntglasirte Steine belebt, herrscht in den
Schöpfungen jener Richtung durchaus vor; ebenso
ist ihr die Abneigung gegen jede Art von Putz eigen,
selbst wo dieser berechtigt ist, als Flächenputz. Wie
der Stein, so musste auch das
Holz seine Oberfläche unmit-
telbar ohne jede Hülle sichtbar
machen. Die Fournirung, der
deckende Olanstrich oder gar
die früher beliebte Nachah-
mung wertvollerer Holzarten
wurden nicht mehr geduldet.
Thüren, Fensterrahmen, selbst
wenn sie aus gewöhnlichem
Tannenholz gefertigt waren,
wurden mit Leinöl getränkt
und erhielten höchstens mit
Farben bunt abgesetzte Kanten
und Fasen. Auch das Schmie-
deeisen musste als solches
kenntlich gemacht werden; da
man des Rostes halber den
schützenden Olfarbenanstrich
nicht gut entbehren konnte,
so wählte man entweder die
schwarze Farbe (Asphalt- oder
Eisenlack) oder die Silber-
bronze als am passendsten und
bezeichnendsten für das rohe,
geschmiedete und das blank
bearbeitete Material.

Den sehr gesunden Grund-
sätzen dieser Bauweise kann
man die Zustimmung nicht
versagen. Die Forderung je-
doch, dass an einem Bauwerk
oder kunstgewerblichen Ge-
genstand alles „echt" sein
müsse, hat ihre Grenze in der
Beschaffenheit des Materials
selbst. Der sogenannte Rohbau

ist nur dort berechtigt, wo die Oberfläche des Ziegels
an und für sich so schön und gediegen ist, dass sie das
Auge befriedigt und gleichzeitig den Einflüssen der
Witterung auf die Dauer widersteht. Ungeputzte
Häuser aus schlechten, unansehnlichen Backsteinen,
wie man sie in Thüringen und Mitteldeutschland in
kleineren Städten nicht selten antrifft, nebenbei
schlecht oder gar nicht gefugt, sind ein wenig er-

Seitenansioh) des schmiedeeisernen bemalten Ofens
in ScMobs Röthelstein.

treulicher Anblick. Das Holz in seiner natürlichen
Beschaffenheit zu zeigen, darf nur dort erlaubt sein,
wo dieses ganz fehlerfrei und tadellos in der Be-
arbeitung ist. Dasselbe gilt von jedem anderen
Material, insbesondere auch vom Schmiedeeisen. Nur
wo auf die Auswahl des Materials, auf dessen Her-
richtung und Bearbeitung Sorg-
falt und Mühe verwendet wor-
den ist, kann zugelassen wer-
den, dass dieses in seiner
natürlichen Erscheinung ge-
zeigt wird. Bei minderwertigem
Material ist eine Verkleidung
durch deckende Hüllen und
eine Bemalung oder Färbung
nicht nur erlaubt, sondern oft
eine unbedingte Forderung.
Ihren unansehnlichen Poros-
baustein haben die Griechen
ebensogut mit bemaltem Stuck
überzogen, wie das Mittelalter
seine Bauten aus geringwerti-
gem Ziegelmaterial; der parische
oder pentelische Marmor der
attischen Tempelbauten, die
Sandsteinfassaden der gotischen
Dome und das vorzüglich ge-
brannte Material der Kirchen
und Thorbauten der norddeut-
schen Tiefebene waren an und
für sich schön genug, um die
äußere Erscheinung der Bau-
werke zu zieren. Es ist der alte
Gegensatz einerseits zwischen
dem Verkleidungs- oder In-
krustationsprinzip, das Semper
in seinem „Stil" mit bewunde-
rungswürdiger Schärfe ausein-
andergesetzt und auf die Be-
kleidung vorübergehender Fest-
bauten mit Teppichen und
anderen Erzeugnissen der tex-
tilen Kunst zurückgeführt hat,
und andererseits dem in der gotischen Kunst herr-
schenden, wo die Konstruktion stets ohne jede
Hülle gezeigt wird. Jedenfalls gilt aber auch für
die letztere Richtung der Grundsatz, dass das
Material an und für sich einen gewissen Wert haben
muss, um beanspruchen zu dürfen, an einem Werke
äußerlich zu erscheinen, das für schön gelten soll.
Für die gotische Kunst und die ihr nachstrebenden
 
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