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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 5.1894

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Falke, Otto von: Zur Entwicklungsgeschichte des muhammedanischen Ornaments
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https://doi.org/10.11588/diglit.4565#0189

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ZUR ENTWICKLUNGSGESCHICHTE DES MOHAMMEDANISCHEN ORNAMENTES.

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Jahrhundert sprechen würden, sind von mangel-
hafter Beweiskraft. So wurde ein Seidengewebe mit
chinesischen Tieren (Khilins) und arabischer Inschrift
von dem Orientalisten Karabacek dem Ghazneviden
Ibrahim (11. Jahrh.) zugewiesen; die Lesung der In-
schrift ist aber von orientalistischer Seite für un-
richtig erklärt worden. Die Anordnung des Musters
spricht für das 15. Jahrhundert (Abb. bei Fischbach,
Tafel 13). Eine Gruppe von Geweben im Berliner
Museum trägt außer chinesischen
Tieren und Rankenmustern ara-
bische Inschriften mit Namen und
Titeln mamelukischer Sultane aus
der Zeit um 1300; bei diesen
Stoffen ist aber die Möglichkeit
keineswegs ausgeschlossen, dass
es sich um chinesische, auf Be-
stellung gelieferte Arbeiten han-
delt. So bleiben als älteste Bei-
spiele ein Teppich nomadischer
Arbeit im Berliner Kunstge-
werbemuseum mit Drachen und
Vogel aus dem Anfang des 15.
Jahrhunderts, und die Mosaik-
fliesen von Tebris und Samar-
kand mit dem sog. Wolkenband,
dessen chinesische Herkunft üb-
rigens nicht über jeden Zweifel
erhaben ist (Abb. 6). In dieser
Zeit erklärt sich das Vorkom-
men chinesischer Formen in
Persien durch die Beziehungen
der mongolischen Nachfolger Ti-
murs mit dem Reich der Mitte. Ein wirklich häufiger
Bestandteil des vorderasiatischen Ornaments werden
sie erst im 16. Jahrhundert, in der Zeit der Sefeviden.
Das vermittelnde Element ist jedenfalls das chinesische
Porzellan gewesen, dessen Massenexport damals be-
gann und das seit Schah Abbas I. in Persien imitirt
wurde. In der Porzellanindustrie haben die Perser
die chinesischen Vorbilder bis zur Täuschung genau
nachgeahmt; dasselbe wurde auch in der Fayence-
töpferei versucht (Abb. 7).

Abb. 11. Türkische Fayencevase, Damaskus (?)
(Kunstgewerbemuseum in Berlin.)

Für das türkische und das muslimisch-indische
Ornament hat im großen und ganzen Persien die
Grundlage geboten. Doch haben beide Völker ge-
nügende Spuren ihres eigenen Geschmackes hinzu-
gefügt, um bei der Mehrzahl ihrer Arbeiten die
Unterscheidung von persischen zu ermöglichen. Doch
ist der ältere indische Denkmälerbestand noch nicht
genügend gesichtet, um sichere Resultate geben zu
können (Abb. 8).

Die Ornamentik der Osma-
nen unterscheidet sich von der
persischen negativ durch die
Vermeidung figürlicher Darstel-
lungen. Die erheblichste Zu-
gabe der Türken zu den von
Sarazenen und Persern über-
nommenen Ornamenten sind die
aus den sog. Rhodusfayencen,
d. h. den Fliesen und Gefäßen
in Halbfayence aus Konstanti-
nopel und Kleinasien seit dem
16. Jahrhundert allgemein be-
kannten Blumen (Abb. 9, 10,
11), speziell die Tulpen, Hya-
zinthen und Nelken. Man ist
wenig geneigt, den Osmanen
irgend welche künstlerische Leis-
tungen zuzugestehen. Aber die
enge Verwandtschaft der sog.
Rhodusgeschirre und Fliesen
untereinander, das ausschließ-
liche Vorkommen solcher Flie-
sen an osmanischen Bauten des
16. und der folgenden Jahrhunderte, das gänzliche
Fehlen der genannten Blumenformen in den nach-
weislich persischen Teppichen, Stoffen, Kunsttöp-
fereien und Arbeiten aller Art, alles das giebt
einen festen Beweis der Entstehung und Verwen-
dung dieser Blumenmuster auf türkischem Boden.
Mit Hilfe dieses sicheren Kennzeichens ist es möcr-
lieh, auch verschiedene Gruppen von Teppichen
und Seidengeweben der osmanischen Industrie zuzu-
weisen.

0. v. FALKE.

Kuustgewerbeblatt. X. F. V. H. 10.

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