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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 5.1894

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Schlie, Friedrich: Das Hamburgische Museum für Kunst und Gewerbe
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https://doi.org/10.11588/diglit.4565#0215

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200

DAS HAM BÜRGISCHE MUSEUM FÜR KUNST UND GEWERBE.

aus Buxtehude im ausgesprochensten Charakter der Früh-
renaissance (S. 647) und des „Hamburger Schapps",

dessen Euf und Ruhm im 18. Jahrhundert bis nach
Leipzig gedrungen war (S. G55); ferner die Beschrei-
bungen des Getäfels aus dem sog. „Wallensteinzimincr"
zu Rendsburg (S. 659), des Saales aus dem Hause Jenisch
zu Hamburg (S. 664 ff.), der hübschen Gruppe der Mangel-
bretter aus Niederdeutschland (S. 680 ff.), der seit zwei
Jahrzehnten besonders im nördlichen Deutschland, in
Dänemark und Schweden wie-
der zu Ehren gebrachten und
in Norwegen niemals ausge-
storbenen Kerbschnittarbeiten,
denen auch die unter Leitung
verdienter Männer wie Neuber,
Strtive und Magnussen entstan-
denen neueren, besonders aus
den Hamburger Knabenhorten
hervorgegangenen Arbeiten die-
ser Art angeschlossen sind: alle
diese größeren und kleineren
Kapitel von kunstreicher Verar-
beitung des Holzes sind Glanz-
punkte des Buches und bieten
des Neuen und Anregenden
außerordentlich viel. Unter den
Holzschnitzereien im Dienste
kirchlicher Kunst ist der Reli-
quienbehälter des Andrea Brus-
tolone vom Anfang des 18. Jahr-
hunderts ein Werk allerersten
Ranges (S. 712). Unter den
Arbeiten der Edelschmiede he-
ben wir die köstlichen Servatius-
platten hervor, deren bildlichen
Darstellungen eine ausführliche
Schilderung zu teil geworden
ist, und unter den profanen

Gefäßen den höchst originellen silbernen Willkomm
der Schlossergesellen in Gestalt eines riesigen Schlüs-
sels, dessen Rohr eine ganze Flasche Wein zu fassen
im stände ist. Eine der reizendsten und zugleich auch
vollzähligsten Abteilungen in ihrer Art ist die Samm-
lung niederdeutschen Bauernschmuckes, in welcher die
Vierlande und das sog. Alte Land bei Hamburg am
reichsten vertreten sind.

Ein anderes sehr wertvolles Gebiet des Museums ist
das der Textilien, der Gewebe, Bildwirkereien Stickereien

Silberne vergoldete Handsriauge mit Granaten und türkis-
blauen Glasperlen, aus dem Alten Lande. Mitte des 10. Jahrb.
tfat.Gr (Aus dem Museum für Kunst u. Gewerbe in Hamburg.)

und Spitzen, deren ausführliche Beschreibungen von einer
Menge der ausgezeichnetsten Abbildungen begleitet sind.
Unter letzteren, den Spitzen, bildet die großartige Schen-
kung der Frau Dr. Marie Meyer einen Hauptbestand, der
von der Stifterin nahezu ganz und gar in der holsteini-
schen Probstei gesammelt ist. Aber wo anfangen und
wo aufhören? Wir scheiden von diesem ausgezeichneten
Buche, wovon wir gewiss wissen, dass wir es noch
tausendmal zur Hand nehmen werden, mit dem Aus-
spruch lebhaften Dankes dafür,
dass der Verfasser sein an die-
sen von ihm selbst gesammel-
ten Schätzen gewachsenes gro-
ßes und reiches Wissen nicht
für sich behalten, sondern in
den Dienst der Allgemeinheit
gestellt hat, und machen zuletzt
nur noch darauf aufmerksam,
dass es dem, welcher nicht gleich
das ganze Buch erwerben will,
möglich gemacht wird, Einzelab-
teilungen zu erhalten. Als solche
sind fünf Gruppen ausgeschieden
worden: 1. Möbel und Holz-
schnitzereien; 2. europäisches
Porzellan und Steingut; 3. euro-
päische Fayencen; 4. die St. Ser-
vatiusplatten und die kirchli-
chen Geräte und Gefäße; 5. ja-
panische Schwertzierraten.

Wir können aber nicht
schließen, ohne auch noch die
vortreffliche Ausstattung des
Buches aus der Senats-Buchdruk-
kerei der Herren Lütke und
Wulff hervorzuheben. Ein be-
sonderer Schmuck sind die zahl-
reichen, ohne photographische
Hülfsaufnahmen gemachten Zeichnungen des Herrn Wil-
helm Weimar, der seit Jahr und Tag mit Herstellung
von Abbildungen aus dem Hamburger Museum beschäf-
tigt ist. Es ist eine wahre Freude, diese wirklich künst-
lerisch ausgeführten, schönen Darstellungen zu prüfen,
und wir unterschreiben mit voller Überzeugung das
Lob, welches Brinckmann auf S. I der Einleitung
seinem verdienten Mitarbeiter spendet.

Schwerin, 8. Juli 1894.

SC11UE.
 
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