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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 6.1895

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Hofmann, Albert: Der kunstgewerbliche Kongress des Jahres 1894 zu Paris
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https://doi.org/10.11588/diglit.4566#0188

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166

DER KUNSTGEWERBLICHE KONGRESS DES JAHRES 1894 ZU PARIS.

Heizgitter, für das Reichstagsgebäude ausgeführt von Hofkunstschlosser Paul Marcus,-Berlin.

also damit Gelegenheit gegeben ist, ihre Kräfte zu Arbeiten
für die Praxis zu erproben. Man darf auf das Gelingen
des Versuches und auf seine Wirkungen für die Ausbildung
der jungen Kunsthandwerker gespannt sein.

Eoty wünscht im weiteren Verfolg seines Antrages,
dass nach Maßgabe der bewilligten Summen die Möbel,
welche gegenwärtig in Staatsgebäuden stehen und nicht
mit dem Stil der Gebäude übereinstimmen, wenn sie
ohne künstlerischen Wert sind, entfernt, andernfalls im
Garde-Meuble aufgestellt werden. Das Garde-Meuble sei zu
einem Museum zu machen, zu welchem der Zutritt möglichst
erleichtert wird und in welchem die studirenden Kunst-
handwerker weitestes Entgegenkommen für ihre Studien
finden. Eoty befürwortet zum Schluss die Abfassung
genauer Inventare für alle Gegenstände des Kunst-
gewerbes, die sich in französischen Staatsgebäuden in
Frankreich und im Ausland befinden. Demnach scheint
die Inventarisation der Kunstdenkmäler in Frankreich,
trotzdem die Einrichtung der Commission historique für
die Erhaltung und Wiederherstellung der Denkmäler in
Frankreich älter ist, als die gleichen Einrichtungen in
anderen Ländern, namentlich Deutschland, doch noch
nicht die Fortschritte gemacht zu haben, wie liier.

Ein Antrag des Architekten Deslignieres fordert
die Union centrale des arts decoratifs auf, einen perio-
dischen Salon einzurichten, der fortschreitend die Ent-
wicklung zeigen solle, welche die Kunstindustrie ge-
nommen habe. Dabei soll den Künstlern, welche als
Mitarbeiter oder Erfinder bei den ausgestellten Werken
thätig waren, der künstlerische Anteil durch prinzipielle
Nennung der Namen gesichert werden. Man meint, dass
eine gewisse Entmutigung der Künstlerkreise nicht zum
geringsten dadurch herbeigeführt worden, dass die künst-
lerische Urheberschaft eines Kunstgegenstandes durch
Auftraggeber oder Zwischenhändler verdeckt werde.

Außer diesen Beschlüssen nahm die erste Sektion
des Kongresses noch folgende sechs Punkte an:

1. Die Aufmerksamkeit der Direktoren der Provin-
zialmuseen ist auf die Nützlichkeit hinzulenken, in ihren
Museen die Werke der Kunstindustrie in völliger Gleich-
heit mit den Werken der Malerei und Bildhauerei zu
behandeln; den StadtVertretungen ist in's Gedächtnis
zurückzurufen, dass die Überlegenheit und hohe Stufe
der Staatsindustrien aufs engste mit dem Fortschritt der
dekorativen Kunst verknüpft ist und dass diese Korpo-
rationen, wenn durch sie Schritte zur Einrichtung von
Museen unternommen werden, welche der industriellen
dekorativen Kunst gewidmet sind, diese Einrichtungen
nach Maßgabe ihrer Mittel unterstützen möchten.

2. Mit Bezug auf den Einfluss der Frau auf die
künstlerische Bewegung des Landes wird gewünscht,
dass nach dem bemerkenswerten Bericht der Madame
Pejard der Kunstunterricht derart organisirt werden
möge, dass die Frauen zu demselben zugelassen und mit
gleichem Hechte daran Teil nehmen können; dass die
Ecole des arts decoratifs in Paris endlich eine Weiter-
entwicklung erfahre und die Ausstattung erhalte, die
schon seit langem erwartet werde. Derselbe Unterricht
solle sowohl den Frauen wie den Männern zugänglich
gemacht werden, und zwrar sowohl in der Kunstgewerbe-
schule zu Paris wie auch in denen der Provinz; außer-
dem sollten mit der Schule Ateliers für die praktische
Bethätigung verbunden werden. Ferner wird gewünscht,
dass die Zentralvereinigung der dekorativen Künste
(Union centrale des arts decoratifs) eine Gesellschaft
ins Leben rufe, welche sich die Beschützung und die
Förderung der künstlerischen Nadelarbeiten, wie aller
künstlerischen Frauenarbeiten zur Aufgabe setze. Die
Union centrale solle eingeladen werden, in Bälde eine
beratende Kommission ins Leben zu rufen, in welcher
Künstler, Industrielle, Kunstliebhaber und Delegirte von
Vereinigungen jeder Art, soweit sie sich mit den deko-
rativen Künsten beschäftigen, sitzen. Die Kommission
solle sich mit der Beratung der Fragen und Zweige der
dekorativen Künste beschäftigen, bei welchen eine Mit-
 
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