Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 6.1895

DOI Artikel:
Kleine Mitteilungen
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.4566#0195

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
KLEINE MITTEILUNGEN.

173

vorbereitender Kursus bildet die Schüler gemeinsam in Frei-
hand- und Körperzeichnen aus; von da ab erfolgt der
Unterricht im Modelliren, Zeichnen und Erfinden, je nach
der Silber- oder Goldtechnik in gesondertem Lehrgange.
Die Goldschmiede, Ciseleure und Silberschmiede finden dann
in den mit Esse und Schmelzofen versehenen Werkstätten
für Bijouterie und Ciselierkunst ihre letzte Ausbildung.
Außerdem giebt die Anstalt den Schülerinnen Gelegenheit,
im Kunststicken sowie im Musterzeichnen und Malen für
kunstgewerbliche Techniken sich auszubilden. Für die Auf-
nahme bestehen keine Vorbildungsansprüche. Lehrlinge der
Edelmetallindustrie werden nur dann aufgenommen, wenn
sie einen Lehrvertrag vorweisen, nach welchem der Lehr-
prinzipal dem Lehrling den Besuch der Akademie an wenig-
stens 2 mal 3 Tagesstunden in der Woche während der
Dauer der ganzen Lehrzeit zusichert. Der Untericht wird
gesondert an Schüler und Schülerinnen in zusammen 20 Lehr-
sälen erteilt. Die Bibliothek umfasst 1400 Bücher mit
3000 Bänden, eine Vorbildersammlung von 975 Mappen mit
ca. 36000 Tafeln, und eine Sammlung von Handzeichnungen,
Kupferstichen und Photographien, ca. 4000 Blatt, einschl.
etwa 1200 Ornamentstiche. Die Sammlung der plastischen
Vorbilder besteht aus ca. 3000 Abgüssen meist der Klein-
kunst angehöriger Gegenstände, 2400 Abgüssen von Gemmen
und Münzen, sowie 2739 alten Urkundensiegeln. Von diesen
im wesentlichen aus dem Staatsarchiv zu Marburg stammen-
den Siegeln werden Abgüsse abgegeben. Zu der Sammlung
gehören ferner SSO Metallgegenstände, 3S0 Kunststickereien
und alte Stoffmuster. Durch Ankäufe aus Staatsmitteln,
sowie durch Nachbildungen mustergiltiger alter Schmuck-
stücke, welche von Schülern der Bijouteriewerkstatt her-
gestellt wurden, haben diese Sammlungen eine weitere Be-
reicherung erfahren. Die Gesamtzahl der Schüler betrug zu
Anfang des Schuljahres 347 (210 einheimische, 131 aus-
wärtige, 6 Ausländer) und öl Schülerinnen (30 einheimische,
15 auswärtige). Am Anfang des Schuljahres vom 28. April
bis 4. Mai 1894 fand die Ausstellung der Schülerarbeiten
aus den Jahren 1892/94 statt. In der Zeit vom 13.—27. Januar
1895 veranstaltete die Zeichenakademie eine Ausstellung
amerikanischer Edelmetallgeräte, welche vom Kgl. Kunst-
gewerbe-Museum zu Berlin auf der Weltausstellung zu
Chicago 1S93 erworben worden sind. Der Staatszuschuss
betrug für 1894/95 07 502 M.

MUSEEN.

—u— Jiriinn. Das Mährische Gewerbe-Museum in

Briimn hat mit dem Jahre 1893 das zweite Jahrzehnt seiner
Wirksamkeit abgeschlossen, die sich die Hebung des Volks-
geschmacks und die Förderung des heimischen Gewerbe-
standes zum Ziele gesteckt hatte. Der Zeitpunkt scheint
gekommen zu sein, wo das Museum an Stelle fortdauernder
Erwerbungen seine Aufmerksamkeit der technischen Vervoll-
kommnung des Gewerbestandes als Grundlage aller künst-
lerischen Bethätigung zu widmen hat, Soll ein wirklich
modernes, allen heutigen Anforderungen entsprechendes
Kunstgewerbe entstehen, so dürfen die gesammelten, anderen
Ansprüchen, wenn auch in vollkommenster Weise genügen-
den Altertümer nicht als Muster direkter Kopirung dienen,
"wohl aber können sie als leuchtende und anregende Bei-
spiele gelten, denen jedoch die fortschreitenden Errungen-
schaften des Kunstschaffens aller heute maßgebenden Länder
an die Seite zu treten haben. Gilt es somit einerseits auf
der eingeschlagenen Bahn ruhiger Entwickelung fortzu-
schreiten, so wird das Begonnene in engster Fühlung mit

dem schaffenden Gewerbestande ausgebaut, der Gesichtspunkt
des Erzeugers den Bedürfnissen des heutigen Lebens ent-
sprechend erweitert und damit sein Kennen und Könne*n
vertieft werden müssen. Das ist die schwierige Aufgabe,
welche das Mährische Kunstgewerbe-Museum Hand in Hand
mit dem ausübenden Gewerbe zu lösen versuchen will. Der
neugewählte Direktor, Architekt Julius Leisching, hat sein
Amt am 7. Mai 1894 angetreten. Behufs rascher und ge-
nauer Orientirung wurde im Laufe des Jahres 1894 ein
Standortsverzeichnis zur Kontrolle für die Sammlung ange.
legt. Der Lichthof erfuhr im vergangenen Herbste eine
durchgreifende Veränderung. Da sich hier die Barock-Kanzel
aus dem Olmützer Dom und das Altarbild aus der Littent-
schitzer Pfarrkirche befinden, lag der Gedanke nahe, alle
auf die kirchliche Kunst bezüglichen Gegenstände der ein-
zelnen Abteilungen hier zu einer Gruppe zu vereinigen. Die
befürchtete Gefahr, dass der Fachmann, der die Entwickelung
einer einzelnen Abteilung sucht, dort jetzt nur die profanen
Gegenstände findet, ist nicht gar groß, da die Fachleute sich
mit ihren Wünschen meistens an die Direktion wenden.
Überdies wird dort, wo die kirchlichen Gegenstände entfernt
wurden, durch Zettel oder Abbildungen die Lücke ausgefüllt.
Andererseits erschien es aus pädagogischen Gründen höchst
wünschenswert, an Stelle anatomischer Zergliederung an be-
sonders hervorragenden Teilen der kunstgewerblichen Ent-
wickelung ein einheitliches kulturgeschichtliches Gesamtbild
zu geben. Die Herausgabe eines Führers wird dem flüchtigen
Besucher einen raschen Üherblick ermöglichen. In der Er-
kenntnis, dass das gesprochene Wort immer lobhafter anregt
als das geschriebene und gedruckte, veranstaltete die Direktion
an Sonntag Vormittagen eine Reihe von offiziellen Führungen,
die mit Demonstrationen verbunden waren. Die seit acht
Jahren bestehende Einrichtung eines kunstgewerblichen
Ateliers hat sich außerordentlich bewährt und gegenüber
dem Vorjahre eine abermalige Steigerung an Aufträgen auf-
zuweisen. Das Museum veranstaltete eine Ausstellung von
ca. 4000 Titelblättern und von Brandmalereien aus Cortina
d'Ampezzo, sowie eine Ausstellung von im Atelier ausge-
führten Entwürfen und eine Schmuck-Ausstellung. Die im
Jahre 1893 ins Leben getretene „Permanente Ausstellung
mährischer, zum Verkauf bestimmter kunstgewerblicher Er-
zeugnisse" hat jenen Aufschwung nicht genommen, der ihr
zu wünschen gewesen wäre. Den wichtigsten Schritt, den
Wünschen der Kleingewerbetreibenden entgegenzukommen,
that das Kuratorium durch den Beschluss der Gründung
einer „Abteilung zur technischen Förderung des Klein-
gewerbes" am Museum. Es ist zu diesem Zwecke geplant
eine Sammlung von Werkzeugen, Rohprodukten u. s. w., von
Motoren und Arbeitsmaschinen jeweilig neuester und bester
Konstruktion aufzustellen und ein technisches Auskunfts-
bureau für einen eigens hierzu anzustellenden Beamten ein-
zurichten. Der Jahresbesuch bezifferte sich i. J. 1891 auf
28,064 Personen.

f2i_^^BL£CHER5CHAU'^5v^

W. v. Olocdcn's Sivilia/nische Breilichtstudien (Hugo
Grosser's Kunsthandlung, Leipzig). Als Studienmaterial
für Künstler bestehen zwar viel Kollektionen von Aktphoto-
 
Annotationen