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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 6.1895

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Tafel 18
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Französische Urteile über deutsche Kunstgewerbeschulen
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https://doi.org/10.11588/diglit.4566#0228

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FRANZÖSISCHE URTEILE ÜBER DEUTSCHE KUNSTGEWERBESCHULEN.

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um angewandt zu werden, uns aus dem Felde zu
schlagen.

In gewissen Schulen machen die Professoren Studien-
reisen zur Information über das, was anderswo geschieht,
und um sich auf dem Laufenden zu erhalten und aus
den neu gewonnenen Erfahrungen Nutzen zu ziehen.
Zu den Weltausstellungen werden Delegirte abgesandt,
die bei der Rückkehr nicht allein der Schule Bericht
erstatten, sondern auch Zusammenkünfte mit den Vor-
gesetzten abhalten, wo Modelle und neu gekaufte Schmuck-
sachen eine große Rolle spielen, die dann die Schul-
museen, die beständig besichtigt werden, bereichern.

Wenn die germanische Rasse auch nicht auf den
ersten Anlauf erreicht, was sie will, wenn ihr Geist auch
nicht so beweglich ist wie der unsere, so ist sie doch
mit einer Willenskraft und einer Arbeitsgeschicklichkeit
begabt, die sie gefahrlich macht.

Die Disziplin der Armee ist auch in der Schule zu
finden. Den Professoren gehorcht man wie Gebietern,
was diese nicht abhält, sich durch Liebenswürdigkeit
und Geduld der Sympathie ihrer Schüler zu versichern.
Der Knabe hat Respekt vor seinem Meister und einen
lebhaften Wunsch, sich auszubilden. Die Lehrmethoden
sind der Gegenstand eines eingehenden Studiums ge-
wesen und sie werden nur angewandt, wenn die Erfah-
rung gelehrt hat, dass sie vor andern den Vorzug ver-
dienen. Wir müssen gestehen, dass seit 30 Jahren die
erreichten Resultate in Österreich und Deutschland, um
nur von diesen beiden Ländern zu sprechen, von sehr
bedeutender Art sind und die Zeit wird es mehr und
mehr offenbaren. Die österreichische Regierung, ebenso
wie die deutsche hat sehr wohl die stets wachsende Be-
deutung der Erziehung und technischen Ausbildung der
Lehrlinge und des Zeichenunterrichts für die Kunsthand-
werker erkannt, so dass ein Gesetz erlassen wurde, wo-
nach die Lehrlinge verpflichtet sind, die Schulen
wenigstens sechs Stunden wöchentlich, bis zum IG. Jahre
zu besuchen.

Aus unseren verschiedenen Besichtigungen ergiebt
sich deutlich, wie wir es zu Anfang schon sagten, dass
wir alle Ursache haben, heute bei uns Fachzeicben-
Schulen einzurichten, denen in Deutschland und Öster-
reich entsprechend; wir sagen nichl ..ähnlich", denn wir
meinen, dass es nötig sein wird, sie dem Geist und
Genie unseres Volkes entsprechend umzugestalten. Es
ist unerlässlich, dass wir unverzüglich die größten An-
strengungen machen, um unsere Schule auf die Höhe zu
bringen, die bis jetzt erreicht worden ist. Die Erfah-
rungen unserer Rivalen müssen uns dazu dienen, und wir
haben zu lange der [dee Raum gegeben, dass wir die
einzigen Erfinder und Künstler sind, und dass ein Pro-
dukl, weil es von einem französischen Hause hervor-
gebracht worden ist, seiner Natur nach denen unserer
Nachbarn überlegen sein müsse.

Von dem Kampf, der zwar (riedlicher Natur, aber

immer lebhafter und erbitterter werden wird, hängt nicht
allein die Zukunft unserer Industrie, sondern auch
unseres Vaterlandes ab.

Wenn wir wirklich an der Spitze der künstlerischen
Produktion bleiben wollen, müssen wir bei unseren Kin-
dern einen beständigen Wetteifer unterhalten und ihnen
vor allem eine sehr gediegene praktische Ausbildung zu
teil werden lassen.

Die Syndikatskammer der Bijouterie und Gold-
schmiedekunst, die das Verdienst hat, als einer der
ersten, eine Specialzeichen-Schule gegründet zu haben,
hat wohl eingesehen, dass es Zeit war, die Ausbildung
ihrer Lehrlinge zu fördern.

Erlauben sie uns, meine Herren, eine kleine Ab-
schweifung, die nur in indirekter Beziehung zu unserem
Gegenstande steht.

In Pforzheim, wo man uns Photographien nach
Modejournalen zeigte, baten uns unsere deutschen Kol-
legen, unsere Bemühungen mit den ihrigen zu vereinigen,

Schreibpult, entworfen von Hans SCHMADK, Nürnberg

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