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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 7.1896

DOI Artikel:
Weese, Artur: Das Reichsgerichtsgebäude in Leipzig, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4885#0046
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DAS REICHSGERICHTSGEBÄUDE IN LEIPZIG.

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Hauptstadt dazu beigetragen haben, jedenfalls hat der
Baumeister Hoffmann selbst in freiwilliger Zurück-
gezogenheit darüber gewacht, dass von seiner Arbeit
keine Kunde über die Bretterzäune seines Bauplatzes in
die Öffentlichkeit dringe.

Als junger Künstler, der mit überraschender Sicher-
heit als Sieger aus der ausgeschriebenen Preisbewerbung
hervorgegangen war, machte er seine innere Entwicklung

seines letzten an die Akademie des Bauwesens einge-
reichten und von ihr empfohlenen Planes. Mit welcher
Klarheit aber er trotz der schwerentschlossenen und
experimentirenden Methode seiner Arbeit zu Wege ging,
das zeigt die harmonisch ausgeglichene Schöpfung, wie
sie jetzt dasteht. ■ Er hat in der Stille gearbeitet und
Kecht daran gethan. Die allgemeine Meinung erwartete
nichts als einen Nutzbau; ein Kunstwerk erschloss sich,

Erdgeschossgrundriss vom Keiehsgerichtsgebäude in Leipzig.

erst mit dem langsam wachsenden Werke durch und
suchte mit der rastlosen Triebkraft eines hochgestimmten
Sinnes, der dem Ewigen in der Kunst zustrebt, sich
selbst erst die Wege. Er fühlte sich noch nicht als
Meister, der die Fülle seiner Erfahrungen für eine so
gewaltige Arbeit ausnutzt, sondern wollte, ungestört von
dem lauten Urteil der Welt, durch jeden seiner unge-
zählten Versuche die Lösung erst finden. Sein erster
Entwurf hat daher in den Grundzügen mehrfache Um-
gestaltungen erfahren und das Hauptcharakteristikum
des vollendeten Werkes, die Kuppel, ist erst die Zuthat

als die glänzende Versammlung bei der Weihe das Ge-
bäude betrat.

Bei dem beschränkten uns gewährten Kaume kann es
nicht unsere Absicht sein, den Wert des Werkes zu er-
schöpfen. Zudem können hier nur die allgemein künst-
lerischen Gesichtspunkte erörtert werden, während die
interessanten technischen Probleme vor ein anderes Forum
gehören.

Ein mit so glücklicher Übersichtlichkeit durch-
geführtes Bauwerk muss natürlich in erster Reihe in
seinem Grundriss studirt werden. Gleich von vornherein

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