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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 7.1896

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Jessen, Peter: Die Kunst im Plakatwesen
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https://doi.org/10.11588/diglit.4885#0100
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DIE KUNST IM PLAKATWESEN.

mit der Ware zu schaffen, die die empfehlen wollen,
mit dem Puder vor dem Spiegel, mit dem Anzünden
der Lampe, mit dem Theebrett für den Wein oder
Likör. Die Plakate für die Weihnachtsbazare bringen
auch reizende Kinderchen mit ihrem Spielzeug, voll
echter Bänderlust. Alles Ernste des Lebens ist aus dieser

ein Zeichenvirtuose ersten Banges. Wie markig und
bewusst er die Umrisse seiner Hauptfiguren aufbaut, wie
er das Wesentliche zu packen weiß, wie auch in den
flüchtigsten Andeutungen des Hintergrundes jeder Strich
sitzt, das muss man an den Originalplakaten studiren.
Der Stil der Zeichnung wird durch die Farben kräftigst

Plakat von EUGENE GRASSET. 115 : 70 cm.

tollen Welt verbannt; es ist wie ein ewiger Karneval;
das Schäferspiel aus Watteau's Zeit ins heutige Boule-
vardtreiben übersetzt. Das hat keiner so gut getroffen
wie Cheret; daher sind seine Plakate die eigentliche
Kunst der Pariser Boulevards geworden.

Wie alle selbständigen Künstler, ist der eigenartige
Erfinder Cheret auch ein eigenartiger Zeichner; er ist

unterstützt. Breite Flächen mit maßvoller, sicherer
Modellirung, teils glatt, teils punktirt, teils mittelst des
Zerstäubers leicht getönt; nicht mehr das einfache
Schwarz und Bot seiner älteren Arbeiten, sondern alle
kühnsten Effekte des heutigen Kolorismus mit vielen
Anklängen an die Hell- und Blau-Maler; auch das selt-
same Farbenfeuerwerk der elektrischen Scheinwerfer,
 
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