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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 7.1896

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Kleine Mitteilungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.4885#0130
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KLEINE MITTEILUNGEN.

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Berlin. Im Lichthofe des Kunstgewerbe-Museums wurde
am Mittwoch den 25. März auf kurze Zeit eine Ausstellung
von Stickereien eröffnet, welche ein ungewöhnliches Interesse
in Anspruch nehmen darf. Die Stücke sind von dem Bild-
hauer H. Obrist in München gezeichnet, zum teil plastisch
vorgearbeitet und unter seiner Leitung in Stickerei ausge-
führt. Ohne Inanspruchnahme besonders schwieriger Tech-
niken wirken die Arbeiten lediglich durch freie Erfindung
unter Anlehnung an natürliche Pflanzenformen und durch
höchst geistreiche Benutzung verschiedenartiger, keineswegs
kostbarer Materialien. Jedes Stück ist als selbständiges
Kunstwerk erfunden und ausgeführt und nicht zur Verviel-
fältigung bestimmt. Diesen Arbeiten, welche zuerst in
München vorgeführt wurden, ist dort von allen künstlerisch
gebildeten Kreisen die lebhafteste Teilnahme entgegenge-
bracht worden.

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Das Kunstgewerbemuseum in Dresden giebt gegenwärtig
illustrirte Führer durch die einzelnen Abteilungen heraus,
welche von dem Direktionsassistenten Dr. K. Berling verfasst
sind. Dem unlängst erschienenen Heftchen über Keramik
ist jetzt die die Metalltechnik behandelnde Abteilung ge-
folgt. Die Schriften zeichnen sich durch Klarheit und um-
fassende Sachkenntnis aus, sind ansprechend illustrirt und
wohlfeil (40 Pf. das Heft). Der Verfasser giebt in den
Broschüren einen Abriss der Geschichte der behandelten
Technik und erläutert sie durch Hinweise auf einzelne Stücke
der Sammlung des Museums. Die einschlägige Litteratur
ist in Noten angeführt. Man kann die Hefte unbedingt
empfehlen.

Kunst und Zeichnen an den Mittelschulen. II. Das
Flachornament des Altertums. Von Karl Reichhold,
Kgl. Reallehrer in München. Mit 48 Tafeln. Berlin, G.
Siemens, 1895. Preis 3,60 M.
Das schmucke Werkchen, welches auf 00 Seiten Text
die Erläuterung der in Photolithographie sauber hergestellten
zahlreichen Abbildungen enthält, stellt sich als zweiten Teil
des auf 6 Teile bemessenen Werkes von obigem Kollektiv-
titel dar. Was wir bei der Besprechung des ersten Teiles:
„Das erste Jahr des Zeichenunterrichtes an den Mittelschulen"
(Dezemberheft d. Bl., 1895) als Vermutung aussprechen, wird
nach der Einleitung zu diesem zweiten Teil zur Gewissheit.
Der Verfasser erkennt nur dann ein „Programm des Zeichen-
unterrichtes an, jenen Schulen als wohlbegründet" an, wenn
es von vornherein „im Anschluss an die Kunstgeschichte"
vorgeht. Seite 6 schreibt er: „Jeder andere Lehrgang wird
beständigen, dem Unterricht höchst nachteiligen Wechsel-
fällen ausgesetzt sein und die Zerfahrenheit, wie sie zur Zeit
im Zeichenunterricht an den verschiedenen Schulen herrscht,
kaum heben können." Wie sich der Verfasser solchen
Unterricht denkt, bleibt auch jetzt völlig unklar. Er ver-
wahrt sich freilich davor, „diese formgeschichtlichen Er-

läuterungen in ihrem vollen Umfange auch dem Unterrichte
zumuten zu wollen" — was übrigens niemand mit gesundem
Verstand angenommen haben kann —; „sie sollen vielmehr
dem Lehrer als Vokabular der ornamentalen Zeichensprache
dienen, von deren Beherrschung der innere Wert seines
Unterrichtes abhängt". Allein es ist doch seine Meinung,
dass der Gang des Unterrichtes mit der Entwicklung des
Ornamentes gleichen Schritt halten soll. Wie man das mit
der ersten pädagogischen Regel: „Vom Leichten zum
Schweren" vereinbaren kann, bleibt völlig dunkel. Was
sollte man — nota bene: für das zweite Jahr des Zeichen-
unterrichtes, also für etwa neunjährige Knaben, aus den
altägyptischen Darstellungen der Menschen- und Tiergestalten
als Vorbilder entnehmen! Hält man es für denkbar, dass
daraus etwas anderes als die oberflächlichsten, wertlosesten
Machwerke herauskommen können? Und sind diese meist
an sich geschmacklosen Formen überhaupt wert, als Vor-
bilder zu dienen? Das, was aus den griechichen Zierformen
(Bänder, Friese etc.), die später folgen, geschmackvoll genug
ist, um in Fleisch und Blut unserer Jugend verpflanzt zu
werden, das haben auch alle neuen Wandtafelwerke für den
ersten Zeichenunterricht sich wahrlich nicht entgehen lassen.
Wir sind durchaus nicht der Meinung, dass all das Alte,
nur weil es alt und ehrwürdig ist, zur Ausbildung unserer
Jugend verwendet werden sollte. „Vom Leben her zum
Leben hin" heißt jetzt die Parole, und so sind die Hirth'schen
„Ideen über den Zeichenunterricht" zu verstehen, auf welche
sich der Herr Verfasser berufen zu dürfen glaubt. Wie seit
der ältesten Zeit die Zierformen aus den Naturformen etc.
sich entwickelt haben, soll gewiss auch im Zeichenuntericht
der Mittelschule zur Besprechung kommen; aber das muss
die höchste Stufe bringen, nicht der Anfang bei den ABC-
Schützen. Lösen wir indessen das vom Verfasser Gebotene
von dieser selbstgewollten Fessel ab, so zeigt sich ein recht
verdienstvolles Werkchen. Mit großer Gründlichkeit werden
die einzelnen Stilarten der antiken Flachornamentik in
äußerst zahlreichen Beispielen vorgeführt und unter Aus-
blicken auf die Kulturgeschichte kurz erläutert. Die Zeich-
nungen, wenn auch skizzenhaft behandelt, werden doch voll-
kommen dem Zweck, dem Studium zu dienen, entsprechen.
Das Zeichnen als Hilfsmittel hei Erteilung des
Unterrichtes in den verschiedenen Lelirgegen-
ständen allgemein bildender Lehranstalten. Von
Albert Kurz. Berlin, Selbstverlag. Preis 75 Pf.
Nach dem Vorwort hat der Beifall, den sein Vortrag:
„die moderne Bleistiftfabrikation" gefunden hat, den Herrn
Verfasser ermutigt, das durch den Titel obigen Schriftchens
erschöpfend wiedergegebene Thema zu behandeln und seine
auf 20 Seiten enthaltenen Ausführungen „der deutschen
Lehrerschaft zu widmen". In einem „Anhang" von 6 Seiten
werden dann, um es gleich zur Charakteristik des Werkes
zu sagen, alle Fabrikate der Firma H. C. Kurz, als Blei-
stifte, Mischfarben, Gummi, Griffel etc. unter Abdruck von
Empfehlungen einzeln aufgeführt. Auf 20 Seiten Text
6 Seiten Reklame, und zwar von einem Herrn, der die
moderne Bleistiftfabrikation beherrscht, für ein Geschäft von
dem Namen des Verfassers! Risum teneatis amici! Ein
solches Schriftchen können wir unmöglich ernst nehmen,
und wir würden auch dann auf eine Kritik in diesem Blatt
verzichten, wenn der Inhalt mehr wäre als eine allerdings
recht fleißige Zusammenstellung von Urteilen zahlreicher
Pädagogen über den Wert des Zeichnens für die verschiedenen
Unterrichtsfächer. Verschmäht es doch der Verfasser nicht,
selbst im Text auf die Signir-Farbstifte von H. C. Kurz und
andere schöne Dinge hinzuweisen!
 
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