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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 7.1896

DOI Artikel:
Hofmann, Albert: Die Berliner Gewerbeausstellung 1896, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4885#0142
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Thürfries im Speisesaal des Keiclisgerichtsgebäudes. Modellirt von II. Oiesecke, Berlin.

DIE BERLINER GEWERBEAUSSTELLUNG 1896.

VON ALBERT HOFMANN-BY.RLW.

ENN diese Zeilen vor die Äugender Leser
des Kunstgewerbeblattes treten, dann
ist die Berliner Gewerbeausstollung des
Jahres 1896 bereits eröffnet und damit
die Vorgeschichte eines wirtschaftlichen
Dramas abgeschlossen, dessen Lösung
nicht zweifelhaft ist, dessen Nachwirkung aber wie bei
einem guten Tendenzstück zunächst noch unberechenbar
ist, jedoch mit den geschwellten Hoffnungen aller bei
dem großen Werke beteiligten Kräfte, die den großen
Maßstab, welchen das Werk trägt, auch in gleicher
Weise auf seine Folgen anzuwenden bereit und be-
rechtigt sind, begrüßt wird. Der große Maßstab! Er
ist auch für den erheblich beschnittenen Gedanken übrig-
geblieben, der dem Unternehmen zu Grunde gelegt wurde,
nachdem der große Gedanke einer Weltausstellung an der
Zurückhaltung der großindustriellen und der Regierungs-
krise scheiterte, von welchen die letzteren in dem er-
klärlichen Gefühle der Verantwortlichkeit, die in der
Förderung und Verwirklichung eines Weltausstellungs-
gedankens liegt, wohl wünschen mochten, zunächst an einer
kleineren Veranstaltung die Kraft der deutschen Kunst
und des deutschen Gewerbes erprobt zu sehen. So viele
Stimmen damals geneigt waren, die Entschlüsse der
Regierung mit stillem, oft auch mit lautem Grollen zu be-
gleiten, so lebhaft müssen doch einsichtigere Beurteiler
der Verhältnisse diesen Entschlüssen beitreten. Denn so
groß auch die Wärme und die Anteilnahme sein mag, mit
der man die künstlerische und gewerbliche Entwicklung
Deutschlands seit den Tagen der kriegerischen Um-
wälzungen der WTende der sechziger und siebziger Jahre
verfolgt, der tiefen Wahrheit, welche von keinem klar
und scharf Sehenden geleugnet wird, kann sich das

Kunstgewerbeblatt. N. F. VII. H. 8.

Volk, je mehr es fortschreitet, um so weniger ver-
schließen, dass die Kulturstellung des deutschen Reiches
in künstlerischer Beziehung auch heute noch nicht ganz
seiner politischen Stellung, die es im europäischen und
außereuropäischen Staaten gefüge einnimmt, entspricht.
Wir halten es unter der Einwirkung des Nachhalles der
rauschenden Festklänge der Eröffnungsfeier und ange-
sichts des festlich heiteren, künstlerisch gestimmten
Frühlingsbildes nicht für unangebracht, auf diesen merk-
würdigen, aber nicht unerklärlichen Zwiespalt in der Ent-
wicklung der Dinge hinzuweisen, denn dieser Hinweis
wird eingegeben durch die ernsten Erwägungen, die sich
aus den Betrachtungen der wirtschaftlichen Verhältnisse
der Völker der Gegenwart ergeben. Wer die entsprechen-
den Zahlen aus dem wirtschaftlichen Verkehr der west-
europäischen Völker untereinander mit Aufmerksamkeit
verfolgt, der sieht, dass Deutschland noch lange Zeit
nach der Erhebung zu seiner politischen Machtstellung
in wirtschaftlicher Hinsicht selbst dem von ihm besiegten
Volke nachstand. Wer in diesen Zahlen zu lesen weiß,
der wird aber auch weiter mit Freude und Stolz er-
kennen, dass der wirtschaftliche Schwerpunkt, der ehe-
mals bei Frankreich und England war und heute noch
thatsächlich im Besitz der englischen Kultur ist, sich
mehr und mehr zu Gunsten der deutschen Produktions-
kraft vorschiebt, und man hat nicht den Vorwurf allzu
großer Heißblütigkeit zu fürchten, wenn man schon heute
mit dem Zeitpunkte rechnet, an dem das wirtschaftliche
Schwergewicht thatsächlich auf die deutsche Produktion
übergegangen sein wird und sich in seiner Bedeutung
neben die politische Weltmachtstellung des Reiches stellt.
An diesem wirtschaftlichen Aufschwung hat das deutsche
Kunstgewerbe einen nicht unerheblichen Anteil, dessen

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