zugehen, heut ruit den Ameriknnern: und zwnr dnrmn,
weil sic nicht nllein die in mehrfncher Hinsicht interessnnteste,
sondern vvr nllem die im Gnnzen beste Ausstellung zu-
snmmengebrncht hnben. Jn ihrem Snnle findet mnn knum
ein wirklich ungenügendes Bild, üngegen viele gute und
einige Meisteriverke. Dns ivill sicherlich nicht ivenig heißen.
Jn dieser Hinsicht stehen nuch die Münchcner und Frnnzosen
hinter den Ameriknnern zurück. Dcnn bei der Sezession
bemerkt mnn fast nuf Schritt und Tritt die mit kraftvollem
Ringen unzertrennlich verbundenen Unzulänglichkeiten, und
die Frnnzosen hnben dn eine ganze Menge schlechten Zeugs
geschickt, dns nur nffische Liebe beiuundern knnn. Beispiels-
iveise Le Viiesnes hochgrndig geschmacklosen „Wildbnch",
der die brausenden Wellen durch eine llnznhl springender,
fnllender, laufender, schreiender Frnuenspersonen spmboli-
sieren will; dann eine gnnze Znhl ivenig gut gemnlter
und durch ihre Absichtlichkeit recht nbstoßender Nuditäten;
endlich nuch ein gut Teil durchnus mittelmäßiger Genre-
bilder, ivie sie nuch bei uns gemacht iverden, hier etivns
sentimentaler, dort etivas frecher.
Die Ameriknncr nlso zeigen sich in ihrer Ausstellung,
ivenn mnn sie nls Gnnzes nimmt, nls die größten Kvnner.
Wns nn ihrer künstlerischen Physiognomie wohl zucrst
und zumeist in die Augen sällt, ist ihre völlige Unbekümmert-
heit. Sie kehren sich nicht nn Schule, Formel oder Über-
lieferung, sie gehen gerade dnrauf los und suchen sich ihre
Ausdrucksformen, jeder die seine. Darum sind in diesem
Saale eine Reihe von schars umrissenen Charakterköpfen
vereinigt, deren Studium dem Pspchologen das größte
Vergnügen mnchen muß. Sie kennen keine Pose und keine
Verstellung, sie geben sich gnnz, wie sie sind, und gehen
in nllen Dingcn rücksichtslos bis zum Äußersten. Darin,
sühlt man, sind sie nmeriknnisäf Sie wisscn, daß cs nuch
in der Kunst einen Konkurrenzknmpf giebt, bei dem die
Hnlben, Vorsichtigen, Unsicheren unterliegen, und so gehen
sie mit Bewußtsein daraus nus, sich Form, Ansehen und
Eigennrt zu geben. Sicherlich ist in diesen Bildern etwns,
wie ein gegenseitiges Überbieten; jeder bemüht sich, noch
verwegener, noch rücksichtsloser zu sein als sein Schulter-
mnnn. Mnn findet daher bei den Amerikanern die modernen
Richtungen fnst durchgehends in gestcigerten Dimensionen:
stärker, gewngter, konsequenter als bei den nnderen Völkern.
Sie hnben jn auf eine ältere Kunst, die die Anschnuung
anders erzogen hnben könnte, keine Nücksicht zu nehmen,
und der nntionnle Geschmnck giebt ihnen recht, wenn sie
in nllem die äußerste „Sensation" zu erreichen suchen.
Das hnt insofern sein Gutes, nls von der selbst-
zufriedenen Stagnntion deutschen Kunststilllebens hier gnr
nicht die Rede sein knnn. Jn keiner nnderen Abteilung
findet mnn die Ergebnisse der modernen Bewegung so
allgemein nngenommen und verwertet wie hier; nuch die
frnnzösischen Säle zeigen, als Ganzes genommen, weit
weniger Fortgeschrittenheit. Selbst die dürftigeren Werke
bemühcn sich in erster Linie, mnlerische Eindrücke zu geben.
Jch erinnere mich kaum, je etwas Kühneres gesehen zu
haben, als Willinm I. Dnnnnts „Gitnnas". Diese
nndalusischen Zigeunerinnen sitzen nuf einer Bnnk längs
der Wnnd, sie scheinen in einer Produktion begriffen, sie
singen, werfen die Arme, grimnssiercn und lachen ins
Publikum. Anscheinend fällt elektrisches Licht nuf sie, und
bitten: der heut nbgedruckte Berliner Kunstbrief hatte nnch
Absicht des Herrn Verfnssers dem im 18. Heste nbgedruck-
ten vorzugehen. Ü.-L.
die Wirkung, die diese zersetzendc Belcuchtung nuf ihre
bunten Kleider, nuf ihre geschminkten, meist gealterten
Gesichter nusübt, ist in den grellsten Fnrben mit einer
verblüffendcn, in ihrer Unbnrmherzigkeit fast erschreckcnden
Wnhrheit wiedergegeben. Jm künstlerischen Sinne erblicke
ich dns Wertvolle des Bildes dnrin, dnß der Alnler
nirgends mit kleinen Mitteln nrbeitet; vielmehr hnt er
erkannt, duß er die Natur nicht nbschreiben, sondern über-
setzen und mit großen Mnssen und Mischungen die Wirkungen
zu erreichen suchen muß, für die der Nntur ein unerschöpf-
lichcr Reichtum nn Mitteln zu Gebote steht. Dnsselbe gilt
von einem Dnmenbildnisse, dem Wunderiverke John
S. Sargents. Dns Chnngieren und Schillern des blnß-
roten Snmtes ist durch breit hingestrichene Farbenschwaden
mit einem unbeschreiblichen Reize wiedergegeben, dns
Flimmern und Zittern des Stoffes ist mit den denkbar
geringsten Mitteln sestgehnltcn. Endlich nenne ich in diesem
Zusammenhnnge den den Lesern des Kunstwnrts bereits
bekannten Alexnnder tznrrison. Ein Nachtbild zeigt
uns, wie Wnsser und Himmel in tiesem Blnu völlig
ineinnnder übergehen. Wir sehen zunächst nur eine einzige
blaue Fläche, einen winzigen Lichtpunkt mitten drin, die
Andeutung eines Felsens seitlich. Aber die nähere Be-
trachtung zeigt, welch feinste Schnttirungcn in diesem Blnu
liegen, und führt uns gnnz in den Eindruck der märchen-
hnften Schönheit einer Sommernacht nuf der See hinein.
„Jn Arkndien" zeigt einige nnckte Fraucngestnlten, die sich
vom grünen Lichte des Waldes und von der lauen Lust
umspülen lassen. Das ist ein Bild, nicht allein voll von
ntmosphärischer Wnhrheit, sondern nuch von einer poet-
ischen Wahrheit, die uns Mensch und Natur als eins
erscheinen läßt und diese Frnuen nls notwendige Erschein-
ungen, nicht nls willkürliche Stnffage glnubhnft mncht.
Jch hebe im übrigen nur noch cinige Maler hervor.
Penrce ist ein nnturnlistischer Lnndschafter voll Gesund-
heit und Treue; Bishings Lnndschnsten und Tierstücke
zählen zum Dustigsten und Stimmungsvollsten, was die
Ausstellung aufweist. Alexnnde r mnlt pikante und geist-
reiche Porträts in hellen Tönen, Rolshosen modelliert
seine Bildnisse nus dem Dunkeln heraus. Melchers
erinnert nn Leibls herbe Krnst und hnt insbesonders ein
Frnuenporträt von intimster Chnrnkteristik gebrncht. An
ihn schließcn sich Künstler wie Mnc Ewen und W. Gny
nn; mit Bishing verwnndt ist E. L. Wnil, der die
Trnditionen von Fontninebleau fortsetzt.
So präsentieren sich die Ameriknner im gnnzen sehr
vorteilhnst. Will man aber zu einem billigen ürteile über
sie gelnngen, so muß mnn sich zunächst vergegenwärtigen,
daß die Ausstellung sehr geschickt zufnmmengestellt ist und
uns mit der Mittelmäßigkeit und Verkehrtheit snst gnnz ver-
schont. Dnnn nber ist noch ein Zweites zu erwägen. Wir
erwnrten von einer Nntion, dnß sie zu dem künstlerischen
Wettstreite der Völker eine gewrsse Eigennrt nls Geschenk
mitbringe; und eben diese nationnle Geschlossenheit und
Einheit knnn ich bei den Ameriknnern jetzt noch nicht finden.
Sie sind dnhin gegangen, wo man zur Zeit am besten
mnlen lernt, hnben sich dns Erlernbnre mit Eiser und
Kühnheit angeeignet und wenden es selbständig und mit
Glück nn. Aber innn könnte den einen als Frnnzosen,
den zweiten nls Holländer, einen andern nls Engländer
und manchen nls Deutschen ansprechen, ohne ihnen zu
nnhe zu treten. Als spezifisch nmeriknnisch vermng ich nur
ein gewisses piknntes Raffinement zu erkennen: in der
Farbenwahl die seinen nber krastlosen japanischen Töne,
weil sic nicht nllein die in mehrfncher Hinsicht interessnnteste,
sondern vvr nllem die im Gnnzen beste Ausstellung zu-
snmmengebrncht hnben. Jn ihrem Snnle findet mnn knum
ein wirklich ungenügendes Bild, üngegen viele gute und
einige Meisteriverke. Dns ivill sicherlich nicht ivenig heißen.
Jn dieser Hinsicht stehen nuch die Münchcner und Frnnzosen
hinter den Ameriknnern zurück. Dcnn bei der Sezession
bemerkt mnn fast nuf Schritt und Tritt die mit kraftvollem
Ringen unzertrennlich verbundenen Unzulänglichkeiten, und
die Frnnzosen hnben dn eine ganze Menge schlechten Zeugs
geschickt, dns nur nffische Liebe beiuundern knnn. Beispiels-
iveise Le Viiesnes hochgrndig geschmacklosen „Wildbnch",
der die brausenden Wellen durch eine llnznhl springender,
fnllender, laufender, schreiender Frnuenspersonen spmboli-
sieren will; dann eine gnnze Znhl ivenig gut gemnlter
und durch ihre Absichtlichkeit recht nbstoßender Nuditäten;
endlich nuch ein gut Teil durchnus mittelmäßiger Genre-
bilder, ivie sie nuch bei uns gemacht iverden, hier etivns
sentimentaler, dort etivas frecher.
Die Ameriknncr nlso zeigen sich in ihrer Ausstellung,
ivenn mnn sie nls Gnnzes nimmt, nls die größten Kvnner.
Wns nn ihrer künstlerischen Physiognomie wohl zucrst
und zumeist in die Augen sällt, ist ihre völlige Unbekümmert-
heit. Sie kehren sich nicht nn Schule, Formel oder Über-
lieferung, sie gehen gerade dnrauf los und suchen sich ihre
Ausdrucksformen, jeder die seine. Darum sind in diesem
Saale eine Reihe von schars umrissenen Charakterköpfen
vereinigt, deren Studium dem Pspchologen das größte
Vergnügen mnchen muß. Sie kennen keine Pose und keine
Verstellung, sie geben sich gnnz, wie sie sind, und gehen
in nllen Dingcn rücksichtslos bis zum Äußersten. Darin,
sühlt man, sind sie nmeriknnisäf Sie wisscn, daß cs nuch
in der Kunst einen Konkurrenzknmpf giebt, bei dem die
Hnlben, Vorsichtigen, Unsicheren unterliegen, und so gehen
sie mit Bewußtsein daraus nus, sich Form, Ansehen und
Eigennrt zu geben. Sicherlich ist in diesen Bildern etwns,
wie ein gegenseitiges Überbieten; jeder bemüht sich, noch
verwegener, noch rücksichtsloser zu sein als sein Schulter-
mnnn. Mnn findet daher bei den Amerikanern die modernen
Richtungen fnst durchgehends in gestcigerten Dimensionen:
stärker, gewngter, konsequenter als bei den nnderen Völkern.
Sie hnben jn auf eine ältere Kunst, die die Anschnuung
anders erzogen hnben könnte, keine Nücksicht zu nehmen,
und der nntionnle Geschmnck giebt ihnen recht, wenn sie
in nllem die äußerste „Sensation" zu erreichen suchen.
Das hnt insofern sein Gutes, nls von der selbst-
zufriedenen Stagnntion deutschen Kunststilllebens hier gnr
nicht die Rede sein knnn. Jn keiner nnderen Abteilung
findet mnn die Ergebnisse der modernen Bewegung so
allgemein nngenommen und verwertet wie hier; nuch die
frnnzösischen Säle zeigen, als Ganzes genommen, weit
weniger Fortgeschrittenheit. Selbst die dürftigeren Werke
bemühcn sich in erster Linie, mnlerische Eindrücke zu geben.
Jch erinnere mich kaum, je etwas Kühneres gesehen zu
haben, als Willinm I. Dnnnnts „Gitnnas". Diese
nndalusischen Zigeunerinnen sitzen nuf einer Bnnk längs
der Wnnd, sie scheinen in einer Produktion begriffen, sie
singen, werfen die Arme, grimnssiercn und lachen ins
Publikum. Anscheinend fällt elektrisches Licht nuf sie, und
bitten: der heut nbgedruckte Berliner Kunstbrief hatte nnch
Absicht des Herrn Verfnssers dem im 18. Heste nbgedruck-
ten vorzugehen. Ü.-L.
die Wirkung, die diese zersetzendc Belcuchtung nuf ihre
bunten Kleider, nuf ihre geschminkten, meist gealterten
Gesichter nusübt, ist in den grellsten Fnrben mit einer
verblüffendcn, in ihrer Unbnrmherzigkeit fast erschreckcnden
Wnhrheit wiedergegeben. Jm künstlerischen Sinne erblicke
ich dns Wertvolle des Bildes dnrin, dnß der Alnler
nirgends mit kleinen Mitteln nrbeitet; vielmehr hnt er
erkannt, duß er die Natur nicht nbschreiben, sondern über-
setzen und mit großen Mnssen und Mischungen die Wirkungen
zu erreichen suchen muß, für die der Nntur ein unerschöpf-
lichcr Reichtum nn Mitteln zu Gebote steht. Dnsselbe gilt
von einem Dnmenbildnisse, dem Wunderiverke John
S. Sargents. Dns Chnngieren und Schillern des blnß-
roten Snmtes ist durch breit hingestrichene Farbenschwaden
mit einem unbeschreiblichen Reize wiedergegeben, dns
Flimmern und Zittern des Stoffes ist mit den denkbar
geringsten Mitteln sestgehnltcn. Endlich nenne ich in diesem
Zusammenhnnge den den Lesern des Kunstwnrts bereits
bekannten Alexnnder tznrrison. Ein Nachtbild zeigt
uns, wie Wnsser und Himmel in tiesem Blnu völlig
ineinnnder übergehen. Wir sehen zunächst nur eine einzige
blaue Fläche, einen winzigen Lichtpunkt mitten drin, die
Andeutung eines Felsens seitlich. Aber die nähere Be-
trachtung zeigt, welch feinste Schnttirungcn in diesem Blnu
liegen, und führt uns gnnz in den Eindruck der märchen-
hnften Schönheit einer Sommernacht nuf der See hinein.
„Jn Arkndien" zeigt einige nnckte Fraucngestnlten, die sich
vom grünen Lichte des Waldes und von der lauen Lust
umspülen lassen. Das ist ein Bild, nicht allein voll von
ntmosphärischer Wnhrheit, sondern nuch von einer poet-
ischen Wahrheit, die uns Mensch und Natur als eins
erscheinen läßt und diese Frnuen nls notwendige Erschein-
ungen, nicht nls willkürliche Stnffage glnubhnft mncht.
Jch hebe im übrigen nur noch cinige Maler hervor.
Penrce ist ein nnturnlistischer Lnndschafter voll Gesund-
heit und Treue; Bishings Lnndschnsten und Tierstücke
zählen zum Dustigsten und Stimmungsvollsten, was die
Ausstellung aufweist. Alexnnde r mnlt pikante und geist-
reiche Porträts in hellen Tönen, Rolshosen modelliert
seine Bildnisse nus dem Dunkeln heraus. Melchers
erinnert nn Leibls herbe Krnst und hnt insbesonders ein
Frnuenporträt von intimster Chnrnkteristik gebrncht. An
ihn schließcn sich Künstler wie Mnc Ewen und W. Gny
nn; mit Bishing verwnndt ist E. L. Wnil, der die
Trnditionen von Fontninebleau fortsetzt.
So präsentieren sich die Ameriknner im gnnzen sehr
vorteilhnst. Will man aber zu einem billigen ürteile über
sie gelnngen, so muß mnn sich zunächst vergegenwärtigen,
daß die Ausstellung sehr geschickt zufnmmengestellt ist und
uns mit der Mittelmäßigkeit und Verkehrtheit snst gnnz ver-
schont. Dnnn nber ist noch ein Zweites zu erwägen. Wir
erwnrten von einer Nntion, dnß sie zu dem künstlerischen
Wettstreite der Völker eine gewrsse Eigennrt nls Geschenk
mitbringe; und eben diese nationnle Geschlossenheit und
Einheit knnn ich bei den Ameriknnern jetzt noch nicht finden.
Sie sind dnhin gegangen, wo man zur Zeit am besten
mnlen lernt, hnben sich dns Erlernbnre mit Eiser und
Kühnheit angeeignet und wenden es selbständig und mit
Glück nn. Aber innn könnte den einen als Frnnzosen,
den zweiten nls Holländer, einen andern nls Engländer
und manchen nls Deutschen ansprechen, ohne ihnen zu
nnhe zu treten. Als spezifisch nmeriknnisch vermng ich nur
ein gewisses piknntes Raffinement zu erkennen: in der
Farbenwahl die seinen nber krastlosen japanischen Töne,