Bolk sich mitgeteilt haben, wie sie dem Volk reiche Schätze
gegeben haben, nicht durch ihrc Bilder, sondern durch ihre
intimen Zeichnungen, durch ihre Stiche und Schnitte; Laut
aus diesen Grund weiter, lehrt Euch Eure Holzschneider
an, daß sie auch anderes schneiden lernen, als die un-
glücklichen und stilwidrigen Nachahmungen der Photo-
graphie; kauft Euch Steine, aus denen Jhr Euren eigensten
Gedanken den unmittelbarsten Ausdruck geben könnt und
verschafft Euch damit Eingnng in die tzäuser aller Kunst-
liebenden; weckt und erweitert auf.diese Weise das Ver-
ständnis für all das Schöne und Neue, das Jhr aus
Eurcr Welt uns initzuteilen habt; dann wird die Zeit
einer wahren Wiedergeburt der Kunst nicht mehr fern
sein, in der Volk und Künstler sich wieder eins fühlen
werden.«
Mit diesen Worten tritt der Herr Einsender für das
ein, wosür der Kunstwart eingetreten ist, so lange er lebt,
also seit bald acht Jahren — wir haben deshalb wahrlich
keinen Grund, ihm zu widersprechen. Aber wie ein un-
freiwilliger Spott wirkt es, daß er die Förderung derartiger
Bestrebungen vom Pane verlangt, von diesem Salon-
und Atelierblatte, dessen erstes tzeft mit solchem Jnhalt
nie hätte zu Stande kommen können, hätten dort die re-
digierenden Herren auch nur ein Quiutchen Verständnis
sür das gehabt, was Volkskunst ist.
Ikunstdandwerk.
* Uom Zmitlltionsjümmer singt wieder einmal Hans
Schliepmann. „Wir leben in einer gesegneten Zeit",
spottet er in der „Tgl. Rundschau", „die Erfinder sorgen
dafür, daß jeder Lump wie ein Fürst erscheinen kann; es
leben die Surrogate! Da ist mir soeben ein Anpreisungs-
heft einer süddeutschen Firma zugegangen, die ein neues
Baumaterial ersunden hat, eine Art in der Masse gefärbten
Putzes. Jch habe den Stoff nicht gesehen und nicht geprüst.
Nach dieser Richtung aber hätte die Ersindung auch nur
für Fachkreise Jnteresse. Aber es scheint mir in den Rahmen
einer Tageszeitung zu gehören, auf eine typische Erscheinung
zu verweisen, die hier wieder ganz herrlich zu Tage tritt.
Es wird hier nämlich besonders angepriesen, daß der
neue Stoff sich ganz auszeichnet zur — Nachahmung von
Ziegelverblendung eigne! Farbe und Korn entsprüchen
ganz dem Backstein; man brauche also nur Fugen nach-
träglich mittels besonderer Werkzeuge, die die Fabrik
natürlich ebenfalls dienstfertig und menschenfreundlich
gleichzeitig zur Benutzung anfertigt, in die geputzte Flüche
zu ritzen, diese Fugen mit heller Farbe anzustreichen —
und siehe! — sür ein Lumpengeld würde man einen
schäbigen Putzbau in einen edlen Ziegelrohbau verwandeln
können! — Es ist mir gar nicht zweiselhaft, daß die
Pfuscherbande unserer Bauunternehmer ohne Befähigungs-
nachweis mit Begierde nach dem »einem lebhaft gsfühlten
Bedürfnisse abhelfenden« Surrogat greisen wird; sehr
zweifelhaft aber, ob mein lieber Freund Robert Mielke
eine Wiederbelebung der Bauernkunst und ob irgend ein
Ehrlicher einen Aufschwung unserer Architekturentwicklung
von der Ersindung dieses Putzes an datieren wird. Jch
werde mich daher auch schwer hüten, durch Nennung des
neuen »Baumateriales« und der Firma für diese Volks-
wohlthäter Reklame zu machen. Aber ist es nicht be-
zeichnend sür den Geist unserer Zeit, daß unsere Erfinder
mit Vorliebe — denn dies ist nur ein Fall unter vielen!
— ihre Zeit und ihren Witz dazu verwenden, Surrogate
zu erfinden, das heißt in ehrlichem Deutsch, zu betrügen,
wenigstens das Auge zu betrügen? --Jch überlasse es
den Lesern, zu entscheiden, ob es mehr den »urpraktischen
Sinn« der Erfinder oder das skrupellose Geldmachebedürfnis
der Fabrikanten oder aber — die Sucht zu blenden und
das schlaffe, verworrene Gewissen des »ehrlichen Deutschen«
bezeichnet. Die traurige Betrachtung, die man auf Grund
eines umsangreicheren, leider aber nur allzusehr am Wege
liegenden Ersahrungsstoffes aus diesem Gebiete über das
Volk der Dichter und Denker anstellen könnte, lasse ich
ungeschrieben um der Wenigen willen, die sich darüber noch
zu entrüsten vermögen und deshalb Hand anlegen wollen,
solcher Verlotterung des Empfindens entgegenzutreten."
InZalt:
Das Stillleben. — Mmdscbau. — Dichtung: Vexiertitel. — Schöne Literatur. — Theater:
^ Müller Gutenbrunn über das Raimundtheater. — Musik: Wichtigere Musikaufführungen. Operetten
und Hoftheater. — Bildende Künste: Briefe über bildende Kunst. Kunstliteratur. Die Volkskunst und der Pan.
Kunsth andwerk: Jmitationsjammer.
1Kuustxvart--Nnzeiger.
^ Iii mitsrrslelilietsm Vsrlszs »rredsllll:
eiliei'g'8
iü UkfkrUNILü.
/rV/v-t//-.-
I. Lsris csillii!. >a 80 ükgll.
ä 40 F Lns vor>seL«ie
Lte gotckeos Letrtasg'e.
Voelsg: VUlislm felslli'loli, eslprlg.
Lte §xwoe.
Ler>
^/sueeLeu uotev etoaockei'.
/kay's T^üeLtev.
HpotLeLei' HetuvteL.
LloLuttei' ao LkeLu/tei'.
. ^VovsNeu ete.
(46
LL11N0111H1I1-
VLIiHX )ViUttz1ili8lv. 29.
(Llalrlli't 186S.) (47
«
Xener pliotogrgpklscliei' Kunsti<Ltslog:
<^r»I1tzriv «illlei ItsllenG,
Hsnclrklollliuilgsn, grutis tranlro voi
O. Lrogi, l Viu 1?oriiLr>rioiii, l-'loreiir.
DLe Mosaikwerkstätte in
empfiehlt sich für Monumen-
^)lln«)0rueu tal-Arbeiten: für Rirchen,
Facaden, Grabmonumente etc. preiscourante für
solche, sorvie für Mosaik-Schmuckgegenstände stehen
jederzeit zur verfügung.
22)
l^euhausen.
gegeben haben, nicht durch ihrc Bilder, sondern durch ihre
intimen Zeichnungen, durch ihre Stiche und Schnitte; Laut
aus diesen Grund weiter, lehrt Euch Eure Holzschneider
an, daß sie auch anderes schneiden lernen, als die un-
glücklichen und stilwidrigen Nachahmungen der Photo-
graphie; kauft Euch Steine, aus denen Jhr Euren eigensten
Gedanken den unmittelbarsten Ausdruck geben könnt und
verschafft Euch damit Eingnng in die tzäuser aller Kunst-
liebenden; weckt und erweitert auf.diese Weise das Ver-
ständnis für all das Schöne und Neue, das Jhr aus
Eurcr Welt uns initzuteilen habt; dann wird die Zeit
einer wahren Wiedergeburt der Kunst nicht mehr fern
sein, in der Volk und Künstler sich wieder eins fühlen
werden.«
Mit diesen Worten tritt der Herr Einsender für das
ein, wosür der Kunstwart eingetreten ist, so lange er lebt,
also seit bald acht Jahren — wir haben deshalb wahrlich
keinen Grund, ihm zu widersprechen. Aber wie ein un-
freiwilliger Spott wirkt es, daß er die Förderung derartiger
Bestrebungen vom Pane verlangt, von diesem Salon-
und Atelierblatte, dessen erstes tzeft mit solchem Jnhalt
nie hätte zu Stande kommen können, hätten dort die re-
digierenden Herren auch nur ein Quiutchen Verständnis
sür das gehabt, was Volkskunst ist.
Ikunstdandwerk.
* Uom Zmitlltionsjümmer singt wieder einmal Hans
Schliepmann. „Wir leben in einer gesegneten Zeit",
spottet er in der „Tgl. Rundschau", „die Erfinder sorgen
dafür, daß jeder Lump wie ein Fürst erscheinen kann; es
leben die Surrogate! Da ist mir soeben ein Anpreisungs-
heft einer süddeutschen Firma zugegangen, die ein neues
Baumaterial ersunden hat, eine Art in der Masse gefärbten
Putzes. Jch habe den Stoff nicht gesehen und nicht geprüst.
Nach dieser Richtung aber hätte die Ersindung auch nur
für Fachkreise Jnteresse. Aber es scheint mir in den Rahmen
einer Tageszeitung zu gehören, auf eine typische Erscheinung
zu verweisen, die hier wieder ganz herrlich zu Tage tritt.
Es wird hier nämlich besonders angepriesen, daß der
neue Stoff sich ganz auszeichnet zur — Nachahmung von
Ziegelverblendung eigne! Farbe und Korn entsprüchen
ganz dem Backstein; man brauche also nur Fugen nach-
träglich mittels besonderer Werkzeuge, die die Fabrik
natürlich ebenfalls dienstfertig und menschenfreundlich
gleichzeitig zur Benutzung anfertigt, in die geputzte Flüche
zu ritzen, diese Fugen mit heller Farbe anzustreichen —
und siehe! — sür ein Lumpengeld würde man einen
schäbigen Putzbau in einen edlen Ziegelrohbau verwandeln
können! — Es ist mir gar nicht zweiselhaft, daß die
Pfuscherbande unserer Bauunternehmer ohne Befähigungs-
nachweis mit Begierde nach dem »einem lebhaft gsfühlten
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zweifelhaft aber, ob mein lieber Freund Robert Mielke
eine Wiederbelebung der Bauernkunst und ob irgend ein
Ehrlicher einen Aufschwung unserer Architekturentwicklung
von der Ersindung dieses Putzes an datieren wird. Jch
werde mich daher auch schwer hüten, durch Nennung des
neuen »Baumateriales« und der Firma für diese Volks-
wohlthäter Reklame zu machen. Aber ist es nicht be-
zeichnend sür den Geist unserer Zeit, daß unsere Erfinder
mit Vorliebe — denn dies ist nur ein Fall unter vielen!
— ihre Zeit und ihren Witz dazu verwenden, Surrogate
zu erfinden, das heißt in ehrlichem Deutsch, zu betrügen,
wenigstens das Auge zu betrügen? --Jch überlasse es
den Lesern, zu entscheiden, ob es mehr den »urpraktischen
Sinn« der Erfinder oder das skrupellose Geldmachebedürfnis
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Das Stillleben. — Mmdscbau. — Dichtung: Vexiertitel. — Schöne Literatur. — Theater:
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und Hoftheater. — Bildende Künste: Briefe über bildende Kunst. Kunstliteratur. Die Volkskunst und der Pan.
Kunsth andwerk: Jmitationsjammer.
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