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Wiffen sie, was sie tun?
>>^ucht nicht nach Wörtern, um eure Empörung jetzt zu umschreiben!
((i^Heuchelei, Betrug, Verrat, Erpressung, Raub, Mord und welche
^^stärksten Ausdrücke sonst dieses Erleben auf die Lippen preßt — sie
sind ja doch alle viel zu arm, zu schwach und vor allem: zu eng. Sie
bezeichnen ja doch alle nur Stückwerk eines Ganzen, das in der Menschen-
geschichte jetzt seine Höchstentwicklung erreicht hat.
Dem Raubtiere ist der Schwächere Nahrung, die es vergewaltigt, aussaugt,
frißt. Der Mensch konrmt vom Raubtier, und das Raubtier denkt in ihm
fort. Der Naturmensch raubt, versklavt und tötet, wenn er „gesiegt" hat,
so naiv, wie fast alle heute uoch die Tiere nur als auszunützeude Sache
behandeln. Wenn ün Urmenschen ein Begriff „Recht" überhaupt schon
erdämmert ist, so sieht er eben im Vergewaltigen ein Recht, das „Recht
des Stärkern". Aber Buddha sinnt, Christus lehrt, es wachsen die, welche
höher als ihre Zeitgenossen aufragen und also weiter sehn. Und seltsam:
die Beherrscher der Massen fühlen in den Hirnen der Hochgewachseneu
Kräfte, die neben den Raubtierinstinkten auch in ihnen selber sind, die sie
also verstehn, wenn sie ihnen auch uicht folgen, ja, die sie als die höheren
Kräfte anerkennen. Damit beginnt der Konflikt zwischen Einsicht und
selbstischen Interessen. Man huldigt, man opfert dem „Göttlichen". Aber
das Opfern vor unedeln Göttern wird wie das Opfern auf den Moloch-
Altären aus einem Darbriugen wirklicher Werte nach und nach ein Dar-
bringen von Kleinigkeiten, von Symbolen, von Worten, es wird aus
echtem Opfern ein „Abspeisen". Damit schleicht sich das Nnheilige ein, und
bald gehn zwischen den echten Andachtsgedanken auch Tiergedanken in heili-
gen Ornateu mit feierlichen Schritten um die Altäre, neben welchen dis
Throne stehn, und priestern mit. „Ist das Recht des Stärkern uicht auch das
Recht des Bessern?" Man macht die Masseu, man macht auch sich selber
glauben, daß man selbst der Menschheit wertvoller als die Schwächern
sei, und man hält für den Stärkeren, also Besseren sich sogar dann, wenn
man sich erst in Rudeln zusammen tun muß, um zu „siegen"j wie Wölfe
2. Maiheft (XXXII, ,sj
Wiffen sie, was sie tun?
>>^ucht nicht nach Wörtern, um eure Empörung jetzt zu umschreiben!
((i^Heuchelei, Betrug, Verrat, Erpressung, Raub, Mord und welche
^^stärksten Ausdrücke sonst dieses Erleben auf die Lippen preßt — sie
sind ja doch alle viel zu arm, zu schwach und vor allem: zu eng. Sie
bezeichnen ja doch alle nur Stückwerk eines Ganzen, das in der Menschen-
geschichte jetzt seine Höchstentwicklung erreicht hat.
Dem Raubtiere ist der Schwächere Nahrung, die es vergewaltigt, aussaugt,
frißt. Der Mensch konrmt vom Raubtier, und das Raubtier denkt in ihm
fort. Der Naturmensch raubt, versklavt und tötet, wenn er „gesiegt" hat,
so naiv, wie fast alle heute uoch die Tiere nur als auszunützeude Sache
behandeln. Wenn ün Urmenschen ein Begriff „Recht" überhaupt schon
erdämmert ist, so sieht er eben im Vergewaltigen ein Recht, das „Recht
des Stärkern". Aber Buddha sinnt, Christus lehrt, es wachsen die, welche
höher als ihre Zeitgenossen aufragen und also weiter sehn. Und seltsam:
die Beherrscher der Massen fühlen in den Hirnen der Hochgewachseneu
Kräfte, die neben den Raubtierinstinkten auch in ihnen selber sind, die sie
also verstehn, wenn sie ihnen auch uicht folgen, ja, die sie als die höheren
Kräfte anerkennen. Damit beginnt der Konflikt zwischen Einsicht und
selbstischen Interessen. Man huldigt, man opfert dem „Göttlichen". Aber
das Opfern vor unedeln Göttern wird wie das Opfern auf den Moloch-
Altären aus einem Darbriugen wirklicher Werte nach und nach ein Dar-
bringen von Kleinigkeiten, von Symbolen, von Worten, es wird aus
echtem Opfern ein „Abspeisen". Damit schleicht sich das Nnheilige ein, und
bald gehn zwischen den echten Andachtsgedanken auch Tiergedanken in heili-
gen Ornateu mit feierlichen Schritten um die Altäre, neben welchen dis
Throne stehn, und priestern mit. „Ist das Recht des Stärkern uicht auch das
Recht des Bessern?" Man macht die Masseu, man macht auch sich selber
glauben, daß man selbst der Menschheit wertvoller als die Schwächern
sei, und man hält für den Stärkeren, also Besseren sich sogar dann, wenn
man sich erst in Rudeln zusammen tun muß, um zu „siegen"j wie Wölfe
2. Maiheft (XXXII, ,sj