bei denl unvermittelt nebeneinander die Gegensätze ruhen; das Shyloks
und Heilande, Wucherer und Propheten hervorgebracht hat. Nun sind
gewiß nicht all die klpinen BMlhckungsschreier, die heplte d.ie große Rolle
spielen, etwa Prophete.n- Aber noch der letzte von ihnen hat in der
Reinheit seines Ethos, der Kraft seines Willens, ja selbst der Dumpfheit
seines Fanatismus, in dem Durchglüht- und Besessensein einen tzauch we-
nigstens von dem großen jüdischen Erbe, das wir in unserem Blute ver-
wahrt haben. Nnd so schwankt man zwischen Segen und Fluch.
All diese Menschen sind unsere Brüder. Es ist feige, sich von ihnen
loszusagen, und nicht der Wahrheit entsprechend, sie als zufällige Einzelne
zu bezeichnen. Aber es sind Brüder, die in die Irre gegangen sind, weil
sie den Boden verloren haben, aus dem sie hervorwuchsen. Menschen be-
glückt man nicht irgendwie und irgendwo. Einer Gemeinschaft zum Segen
gereichen kann nur, wer in seinem Kreise wurzelt, um dessen Bedingungen
weiß und nun hier, selbst gehemmt durch Blut und Vergangenheit trotz
allem seiner Idee folgt und sie zum Siege führt. Von hier kann sr das Bei-
spiel geben: von hier der ganzen Menschheit zum Wahrzeichen ihres Weges
werden.
Der Zionist weiß sich als Angehöriger des jüdischen Volkes. Damit
ist ihni sein Ausgangspunkt gegeben. Nnd er lächelt nur über die Spötter,
denen der Rahmen zu eng und die Aufgabe zu klein erscheint. Ein viel
Beachteter unter den neuen Literaten hat uns die „Flucht ins Herbarium"
vorgeworfen. Er weiß eben nicht, daß man auch im entferntesten Winkel
von Palästina die Tiefe der Welt erleben und dort kosmischer cmpfinden
kann, als etwa der nirgends beheimatete Heine im Weltall. Nnd ihm fehlt
die Möglichkeit zu dem Glauben, der uns beseelt: daß nämlich dieses
kleine jüdische Volk in seinem kleinen Lande vielleicht eine Ordnung der so-
zialen Gerechtigkeit zu schaffen imstande ist, die dann von anderer Wirkung
auf die Welt sein wird, als es das verhallende Wort verhaßter Literaten
im fremden Lande ist.
München Gustav Krojanker
Der jüngste Tag
ie Sterne, -ie aus blauer Piurnrelslaube
W'W Seit Lrvigkeit die Lröe überglühten,
Golöener Blnrnen schwellenS volle Traube,
Sie welkten enölich. Zn Girlanden sxrühten
Raketen gelb und rötlich burch öen Raunr,
Bang-selig sah öie Lröe blasse Blüten
Urfernen Lichts arn letzten Äthersauin
Lrblühn: hernieöer sank öer jüngste Tag
Unö löschte aus den alten weltentraunr.
Durch alle Herzen brach ein einziger Schlag:
wo ruht ber Heil'ge, öessen Liebeskraft
wie Frühlingslicht auf aller Menschheit lag?
Heut' steht unö quillt öie lvelt in feinenr Saft:
Lr nrutz es fühlen sern in seinenr Bette. —
Und wanöerten in froher Kilgerschaft
Vurch nrürbes Ralkgebirge, Rett' unr Rette,
Mutenö, wo nran öer Gruft ihn übergab.
Unö wie sie nahn öer beneöeiten Stätte,
222
und Heilande, Wucherer und Propheten hervorgebracht hat. Nun sind
gewiß nicht all die klpinen BMlhckungsschreier, die heplte d.ie große Rolle
spielen, etwa Prophete.n- Aber noch der letzte von ihnen hat in der
Reinheit seines Ethos, der Kraft seines Willens, ja selbst der Dumpfheit
seines Fanatismus, in dem Durchglüht- und Besessensein einen tzauch we-
nigstens von dem großen jüdischen Erbe, das wir in unserem Blute ver-
wahrt haben. Nnd so schwankt man zwischen Segen und Fluch.
All diese Menschen sind unsere Brüder. Es ist feige, sich von ihnen
loszusagen, und nicht der Wahrheit entsprechend, sie als zufällige Einzelne
zu bezeichnen. Aber es sind Brüder, die in die Irre gegangen sind, weil
sie den Boden verloren haben, aus dem sie hervorwuchsen. Menschen be-
glückt man nicht irgendwie und irgendwo. Einer Gemeinschaft zum Segen
gereichen kann nur, wer in seinem Kreise wurzelt, um dessen Bedingungen
weiß und nun hier, selbst gehemmt durch Blut und Vergangenheit trotz
allem seiner Idee folgt und sie zum Siege führt. Von hier kann sr das Bei-
spiel geben: von hier der ganzen Menschheit zum Wahrzeichen ihres Weges
werden.
Der Zionist weiß sich als Angehöriger des jüdischen Volkes. Damit
ist ihni sein Ausgangspunkt gegeben. Nnd er lächelt nur über die Spötter,
denen der Rahmen zu eng und die Aufgabe zu klein erscheint. Ein viel
Beachteter unter den neuen Literaten hat uns die „Flucht ins Herbarium"
vorgeworfen. Er weiß eben nicht, daß man auch im entferntesten Winkel
von Palästina die Tiefe der Welt erleben und dort kosmischer cmpfinden
kann, als etwa der nirgends beheimatete Heine im Weltall. Nnd ihm fehlt
die Möglichkeit zu dem Glauben, der uns beseelt: daß nämlich dieses
kleine jüdische Volk in seinem kleinen Lande vielleicht eine Ordnung der so-
zialen Gerechtigkeit zu schaffen imstande ist, die dann von anderer Wirkung
auf die Welt sein wird, als es das verhallende Wort verhaßter Literaten
im fremden Lande ist.
München Gustav Krojanker
Der jüngste Tag
ie Sterne, -ie aus blauer Piurnrelslaube
W'W Seit Lrvigkeit die Lröe überglühten,
Golöener Blnrnen schwellenS volle Traube,
Sie welkten enölich. Zn Girlanden sxrühten
Raketen gelb und rötlich burch öen Raunr,
Bang-selig sah öie Lröe blasse Blüten
Urfernen Lichts arn letzten Äthersauin
Lrblühn: hernieöer sank öer jüngste Tag
Unö löschte aus den alten weltentraunr.
Durch alle Herzen brach ein einziger Schlag:
wo ruht ber Heil'ge, öessen Liebeskraft
wie Frühlingslicht auf aller Menschheit lag?
Heut' steht unö quillt öie lvelt in feinenr Saft:
Lr nrutz es fühlen sern in seinenr Bette. —
Und wanöerten in froher Kilgerschaft
Vurch nrürbes Ralkgebirge, Rett' unr Rette,
Mutenö, wo nran öer Gruft ihn übergab.
Unö wie sie nahn öer beneöeiten Stätte,
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