Die beiden lebensgroßen Standfiguren heiliger Frauen sind Werke eines G e n t e r
Bildschnitzers um 1460: Zwei stolze mondäne Frauengestalten aus dem
weltstädtischen Gent jener Blütezeit, vornehme Patriziertöchter, die wohl bei den
prunkfrohen Herzögen von Burgund (den damaligen Oberherren der Stadt) zu
Hofe gingen. Ein anderes Weibtum konnte einem Genter Künstler gar nicht in
den Sinn kommen, wenn er, wie hier, die Königstochter St. Katharina darzustellen
hatte.
Die große Standfigur der schwäbischen Ursula um 1460 hat noch ihre
alte farbige Fassung in prächtiger Erhaltung. Diese schlanke, aetherische Gestalt
ist eine Schöpfung höchstentwickelter, fast überfeinerter Gotik. Der schwerstoffige
prunkvolle Mantel scheint dem zarten Körper fast eine Last. Das feine, von dichten
Haarmassen umrahmte Oval des Gesichtes schwankt auf biegsamem Hals; der
Körper scheint nur aus schwebenden Linienschwingungen zu bestehen.
Eine Plastik von kraftvoller Anmut ist die fränkische St. Margareta,
die ganz den Stil des fränkischen Hauptmeisters Tilmann Riemenschneider zeigt,
wenn sie nicht gar ein eigenhändiges Werk von ihm ist. Ihrer Qualität dürfte sich
der Meister nicht zu schämen haben.
Auch dasi alte Kunsthandwerk ist in der Sammlung Hauth nur durch
Stücke von hoher Bedeutung vertreten; nirgends findet man bloßes Füllsel. Wir
wollen uns an dieser Stelle auf das Hervorheben nur der wichtigsten Dinge be-
schränken und nennen unter den alten Möbeln: den rheinischen Überbauschrank
von etwa 1580, den westfälischen gotischen Kastenschrank, die ausdrucksvolle
flämische Kredenz vom Ende des 16. Jahrhunderts, die niederrheinisch-golische
Truhe um 1500, das rheinische und das italienische Chorgestühl, die verschiedenen
Ballentische des bürgerlichen Barock, den kapriziös geschnitzten französischen
Regence-Armsessel aus dem Besitz des Herzogs von Savigny, die beiden Louis-XVT.-
Sitzmöbelgarnituren.
Unter den mannigfaltigen keramischen Erzeugnissen heben sich eine Reihe
prächtigster rheinischer und fränkischer Steinzeugkrüge her-
aus, meistens Stücke von singularer Bedeutung; unter den wenigen Fayencen die
große dreiteilige Delfter Vasengarnitur vom Ende des 17. Jahrhunderts in ihrer
absoluten Unversehrtheit; nicht zu vergessen die großen, herrlichen Chinaschüsseln
der grünen und rosa Familie, mehrere Vasen und Töpfe der Miingzeit von hoher
Schönheit.
Unter den Metallarbeiten seien die bronzenen Töpfe und Mörser der Gotik und
Renaissance, die schönen Messingschüsseln aus Holland und vom Niederrhein,
gotische und Renaissance-Tischleuchter, zwei prächtige alte Kronleuchter aus
Bronze besonders angemerkt. — Unter den wenigen Erzeugnissen der Textilkunst
nennen wir den großen französischen Bildteppich vom Ende des 16. Jahrhunderts
und ein Renaissance-Antependium aus rotem Goldbrokat mit sehr reicher Bordüre.
Die Fülle des in diesem Katalog verzeichneten Angebotes wird dem Kunstfreund
sowohl wie dem Kunsthandel eine willkommene Gelegenheit bieten, Spitzenwerke
abendländischer, besonders deutscher Kunst in seinen Besitz bzw. in den Verkehr
des Marktes zu bringen, der für so hochwertigen Zufluß heute in gesteigertem
Maße empfänglich und dankbar sein dürfte. H. R.
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Bildschnitzers um 1460: Zwei stolze mondäne Frauengestalten aus dem
weltstädtischen Gent jener Blütezeit, vornehme Patriziertöchter, die wohl bei den
prunkfrohen Herzögen von Burgund (den damaligen Oberherren der Stadt) zu
Hofe gingen. Ein anderes Weibtum konnte einem Genter Künstler gar nicht in
den Sinn kommen, wenn er, wie hier, die Königstochter St. Katharina darzustellen
hatte.
Die große Standfigur der schwäbischen Ursula um 1460 hat noch ihre
alte farbige Fassung in prächtiger Erhaltung. Diese schlanke, aetherische Gestalt
ist eine Schöpfung höchstentwickelter, fast überfeinerter Gotik. Der schwerstoffige
prunkvolle Mantel scheint dem zarten Körper fast eine Last. Das feine, von dichten
Haarmassen umrahmte Oval des Gesichtes schwankt auf biegsamem Hals; der
Körper scheint nur aus schwebenden Linienschwingungen zu bestehen.
Eine Plastik von kraftvoller Anmut ist die fränkische St. Margareta,
die ganz den Stil des fränkischen Hauptmeisters Tilmann Riemenschneider zeigt,
wenn sie nicht gar ein eigenhändiges Werk von ihm ist. Ihrer Qualität dürfte sich
der Meister nicht zu schämen haben.
Auch dasi alte Kunsthandwerk ist in der Sammlung Hauth nur durch
Stücke von hoher Bedeutung vertreten; nirgends findet man bloßes Füllsel. Wir
wollen uns an dieser Stelle auf das Hervorheben nur der wichtigsten Dinge be-
schränken und nennen unter den alten Möbeln: den rheinischen Überbauschrank
von etwa 1580, den westfälischen gotischen Kastenschrank, die ausdrucksvolle
flämische Kredenz vom Ende des 16. Jahrhunderts, die niederrheinisch-golische
Truhe um 1500, das rheinische und das italienische Chorgestühl, die verschiedenen
Ballentische des bürgerlichen Barock, den kapriziös geschnitzten französischen
Regence-Armsessel aus dem Besitz des Herzogs von Savigny, die beiden Louis-XVT.-
Sitzmöbelgarnituren.
Unter den mannigfaltigen keramischen Erzeugnissen heben sich eine Reihe
prächtigster rheinischer und fränkischer Steinzeugkrüge her-
aus, meistens Stücke von singularer Bedeutung; unter den wenigen Fayencen die
große dreiteilige Delfter Vasengarnitur vom Ende des 17. Jahrhunderts in ihrer
absoluten Unversehrtheit; nicht zu vergessen die großen, herrlichen Chinaschüsseln
der grünen und rosa Familie, mehrere Vasen und Töpfe der Miingzeit von hoher
Schönheit.
Unter den Metallarbeiten seien die bronzenen Töpfe und Mörser der Gotik und
Renaissance, die schönen Messingschüsseln aus Holland und vom Niederrhein,
gotische und Renaissance-Tischleuchter, zwei prächtige alte Kronleuchter aus
Bronze besonders angemerkt. — Unter den wenigen Erzeugnissen der Textilkunst
nennen wir den großen französischen Bildteppich vom Ende des 16. Jahrhunderts
und ein Renaissance-Antependium aus rotem Goldbrokat mit sehr reicher Bordüre.
Die Fülle des in diesem Katalog verzeichneten Angebotes wird dem Kunstfreund
sowohl wie dem Kunsthandel eine willkommene Gelegenheit bieten, Spitzenwerke
abendländischer, besonders deutscher Kunst in seinen Besitz bzw. in den Verkehr
des Marktes zu bringen, der für so hochwertigen Zufluß heute in gesteigertem
Maße empfänglich und dankbar sein dürfte. H. R.
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