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Leprince de Beaumont, Jeanne-Marie
Lehrreiche Briefe der Frau du Montier an ihre Tochter die Marquisinn von ***: nebst denen darauf ertheilten Antworten. Zur Nachahmung aus dem Französischen übersetzt — Frankfurt am Mayn, 1758 [VD18 10849971]

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https://doi.org/10.11588/diglit.34870#0257

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Der ^V. Brief.
Von der Marqnisinn"" an die Frau
du Montier.
Geliebte Frau Mutter.
^H^?an stirbt nicht vor Vetrübniß, weil ich noch
lebe. Eine Empfindung, die allzu schmerz»
haft ist, beschrieben zu werden, gicbt mir zu er»
kennen, daß ich noch unter den Lebendigen bin:
sonst aber bin ich vollkommen zu nichts geworden;
ich habe so gar das Vermögen, mich zu beklagen,
verloren. Urtheilen Sie von meinem Zustande
aus den beyden eingeschjoßnen Briefen. Der erste
hat mich meiner Sinne gänzlich beraubt. Glückli-
cher Zustand, der mich der Verzweiflung entriß,
welcher ich mich ohne alle Maasse übergebe. Za,
meine liebe Fr. Mutter, mein Unglück ist zu seiner
äussersten Höhe gekommen , und läßt mich kein
andres Mittel mehr hoffen, als einen geschwinden
Tod: ich wünsche ihn, ich schreie laut nach dem-
selben ; warum ist es mir doch nicht erlaubt, ihn
um einige Augenblicke zu beschleunigen.' Vergieb
mir, mein Gott, diese Gesinnung, welche mir
der Schmerz abdringt: ich unterwerft mich deiner
Vorsehung; so hart auch ihre Schlüsse sind. An-
dre sie Herr durch Entziehung des Lichtes, das ich
verabscheue. Ach meine liebe Frau Mutter, warum
ist es mir nicht erlaubt, in Ihren Armen meinen
Geist aufzugeben! Indem Sie meine letzten Seuf-
zer empfingen, würden Sic meine Eidschwüre an«
Q 2 nehmen:
 
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