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samkeit? Haben wir es nicht in unserer Gewalt / sie anzu-
strengen / sie abzuziehen / wie wir wollen? Und was ist die
Zerstreuung anders, als ein unrechter Gebrauch unserer
Aufmerksamkeit? Der Zerstreute denkt, und denkt nur das
nicht, was er, seinen retzigen sinnlichen Eindrücken zufol-
ge denken sollte. Seine Seele ist nicht entschlummert,
nicht betäubt, nicht außer Thängkeit gesetzt; sie ist nur
abwesend, sie :st nur anderwärts rhätig. Aber so gut sie
dort seyn kann, so gut kann sie auch hier scyn; es ist ihr
natürlicher Beruf, bey den sinnlichen Veränderungen ihres
Körpers gegenwärtig zu seyn; es kostet Mühe, sich dieses
Berufs zu entwöhnen, und es sollte unmöglich seyn, ihr
ihn wieder geläufig zu machen ?
Doch es sey; die Zerstreuung sey unheilbar: wo steht
es denn geschrieben, daß nur ,n der Komödie nur über mo-
ralische Fehler, nur über verbesserliche Untugenden lachen
sollen? Jede Ungereimtheit, jeder Kontrast von Mangel
und Realität, ist lächerlich. Aber lachen und verlachen,
ist sehr weit auseinander. Wir können über einen Men-
schen lachen, bey Gelegenheit seiner lachen, ohne ihn im
geringsten zu verlachen. So unstreitig , so bekannt dieser
Unterschied ist, so sind doch alle Chikanen, welche noch
neuerlich Rousseau gegen den Nutzen der Komödie gemacht
hat, nur daher entstanden, weil er ihn nicht gehörig in Er-
wägung gezogen. Moliere, sagt er z. E., macht uns über
Len Misanthropen zu lachen, und doch ist der Misanthrop
der ehrliche Mann des Stücks; Moliere beweiset sich also
als einen Feind der Tugend, indem er den Tugendhaften
verächtlich macht. Nicht doch; der Misanthrop wird nicht
verächtlich, er bleibt, wer er ist, und das Lachen, welches
aus den Situationen entspringt, in die ihn der Dichter
setzt, benimmt ihm von unserer Hochachtung nicht das ge-
ringste. Der Zerstreute gleichfalls; wir lachen über ihn,
samkeit? Haben wir es nicht in unserer Gewalt / sie anzu-
strengen / sie abzuziehen / wie wir wollen? Und was ist die
Zerstreuung anders, als ein unrechter Gebrauch unserer
Aufmerksamkeit? Der Zerstreute denkt, und denkt nur das
nicht, was er, seinen retzigen sinnlichen Eindrücken zufol-
ge denken sollte. Seine Seele ist nicht entschlummert,
nicht betäubt, nicht außer Thängkeit gesetzt; sie ist nur
abwesend, sie :st nur anderwärts rhätig. Aber so gut sie
dort seyn kann, so gut kann sie auch hier scyn; es ist ihr
natürlicher Beruf, bey den sinnlichen Veränderungen ihres
Körpers gegenwärtig zu seyn; es kostet Mühe, sich dieses
Berufs zu entwöhnen, und es sollte unmöglich seyn, ihr
ihn wieder geläufig zu machen ?
Doch es sey; die Zerstreuung sey unheilbar: wo steht
es denn geschrieben, daß nur ,n der Komödie nur über mo-
ralische Fehler, nur über verbesserliche Untugenden lachen
sollen? Jede Ungereimtheit, jeder Kontrast von Mangel
und Realität, ist lächerlich. Aber lachen und verlachen,
ist sehr weit auseinander. Wir können über einen Men-
schen lachen, bey Gelegenheit seiner lachen, ohne ihn im
geringsten zu verlachen. So unstreitig , so bekannt dieser
Unterschied ist, so sind doch alle Chikanen, welche noch
neuerlich Rousseau gegen den Nutzen der Komödie gemacht
hat, nur daher entstanden, weil er ihn nicht gehörig in Er-
wägung gezogen. Moliere, sagt er z. E., macht uns über
Len Misanthropen zu lachen, und doch ist der Misanthrop
der ehrliche Mann des Stücks; Moliere beweiset sich also
als einen Feind der Tugend, indem er den Tugendhaften
verächtlich macht. Nicht doch; der Misanthrop wird nicht
verächtlich, er bleibt, wer er ist, und das Lachen, welches
aus den Situationen entspringt, in die ihn der Dichter
setzt, benimmt ihm von unserer Hochachtung nicht das ge-
ringste. Der Zerstreute gleichfalls; wir lachen über ihn,