LIMESBLATT.
Mitteilungen der Streckenkommissare bei der Reichslime
Erscheint jährlich in 5 — 6 Nrn. zum Preise von 3 Mark.
Druck und Verlag der Fr. Lintz'schen Buchhandlung in Trier.
Nr. 1. Ausgegeben am 15. Dezember 1892.
Das 'Limesblatt' erscheint auf Beschluss des geschäftsführenden Ausschusses der
Reichslimeskommission. Es wird über die vom Deutschen Reiche auf die Dauer von
fünf Jahren in Aussicht genommene wissenschaftliche Erforschung der römischen Grenz-
sperre die offiziellen vorläufigen Berichte der die Ausgrabungen leitenden Herren
Streckenkommissare veröffentlichen.
In jedem Jahre werden 5—6 Nummern in der Stärke von je einem halben bis
zu einem ganzen Bogen ausgegeben, welche während der Herbst- und Frühjahrs-
Kampagne in etwa monatlichen Fristen thunlichst rasch über den Fortgang der Arbeiten
berichten. Das Abonnement läuft vom 1. Oktober bis 30. September.
Die Berichte über die nunmehr abgeschlossene erste Herbstkampagne werden in
drei im Dezember und Januar schnell aufeinander folgenden Nummern gegeben werden.
Die Herausgabe des Limesblattes hat der Unterzeichnete übernommen.
Der archäologische Dirigent bei der Reichslimeskommission
Hettner.
1_ Taunus. [Strecke „Grauer Berg bis Feld-
bergkastell"]. Es wurde am 27. Juli mit
den Ausgrabungen angefangen, zuerst am
Z wi s ch en k a s t e 11 ,.H e i d en s t o ck", wel-
ches in dem Markwald der Hess. Gemeinde
Obereschbach zwischen Klingenkopf und
Rosskopf liegt. Nach Beseitigung des
dichten Gestrüpps wurden die mit Erde
und Steinen überlagerten Mauern, die einem
regelrechten Wall glichen, abgeräumt und
an der Stelle, an der man, wie sich ergab,
mit Recht den Eingang vermutete, mit den
Ausgrabungen begonnen. Derselbe ist in
seinem Gruudriss noch gut erhalten und
hat eine Breite von 3,10 m; die Umfass-
ungsmauern des 25,40 m langen und 19,50 m
breiten, an den vier Ecken abgerundeten
Kastellchens haben verschiedene Stärken:
1,90 m, 2,00 m, 2,05 m; sie sind ohne
Mörtel hergestellt, zeigen aber den gewöhn-
lichen an der Saalburg und den Wacht-
türmen am Pfahlgraben im Taunus üblichen
unregelmässigen Verband, wie ihn eben das
zusammengesuchte nicht lagerhafte Stein-
material — Taunusijuarzit — mit sich bringt.
— Die Umfassungsmauern können kaum
mit einer Brüstung oder mit Steinzinnen
bewehrt gewesen sein, sonst müssteu sich
mehr Steine in dem davorliegenden Graben
und im Inneren des Kastellchcns vorlinden.
Die Vermutung liegt nahe, dass auf oder
vielleicht richtiger vor der Mauer eine aus
Holz und Flechtwerk hergestellte Brustwehr
vorhanden war. Dieselbe mag mit Lehm
ausgefüllt gewesen sein, — der daselbst
gefundene lehmige Schutt macht dieses
wahrscheinlich; eine Untersuchung der
Mauer nach Offnungen für Pfähle oder
Pfosten bleibt noch vorbehalten. Da im
Inneren des Kastellchens entlaug der Um-
fassungsmauern, die an manchen Stellen
noch bis zu 1,80 m Höhe gut erhalten
sind, ein regelrechter Wallgang nicht vor-
handen ist, lässt sich annehmen, dass die
breite Mauerkrone als Umgang gedient hat;
selbst nach Abzug einer Brustwehr aus
Holzwerk von 20 bis 30 cm Breite bleibt
noch ein genügend breiter Gang. Nimmt
man an, dass die Brustwehr vor der
äusseren Mauerflacht mit Pfählen in die
schmale Berme eingerammt und mit dem
Mauerwerk durch Holzverstrebungen und
Verankerungen verbunden war, so bleibt
die volle Mauerkrone von ca. 2,00 m Breite
als Wallgang zur Verfügung. — Über die
Grabungen im Inneren, die noch nicht ab-
Mitteilungen der Streckenkommissare bei der Reichslime
Erscheint jährlich in 5 — 6 Nrn. zum Preise von 3 Mark.
Druck und Verlag der Fr. Lintz'schen Buchhandlung in Trier.
Nr. 1. Ausgegeben am 15. Dezember 1892.
Das 'Limesblatt' erscheint auf Beschluss des geschäftsführenden Ausschusses der
Reichslimeskommission. Es wird über die vom Deutschen Reiche auf die Dauer von
fünf Jahren in Aussicht genommene wissenschaftliche Erforschung der römischen Grenz-
sperre die offiziellen vorläufigen Berichte der die Ausgrabungen leitenden Herren
Streckenkommissare veröffentlichen.
In jedem Jahre werden 5—6 Nummern in der Stärke von je einem halben bis
zu einem ganzen Bogen ausgegeben, welche während der Herbst- und Frühjahrs-
Kampagne in etwa monatlichen Fristen thunlichst rasch über den Fortgang der Arbeiten
berichten. Das Abonnement läuft vom 1. Oktober bis 30. September.
Die Berichte über die nunmehr abgeschlossene erste Herbstkampagne werden in
drei im Dezember und Januar schnell aufeinander folgenden Nummern gegeben werden.
Die Herausgabe des Limesblattes hat der Unterzeichnete übernommen.
Der archäologische Dirigent bei der Reichslimeskommission
Hettner.
1_ Taunus. [Strecke „Grauer Berg bis Feld-
bergkastell"]. Es wurde am 27. Juli mit
den Ausgrabungen angefangen, zuerst am
Z wi s ch en k a s t e 11 ,.H e i d en s t o ck", wel-
ches in dem Markwald der Hess. Gemeinde
Obereschbach zwischen Klingenkopf und
Rosskopf liegt. Nach Beseitigung des
dichten Gestrüpps wurden die mit Erde
und Steinen überlagerten Mauern, die einem
regelrechten Wall glichen, abgeräumt und
an der Stelle, an der man, wie sich ergab,
mit Recht den Eingang vermutete, mit den
Ausgrabungen begonnen. Derselbe ist in
seinem Gruudriss noch gut erhalten und
hat eine Breite von 3,10 m; die Umfass-
ungsmauern des 25,40 m langen und 19,50 m
breiten, an den vier Ecken abgerundeten
Kastellchens haben verschiedene Stärken:
1,90 m, 2,00 m, 2,05 m; sie sind ohne
Mörtel hergestellt, zeigen aber den gewöhn-
lichen an der Saalburg und den Wacht-
türmen am Pfahlgraben im Taunus üblichen
unregelmässigen Verband, wie ihn eben das
zusammengesuchte nicht lagerhafte Stein-
material — Taunusijuarzit — mit sich bringt.
— Die Umfassungsmauern können kaum
mit einer Brüstung oder mit Steinzinnen
bewehrt gewesen sein, sonst müssteu sich
mehr Steine in dem davorliegenden Graben
und im Inneren des Kastellchcns vorlinden.
Die Vermutung liegt nahe, dass auf oder
vielleicht richtiger vor der Mauer eine aus
Holz und Flechtwerk hergestellte Brustwehr
vorhanden war. Dieselbe mag mit Lehm
ausgefüllt gewesen sein, — der daselbst
gefundene lehmige Schutt macht dieses
wahrscheinlich; eine Untersuchung der
Mauer nach Offnungen für Pfähle oder
Pfosten bleibt noch vorbehalten. Da im
Inneren des Kastellchens entlaug der Um-
fassungsmauern, die an manchen Stellen
noch bis zu 1,80 m Höhe gut erhalten
sind, ein regelrechter Wallgang nicht vor-
handen ist, lässt sich annehmen, dass die
breite Mauerkrone als Umgang gedient hat;
selbst nach Abzug einer Brustwehr aus
Holzwerk von 20 bis 30 cm Breite bleibt
noch ein genügend breiter Gang. Nimmt
man an, dass die Brustwehr vor der
äusseren Mauerflacht mit Pfählen in die
schmale Berme eingerammt und mit dem
Mauerwerk durch Holzverstrebungen und
Verankerungen verbunden war, so bleibt
die volle Mauerkrone von ca. 2,00 m Breite
als Wallgang zur Verfügung. — Über die
Grabungen im Inneren, die noch nicht ab-