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Deutschland <Deutsches Reich> / Reichs-Limeskommission [Hrsg.]
Limesblatt: Mitteilungen der Streckenkommissare bei der Reichslimeskommission — 1.1892-1893

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Nr. 5 (12. September 1893)
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https://doi.org/10.11588/diglit.8929#0069
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LIMESBLATT.

Mitteilungen der Streckenkommissare bei der Reichslimeskommission.

Erscheint jährlich in 5—G Nrn. zum Treise von .1 Mark.
Druck und Verlag der Fr. Lintz'schen Buchhandlung in Trier.

Nr. 5. Ausgegeben am 12. September 1893.

4G Marköbel. [Pratorium, vgl. Nr. 10]. Da
im vorigen Herbste nur in zwei Gemüsegär-
ten und unter einem an ihnen entlang füh-
renden Fnsspfadc nach Teilen des I'räto-
riums gesucht werden konnte, so war es nicht
möglich, den aufgefundenen apsisartig nach
der porta decumana hin vorspringenden
Mittelbau vollständig zu durchgraben, um
festzustellen, ob auch hier, wie in mehreren
anderen Kastellen, ein unteridischer Kaum
zur Aufbewahrung der Kasse oder wich-
tiger Dokumente vorhanden war. Das frei-
lich war zweifellos, dass, wenn er existierte,
er von sehr geringen Dimensionen und
ohne Verbindung mit den sehr starken Um-
fassungsmauern des Bauwerkes sein musste;
denn diese waren an der Innen- und Aussen-
seitc an allen zugänglichen Stellen bis
zur Fundamentsohle freigelegt worden. In
diesem Frühjahre wurde es nun durch die
Bemühungen des Herrn Ökonomen Wilhelm
Stroh ermöglicht, in dem Garten des Bei-
geordneten Gärtner, gerade in der Mitte
des genannten Baumes eine Nachgrabung
vorzunehmen. Es fand sich dabei zwar
keine eigentliche Unterkellerung, wohl aber
zwischen der Mitte und der nordlichen
Seitenmauer ein aus fünf starken Sand-
steinplatten hergestelltes kastenartiges Ge-
lass, welches so in den Boden eingelassen
war, dass sein oberer Rand in gleichem
Niveau mit dem alten Bauhorizont lag.
Von den durchschnittlich 20 cm dicken,
(>() cm hohen und 1,20 m breiten Platten
bildete eine den Fussboden, während die
4 anderen auf ihr gegen den natürlichen
Boden gelehnt standen. Da die beiden
Blatten, welche die Langseiten bildeten,
am Fussende breiter als oben waren, die
beiden anderen aber von ihnen gegen den
natürlichen Boden gestemmt wurden, so

waren die Wände des Raumes, obgleich
sie ohne Mörtel auf die Bodenplatte und
an einander gestellt waren, genau in ihrer
ursprünglichen Lage geblieben. Die oberen
Ränder der Seitenplatten bildeten noch
eine vollkommen horizontale, glatte Fläche
und Hessen durch ihre sorgfältigere Bear-
beitung erkennen, dass hier einst in glei-
chem Niveau mit dem Fussboden des Bau-
mes eine Deckplatte aufgelegen hat, welche
den 1,18 m langen, 0,74 m breiten und
0,G0 m hohen Innenraum abschloss. Wenn
der Fussboden, wofür manche Anzeichen
sprechen, mit Steinfliesen belegt war, so
war der Ort des Gelasses für Uneingeweihte
verborgen. Ob diesem Zwecke auch der
Umstand dienen sollte, dass dasselbe nicht
in der Mitte des Raumes, sondern seit-
wärts, nahe der nördlichen Seitenmauer,
angebracht war, mag dahin gestellt bleiben.
Über den Zweck der Anlage bot der auf-
gefundene Inhalt (Schieferplatten, eine
Säulenbasis, ein eiserner Haken mit dickem
Bleiklumpen, regelrecht verpackte Hypo-
kanstkacheln) keine Auskunft. Sicherlich
aber bietet der Fund bei aller Geringfügig-
keit der Reste einen neuen Beweis dafür,
dass man bei den eigentlichen Limcskastel-
len trotz grosser Mannigfaltigkeit der An-
lagen im Einzelnen gewisse der Lagcrver-
waltnng dienende Einrichtungen als zweifel-
los vorhanden ansehen und mit einer ge-
wissen Sicherheit des Erfolges aufsuchen
kann. Zugleich spricht die Beschaffenheit
unseres „Geheimarchivs" dafür, dass es —
und dasselbe gilt für manche andern der
bereits gefundenen gleichartigen Räume —
nicht in organischem Zusammenhang mit
dem sehr sorgfältig gemauerten Baume
entstanden, sondern nachträglich ange-
bracht worden ist.
 
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