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Deutschland <Deutsches Reich> / Reichs-Limeskommission [Hrsg.]
Limesblatt: Mitteilungen der Streckenkommissare bei der Reichslimeskommission — 4.1896

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Nr. 20 (30. September 1896)
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https://doi.org/10.11588/diglit.8933#0055
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tieferen 0,45 m, einen höheren 0,80 m von
. der Sohle entfernt. Es waren die Holz-
spuren deutlich an der Felswand fort-
laufend zu sehen. An der senkrechten,
nördlichen Felswand fanden sich nur hie
und da, 0,70 m über der Sohle, die Spuren
eines Langholzes und zwar immer an
Stellen, an denen die Felswand etwas aus-
gebuchtet war. Ich folgerte daraus, dass
die römischen Soldaten immer eine gewisse
Reihe von Palissaden vor dem Einstellen
durch zwei Langhölzer an der südlichen
Seite der Pfahle fest mit einander ver-
bunden, die ganze Pfahlreihe dann über
die schräge Felswand hinab in den Graben
gleiten Hessen und sie dort grade stellten.
Dann Hessen sie die benachbarte Pfahl-
reihe ebenso hinab und verbanden dann
die letzten neben einander stehenden Pa-
lissaden durch einen kürzeren Liingsbalken
an der Nordseite der Pfuhle ungefähr
gegenüber dem südlichen oberen Längs-
balken. Damit aber ein Mann dies be-
werkstelligen und hinabsteigen konnte, war
die Ausbiegung der nördlichen Graben-
wand hergestellt').

In diesem Graben, ca. in der Höhe des
oberen Querbalkens, lagen grosse Tier-
knochen, Ziegelbrocken, zahlreiche ge-
wöhnliche und Terra - Sigillata - Scherben,
Glasscherben, ein kleines eisernes Messer,
ein Stück Eisen, ein Stückchen Bronze,
ein dünnes Bronzeringelchen, Bronzeschup-
pen eines Panzers — kurzum Funde, wie
in einem Kastell.

Südlich der Mauer, 0,65 m von ihr
entfernt, läuft nun der zweite Graben,
1,05 m tief. Er ist einen halben Meter
tief in den Fels gehauen mit senkrechten
Wänden, unten 0.30, oben 1 m breit. In
Am fanden sich ganz deutlich die schwar-
zen, wie Holzkohlen aussehenden Spuren
dünner, spitzer Pfähle, immer zwei
neben einander, durch Steine verkeilt. Es
■war deutlich zu sehen, wie die Steine um
die Holzfasern herumstanden, so dass sich
Hohlräume bildeten, in welchen die Pfähle
staken. Die Quer-Entfernung zwischen den
Pfählen betrug 15—20 cm, die Längs-

1) Diese Erscheinung erklärt 6ich wohl ein-
facher durch das Setzen von sogen. Lehrpalissaden.

Die Redaktion.

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Entfernung 40—50 cm. Sie standen in
der Regel nicht parallel, sondern im Zick-

zack zu einander.

Ich habe nun die beiden Gräben den
Abhang hinab in zahlreichen Durchschnit-
ten verfolgt. Da ergab sich der merk-
würdige Befund, dass die vordere Palissaden-
reihe sich immer mehr der Mauer näherte,
bis sie in ca. 60 m Entfernung vom Turm
unter der Mauer, und von da an dicht
hinter ihr verlief und dass die Doppel-
Pfahlreihe sich bis auf 2,6 m der vorderen
Palissadenreihe näherte. Eine Versteinung
vor dieser letzteren (also auch vor der
Mauer l fand sich nirgends, auf keinem der
langen und tiefen Durchschnitte, die ich
anlegte.

Diese Ausgrabung auf der Höhe bei
Gundelshalm mit den zwei in den Fels
gehauenen Gräben und den darin befind-
lichen grossen Palissaden (vorne), sowie
den zugespitzten Doppelpfählen (dahinter)
stimmt völlig überein mit dem Befund im
Altmühlthal. Sie stützt meine damals gleich
ausgesprochene Ansicht, dass wir drei
Perioden der Limes-Anlage zu unterschei-
den haben.

Die erste Anlage bestand offenbar in
der Palissadenreihe, welche aus teils
ganzen, grösstenteils halb gespaltenen Baum-
stämmen, durch Längsbalken unter ein-
ander befestigt, hergestellt wurde. Nach
den neueren Forschungen befindet sich
diese Palissadenreihe sowohl am Donau-
wie am Khein-Limes. Mit den Palissaden
in Zusammenhang standen Holztürme, nach
meiner Autfassung Blockhäuser, deren
Fundamente man in den sog. Begleithügeln
findet und von denen ich ein selten schö-
nes Beispiel mit seiner Fundamentierung
auf Pfählen samt einer davor befindlichen
Plattform am rechten Ufer der Altmühl
ausgegraben habe. Der Zahn der Zeit
indes und die Fäuste der Germanen zer-
störten nach und nach dieses erste Werk.
Die Palissaden faulten ab und wo sie ge-
standen hatten, sank die Erde allmählich
ein, wodurch ein seichter Graben gebildet
wurde. Auch die Blockhäuser erlagen
dieser Zerstörung und wurden durch stei-
nerne Türme ersetzt (die meisten Limes-
Türme sind nicht an die Mauer angebaut,
 
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