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Lübke, Wilhelm
Geschichte der Architektur von den ältesten Zeiten bis zur Gegenwart (Band 1) — Leipzig, 1884

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https://doi.org/10.11588/diglit.26745#0096
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78

Erftes Buch.

des Gewölbes angebrachte Oeffnung. Merkwürdig ift die mehr mittelalterliche als
romifche Art, wie die Kuppeln durch überkragende Bogen in den Ecken lieh aus dem
quadratifchen Grundplan entwickeln (Fig. 6i). — Daffelbe Baufyftem zeigt der Palaft

Sarbiftan. zu Sarbiftan, nur daß hier die Anlage architektonifch durchgebildeter und
einheitlicher erfcheint. Denn an der Faqade Öffnen lieh drei Portalhallen, eine mitt-
lere von etwa 12,4 M. Weite und zwei feitliche von 7,8 M. gegen das drei-
theilig angelegte Innere. Der Hauptraum gestaltet fich als großartiger Kuppelfaal
von etwa 14,3 M. Durchmeffer. Er fleht in Verbindung mit den Seitenräumen und
dem Hofe, der den Mittelpunkt für die inneren Gemächer bildet. In zweien dieler
durch Fenfter erleuchteten Gemächer kehrt die lange galerieartige Form der
affyrifchen Palafträume wieder. Hier ift auch durch frei vor die Wände tretende
Säulenftellungen, welche Gewölbanfätze tragen, eine Gliederung des Innern ver-
bucht worden. Diefe Säulen, fowfie die am Aeußeren gruppenweife angebrachten
Halbfäulen find aber ohne Bafls und Kapitäl als rohe Cylinder behandelt und
erinnern eher an jene Wandgliederungen des alten Palastes zu Warka (S. 40)
als an irgend welche klaffifche Säulenordnungen.

Ktefiphon. Dennoch follte die faffanidifche Architektur auch eine primitive Kapitälform
hervorbringen, die — freilich in ungefchlachter trapezartiger Geftalt — an dem
ftattlichen Palafte zu Ktefiphon oder El Madain auftritt (Fig. 59). Das Aeußere
bietet das vollftändig entwickelte Syftem der nüchternen Pilafter- und Blenden-
gliederung diefes Styles, doch bewirkt der gewaltige Bogen der in der Mitte an-
gebrachten Portalhalle, 23,4 Meter weit bei 27,6 M. Höhe und 37 Meter Tiefe der
Halle, eine willkommene Unterbrechung diefer öden Wandbekleidung. Noch eine
andere Eigenheit faffanidifcher Bauwerke ift dabei zu beachten: daß nämlich bei
den Blenden, Thüren und Fenftern der Bogen weiter ift als die Oeffnung, der
er zum Abfchluß dienen Toll, wodurch eine Form bewirkt wird, welche vielleicht
den Hufeifenbogen hervorgerufen hat. An anderen Monumenten, wie zu Sar-
biftan, kommt das Umgekehrte vor, daß der Bogen enger ift als die Oeffnung
und über die Seitenpfoften der letzteren etwas vorfpringt. In der fpäteren Zeit
hat die faffanidifche Kunft mehrfach das byzantinifche Trapezkapitäl aufgenommen
und daffelbe mit Rankenwerk oder figürlichen Darftellungen von ziemlich phan-
taftifchem Style bedeckt. So zeigen es Kapitäle, die zu Bifutun und Ifpahan ge-
funden wurden.

Takt-i- Von anderen Denkmälern find, außer den Reffen von Wafferleitungen und
Brücken, befonders einige Monumente zu erwähnen, deren Beftimmung freilich
dunkel bleibt. Dahin gehört vor allem das Felfenthor von Takt-i-Boflau nahe
bei Kirmanfchah. In die fteile Felswand find zwei im Rundbogen fich öffnende
tiefe Nifchen eingehauen, die kleinere etwas vortretend, die größere, 7,79 M. w^eit
und 6,32 M. tief, in einem rechten Winkel gegen die Seitenwand der vorderen
zurücklpringend. Treppenftufen find in diefe Seitenwand gefchnitten, und die
größere Nifche ift durch abgeftufte Zinnen wirkfam bekrönt. Die Form des
Bogens, mehr noch die fchwebenden Victorien auf den Zwickelflächen über dem
Hauptbogen erinnern an die römifche Kunft; auch das Detail der Ornamentik
beruht theilweife auf antiken Einflüßen, fodaß dies Monument zu den früheren
der Saffanidenzeit gehören dürfte. Dagegen find die Sculpturen, welche die inneren
Wände bedecken, eine phantaftifche Nachblüthe altaffyrifcher und perfifcher Plaftik,
denn fie fchildern Hirfch- und Eberjagden eines Herrfchers und diefen felbft in
 
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