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Lübke, Wilhelm
Geschichte der Architektur von den ältesten Zeiten bis zur Gegenwart (Band 1) — Leipzig, 1884

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https://doi.org/10.11588/diglit.26745#0180
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IÖ2

Zweites Buch.

freien Zeit gern im Zulchauen verwendeten, fo wurden namentlich die Gymnafien
bald die Sammelplätze für den öffentlichen Verkehr, wo fich zugleich für wiffen-
fchaftliche Discuffionen, poetifche Vorträge, philofophilche Vorlefungen geeignete
Räume fanden. Alle diefe Rückfichten hat Vitruv im Auge, wo er über die
Anlage diefer Gebäude feine Vorfchriften giebt. Das Gymnafion foll nach ihm
von quadratifcher oder länglicher Grundform fein, rings von Säulenhallen um-
geben, von denen drei nur einfchiffig, die füdliche aber, um den Regen abzu-
halten, zweifchiffig fein foll. An jene einfachen Hallen follen fich Anbauten
(Exedrae) mit Sitzen für Philofophen, Rhetoren und ihre Zuhörer lehnen, während
an die Doppelhalle ein langer Saal für die Jünglinge (Ephebeion) flößt; rechts
davon das Korykeion, wo nach einem von der Decke herabhängenden Sandfacke

Fig. 137. Thor zum Gymnafion in Olympia.

gefchlagen wurde; daneben das Koniflerion, wo die Ringer fich nach dem Ein-
ölen mit Staub beflreuten; in der Ecke fodann ein kaltes Bad (Lutron); zur Linken
ferner das Elaiothefion (Salbölgemach) und an dasfelbe floßend das Frigidarium
und das gewölbte Schwitzbad. Außen an drei andren Seiten follen Säulenhallen,
davon die nördliche zweifchiffig, angeordnet fein für die Wettkämpfer und Zu-
fchauer. Es verlieht fich, daß diefe Anlagen erfl fpät zu folcher Großartigkeit fich
entwickelt haben; um fo werthvoller ifl es, daß die Ausgrabungen von Olympia
uns die Paläflra*) vorführen, die als Bau des 4. Jahrh. wrohl das ältefle der noch
vorhandenen derartigen Gebäude fein dürfte (Fig. 136). Den Mittelpunkt der
Anlage bildet ein gewaltiger quadratifcher, jederfeits von 19 dorifchen Säulen ein-
gefchloffener Plof. Die rings umlaufenden Hallen betragen genau ein olympifches
Stadion. An der Südfeite öffnet fich die Halle durch 15 ionifche Säulen gegen
einen langen fchmalen Saal, in welchem wir das Ephebeion zu erkennen haben.
Dagegen find die übrigen Seiten mit Zimmern und Sälen verfchiedenfter Größe
umgeben, einige mit Sitzbänken an den Wänden, offenbar für Vorlefungen be-

*) Olympia V. 38. 39.
 
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