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Mannheimer Abendzeitung. Landtags-Bericht — 1848

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Nr. 21 - Nr. 28
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https://doi.org/10.11588/diglit.47792#0038
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38

Demzufolge stellt Abg. Helmreich den Antrag da-
hin, Se. Königl. Hoheit in einer Adresse zu Litten, daß
zur gründlichen Prüfung der Mißstände des Gewerbe-
wesens und zur Einführung einer entsprechenden neuen
Gewerbeordnung sofort die nöthigen Schritte eingeleitet
werden mochten.
Wir werden die weitere Ausführung dieser Motion
später ausführlich mittheilen.

Aus der
Motionsbegründrmg des Abg. Christ «ruf
Preßfreiheit, mindestens für innere An-
gelegenheiten.
Während die Sache im Volke als eine entschiedene
erscheint, wird die Zeitgemäßheit und selbst der Grund-
satz der Preßfreiheit bei den meisten Regierungen mit
gleicher Entschiedenheit verneint, und die jüngsten Vor-
gänge in Deutschland als Beleg und Begründung dafür
angeführt, daß die Preßfreiheit eine Gewährung sei,
welche die öffentlichen Zustände des Staates nnd der
Kirche gefährde.
Meine Herren! Ich will Die Frage in der gestellten
Form aufnchmen, ich will den Gegnern der Preßfreiheit
auf den Boden der jüngsten Ereignisse folgen, da das
Verständniß nur gewinnen kann, wo gleiche Thatsachen
zu Grunde gelegt werden. Auch hat ohnehin die Preß-
angelegenheit schon ihre Geschichte, und indem ich das
Frühere fallen lasse, nehme ich das Jüngste um so lieber
auf, als wir in einer Bewegung so allgemeiner und
tiefgehender Bedeutung leben, daß an ihr die Nachtheile
oder die Nichtnachtheile der Preßfreiheit mit besonderer
Klarheit hervortreten. Man sagt nun, aus dem Ver-
halten der Presse bei den jüngsten Ereignissen in Deutsch-
land gehe mit aller Bestimmtheit zu Tage, daß es im
Staate auf eine Gefährdung aller öffentlichen Ordnung,
und namentlich auf eine Aufregung der untersten Volks-
klassen, in der Kirche auf den Umsturz aller positiven
Religion abgesehen sei. Dazu von Seite der deutschen
Regierungen das Mittel durch Gewährung der Preß-
freiheit bieten, wäre pflichtvergessen und unverantwortlich.
Statt diese Gründe zu schwächen, will ich noch hinzufü-
gen, daß durch die Presse, die naturgemäß stets in den
Händen der gebildeteren Claffe sein wird, das Gleichge-
wicht gestört, und die Aufregung an die Stelle der na-
turgemäßen Entwickelung dadurch gesetzt werden müsse,
daß durch die Presse ununterbrochen und maßlos auf die
untern Stände neue, von ihr nicht begriffene Theorien
geworfen werden. Sucht die Presse tagtäglich den Ge-
dankenkreis der untern Stände systematisch zu verwirren,
schont sie weder Sitte noch Zucht, macht sie die Besitz-
losen mit ihrem Lose unzufrieden, reizt sie diese Claffe,
in deren Masse das Geschick des Staates ruht, mit der
Aussicht auf die Güter der Vermöglicheren, Verdächtigt
sie alles Bestehende, Llos weil es besteht, so scheint es,
es müßten endlich alle Grundsäulen wanken und früher

oder später der Einsturz alles Bestehenden die unaus-
bleibliche Folge sein. Hier gebe es nur ein Mittel, das
darin bestehe, dem Uebel zuvorzukommen, da eine Strafe,
die nachher folgt, und den Einzelnen trifft, mit der
frühem Gefährdung Aller in keinem Verhältniß stünde,
d. h. die Repression sei ein Unding, und nur die Prä-
vention — die Censur — gerechtfertigt.
Ich halte diese Ansicht und diese Befürchtung nicht
für begründet. Die große Masse der Staatsbürger, die
hier als bewegliche und leicht verführbare hingestellt,
und von der die Hauptgefahr hergeleitet wird, ist zwar
mißtrauisch gegen oben, aber auch unzugänglich den
' Reden des Tags und hängt mit Zähheit und Festigkeit
am Alten. Gewährt dem Bürger, was ihm gebührt:
dann rst's ihm unter dem Schutze der Gesetze behaglich,
, und aus dieser Behaglichkeit ist er mit schönen Worten
und glatten Versprechungen nicht herauszubringen. Wer
hat denn zu verlieren im Falle eines Umsturzes, wenn
es nicht vorzugsweise der Bürger ist; wo sind die Rück-
wirkungen des gestörten Friedens stärker, als im Handel
und Wandel, der schon vor seinem Ausbruche stockt?
Die Staatsregierungen selbst haben nicht ein stärkeres
Interesse als dieser Bürgerstand, daß die öffentliche Ord-
nung erhalten und die Achtung des Gesetzes und des
Eigenthums geschützt werde. Noch einmal also: gewährt
Ihr, deutsche Regierungen, dem Bürgerstande die Rechte,
die er vermöge seiner Befähigung, seiner Stellung, sei-
ner staatlichen, von keinem auoern Stande übertroffenen
Wichtigkeit anzusprechen hat, dann ist keine Presse ge-
fährlich, dann ist die Sache der Regierung die Sache
des Bürgerstaudes, und er wird diese Sache als die
seinige aufnehmen. So steht's auch mit der vielbespro-
chenen Frage deS gefährdeten Eigenthums, und diese
Grundlage aller öffentlichen Ordnung hat ihre festeste
Stütze im Bürgerstande, der mit dem Eigenthum steht
und fällt. Ohnehin ist das Streben nach der Theilung
des Eigenthums ein Krieg gegen die menschliche Natur,
da der Mensch in seinem Familienleben, von dem der
Staat ausgeht und auf das er zurückführt, ein Einzel-
wesen ist, das jeder Gemeinsamkeit entgegensteht. Ich
sage, ein Krieg gegen die menschliche Natur wäre nö-
thig, und zwar ein Krieg, der jedes Jahr von Neuem
geführt werden müßte, da ein Jahr schon wieder ge-
nügte, die Gemeinschaftlichkeit wieder auszuheben.
Und was hat denn, so möchte ich alle Gegner der
Preßfreiheit fragen, die Presse in Bezug Der Theilung
des Eigenthums für Schaden angestkftet? Ehrlich ge-
sagt, die Presse hat nicht nur keinen Schaden gestiftet,
sondern Nutzen hervorgebracht. Alle Verständigen sahen
die unabsehbare Bedeutung, die das Eigenthum im gan-
zen Gebiete der Sittlichkeit, des Rechtes und des Staa--
/ teS habe, mit einem Blicke ein, und begriffen, daß ein
Zusammenhalten Noth thue.
(.Fortsetzung folgt.)
 
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