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Mannheimer Abendzeitung. Landtags-Bericht — 1848

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Nr. 21 - Nr. 28
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https://doi.org/10.11588/diglit.47792#0039
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L848

Mannheimer AbendZeitung Hir. TT«

Landtags - Beri cht.


Karlsruhe, 20. Januar. Statt der auf
gestern angekündigten Sitzung wurde wegen nicht erle- j
digten Kommissionsarbeiten die 12. Sitzung auf heute, !
Donnerstag, verschoben.
Zwölfte öffentliche Sitzung der 2. Kammer unter !
dem Präsioium Mittermaier's.
Tagesordnung: Begründung der Motion des Abg. i
Zentner, die Einführung eines allgemeinen deutschen bür- ,
gerlichen Gesetzbuches. Dann heimliche Sitzung:
Berichte in Zollangelegenheiten.
Auf der Regierungsbank: Niemand.
Die Kammer ist kaum vollzählig (35 Mitglieder
machen sie vollzählig)*). Auf der Rechten sitzen zehn
Abgeordnete.
Der Präsident eröffnet die Sitzung und zeigt an,
daß der Abg. Brentano eine Motion begründen werde
auf Enthebung der Ortsvorgesetzten von dem ihnen durch
die bürgerliche Prozeßordnung überwiesenen Amte als
Vollstreckungsbeamten; Ueberweisung dieses Amtes an förm-
liche Gerichtsvollzieher.
Ferner zeigt der Präsident an, daß der Abg. Speyerer
einen Bericht über ein provisorisches Gesetz, Vereinszoll-
tarifangelegenheiten betr., zu erstatten habe. Es wird
der sofortige Druck dieses Berichtes beschlossen, zumal
da Speyerer gar nicht anwesend ist.
Straub legt eine Bitte mehrerer Bürger vouMoß-
kirch vor, Aufhebung des bestehenden Ausgangszolles von
dem aus dem Vereinsgebiete ausgehenden Getreide und
Mehl.
Derselbe: eine Petition von Stetten a. k. M., um
allgemeine Katafterversammlnng. Ebenso: Petition auf
Herabsetzung der Hundstare.
Bleidorn reicht die Beschwerde einesBürgers ein,
wegen gesetzwidrigen Verfahrens bei einer Zwangsver-
steigerung.
Mez theilt mir, daß der Senior des „Hülfsvereins
zur Unterstützung nothleidender Handwerker" in Frank-
furt a M., veranlaßt durch Helmreich's Motion auf
„neue Gewerbeordnung," ihm eine Schrift über Innungs-
wesen zngesandt habe. Er überreicht solche dem Prä-
sidenten. Sodann legt er eine Bitte mehrerer Bürger
aus Bühl vor, Umwandlung von Accis- und Ohmgelds-
abgabe in eine andere Abgabe.
Die Tagesordnung führt zur Begründung der Mo-

*) 33 Abarordnr?e sino anwesenv. Emer oder der Andere
zeigt sich hie und da an einer Thitre, um wieder zu
verschwinde»

tion des Abg. Zentner auf Einführung eines allgemeinen
deutschen bürgerlichen Gesetzbuches. (Wir werden diesen
Vortrag nachliefern.) Ueber die Frage selbst verbreitet
sich der Staatsdiener Zentner mit einem gewissen mini-
steriellen Nationalismus. Die Einführung des allge-
meinen bürgerlichen Gesetzbuches hofft er vom — Zoll-
verein.
Die Diskussion wird eröffnet.
Stößer unterstützt die Motion in einer keineswegs
merkwürdigen Rede. Er will eine Einigung vorderhand
wenigstens in den Punkten, welche „als vorzugsweise
zur Gemeinsamkeit geeignet bezeichnet sind." Beantragt:
Vorausdruck.
Buß dankt dem Abg. Zentner. Die Wissenschaft
hat den vorliegenden Gegenstand bereits zur Reife ge-
bracht — wir können unmittelbar zum Werke schreiten.
Es ist lange ein Streit zwischen philosophischer und hi-
storischer Rechtsschule durchgekämvft worden; das Volk
hat sich unzweideutig für die alte Historie und gegen
das moderne Vernunftwesen erklärt. Es ist ein Streit
; erhoben worden über das Verhältniß der Rechtsquellen,
der römischen, der germanischen. Von dieser,Seite aus
ist der Wille der Nation ebenfalls klar. Der gegen-
wärtige Zeitpunkt nun ist besonders geeignet, um Etwas
auszuführen. Bei der großen Regsamkeit der verschie-
denen Gesetzgebungen steht zu befürchten, daß der Par-
tikülarismuS sich immer vielgestaltiger ausbildet. Da
muß abgeholfen werden! Wir müssen das Bedürfniß
befriedigen, welches aus dem wiedererwachten Sinne der
Nationalität mächtig erwachsen ist. Die Intelligenz hi-
storisch-gebildeter deutscher Juristen muß sich anstrengen,
um Volksmäßiges zu wirken. Ich unterstütze die Mo-
tion.
Peter: Die Idee eines allgemeinen bürgerlichen
Gesetzbuches ist eine große. Aber wir sind gar zu zer-
! spalten; wir sind zerrissen in 38 Staaten und
Staätchen....
(Stimmen: Nach neuesten Nachrichten doch nur 37!)
Darum ist es schwer, an die Ausführbarkeit des
Vorschlages zu glauben! Wie sollt' es gelingen, diese
Unmasse von Souveränitäten unter einen Hut zu brin-
gen? Wem sollte die Entscheidung über die Auslegung
der Gesetze zufallen, wo diese Dunkelheiten haben?
! Immerhin jedoch ließe sich dies vielleicht noch einrichten!
j Allein dem Volke ist nicht mit einer „großen imposanten
i Form" gedient. Durch den Inhalt des Gesetzbuches
! muß das Volk befriedigt werden! Es müßte den An-
forderungen entsprochen werden, welche der fortschreitende
 
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