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Mansberg, Richard von
Wâfen unde Wîcgewaete der deutschen Ritter des Mittelalters — Dresden, 1890

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https://doi.org/10.11588/diglit.16637#0033
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•*53s 31 S»

jedenfalls ganz kurz zugestutzt. Mochten auch damals, wie heute, Jüng-
linge das Zeichen eintretender Reife, der grcmfprunge^it, auf der Ober-
lippe87) nicht ungern zeigen, es wurde doch der hie und da zur
Behau getragene Schnurrbart, biu gratt, während des ganzen Mittel-
alters nicht zur eigentlichen Modesache. Im 14. Jahrhundert noch
treten uns mindestens ebensoviel bartlose Ritter, wie solche mit Schnurr-
bart entgegen, ja die Vorliebe für Bartlosigkeit hielt bei den Meisten
noch an im 15. Jahrhundert, als der Geschmack am Vollbart bei
Manchen seit längerer Zeit schon Eingang gefunden. Dagegen liess
man dem Haupthaar einen grösseren Spielraum; im Allgemeinen galt
langes, krauses oder welliges (reibdobt oder retMefyt) Haar für eine

Schönheit auch bei Männern.-) Daher liess man dasselbe gewöhn- Und ist bereits von Hefner' Trachten ete' V Seite 17 veröffentlicht,

His Gielde was all of gold so redde, (Schild)
And therein was a bore 's hechle, (Eberhaupt)

A carbunde beside (Buckel mit Spangen)
And then he swore on ale and bred,
How that the geaunt shuld be ded,

Betide what so betide.

Dieser altenglischen Beschreibung stellen wir zur Seite eine nur
um wenig jüngere deutsche, ebenfalls in Versen, allerdings ziemlich
mangelhaften, entsprechend der Zeit, da die Blüte des Rittergesanges
bereits verwelkt war. Sie findet sich in einem Manuscripte des Con-
rad von Ammenhusen auf der Köniolichen Bibliothek zu Stuttgart

Obwohl, oder vielmehr weil die Verse eine colorirte Federzeichnung

begleiten, die einen Ritter in voller Plattenrüstung darstellen, so müssen

wir die Verse doch für erheblich älter halten, als diese Zeichnung,

denn sie beziehen sich zweifellos auf die ritterliche Tracht im Anfang

und nicht auf diejenige um Mitte des 15. Jahrhunderts. Die in der

Beschreibung erwähnten Teile, wie Halsberg, Rüsthosen, Beckenhaube,

Waffenrock, eine Platte und die beefi vfitl des Pferdes sind um die

n • , , cj i , V Ii i Tj ji • Mitte des 15. Jahrhunderts überhaupt schon veraltete Raritäten «;e-

gewiss allgemein erkannte Schutz durch das lange Haupthaar mag eine r &

worden und in dem betreffenden Bilde gar nicht zu entdecken. (Vgl.
das Bild, welches Hefner Trachten V Tafel 328 liefert.) Es ist also
ganz unmöglich, dass die Verse erst zur Erläuterung des Bildes gemacht
wurden; sie sind offenbar und zwar ganz unpassender Weise von einem
älteren Dichter entlehnt, ja bei ihrer Abschrift ist ein sehr grober
Fehler im achten Averse begangen, wo yfenbut statt yfeubofen geschrieben
wurde. Schon der im Übrigen streng befolgte Reim (hier lofen und
bofett) hätte auf diesen plumpen lapsus calami aufmerksam machen
müssen, noch mehr der Zusammenhang und der Umstand, dass der
Dichter des ohne Verständniss benutzten Originals weiter unten (Vers
13 und 14) die beiden Arten der ritterlichen Kopfbedeckung ganz
genau und an gehöriger Stelle angiebt. Die vorherige Anführung einer
dritten, von Rittern überhaupt sehr selten getragenen, Art der Kopf-
bedeckung inmitten der den Unterkörper deckenden Rüststücke würde,
wenn nicht sinnlos, doch recht geschmacklos gewesen sein. Es darf
mithin kaum einem Zweifel unterliegen, dass wir in dem folgenden
Gedichte eine verballhornisirte, mangelhafte Abschrift einer im Anfange
des 15. Jahrhunderts verfassten Beschreibung vor uns haben.

Sit id} von ben alten bau
gefett, fo toxi id? b/cben an,
Von 6er gefer/öpfte bts rttters fagen;
<£in ritter fol tragen

i£in paiijer fyarneft, unb u>as barsu fol
05eliören, bas ge5imt ein rittet idoI.
Das fag id}, ob ir lDellen lofen:
Balsberg, fcf?offen, yfen^ofen,
Bucfjblecb, ober fuütr>eling genant;
Sy nriffen ujoI, ben es ift befant,
Was notturft ist an bie bein
Xiod} anbers nie, bas id} mein.
(Ein foller, ein beef enb, üben, barsu
i£in fyelm; jnjeen yfen fyentjfdpi
Sol er an ftnen benben b,an.
(Er fol ben fer/üt nüt fnnber im lern,
(Ein fper in feiner linfen fyant,
2IIs une bis bueb, tet befant,

feiner linfen fiten ein fcr/iuert,
Ein blatten, wer es 511 Hüffen gert,
J^ujeu fporen, ein beefe yf'11/
Der teiffe, es foll Jiiit mefin
Jm fein rof? perbeefen fol;
Das foll fin geleret inol,
Dafj es fin rotllen tu.
Ejet er ein tpaffenfleib bar 511
llnb l}d bo by eins mannes mut,

lieh in langen, oft sogar künstlich gekräuselten Locken zu beiden
Seiten des Gesichts herabfallen, jedoch nur ganz ausnahmsweise so
lang, dass es die Schultern berührte. Das Haar über der Stirn am
vorderen Teile des Kopfes hielt man gern kurz, um nicht im Gesichte
unter dem Hersenier belästigt zu sein, dagegen gewährte das seitwärts
und hinten lang herabfallende Haar einen keineswegs unwesentlichen
Schutz für Hals und Nacken gegen feindliche Hiebwaffen. Dieser

Ursache sein, dass man zur Wahrung völliger Parität bei dem gericht-
lichen Zweikampf (Ordal) einen kurzen Haarschnitt verlangte; beide
Kämpfer mussten capillos super aures adaequatos haben, und die
über den Ohren gestutzte Haartracht wird sogar amtlich ad modum
campionis bezeichnet.

Als allgemeiner Beleg für die Gesammterscheinung des Ritters
um die Wende des 14. und 15. Jahrhunderts, also vor Einführung noch
der eigentlichen Plattenrüstung, mögen zum Schluss zwei zeitgenössische
Beschreibungen eines vollständig ausgerüsteten Ritters hierunter folgen;
zunächst diejenige von Geoffrey Chaucer, des ersten gelehrten englischen
Dichters in seiner Muttersprache (f 1400). Sie findet sich als Rhyme
of Sire Thopas in den im letzten Jahrzehnt des 14. Jahrhunderts
verfassten Canterbury Tales.

Ile didde next his white lere
Of cloth of lake fine and clere

A breche and eke a sherte (bruoer/, Oberschenkelbekleidung; Hemd)
And next his sherte an haketon, (Wamms oder Kuret)
And over that an habergeon (Halsbergel ■ fyaberjoel)

For percing of his herte.

And over that a fine hauberke (Halsberg)
Was all ywrought of Iewes werke,

Füll strong it was of plate (mit Platten verstärkt)
And over that his cote-armoure (Waffenrock)
As white as is the lily floure,

In which he would debate.

His jambeux were of cure-buly (Beinberge aus gesottenem Leder)
His swerde 's shethe of ivory (Schwertscheide)

His heim of laton bright (Helm aus Metall)
His sadell was of rewel bone (Sattel)
His bridle as the sunne yshone (Zaum bilbel)

Or as the moon ylight.

His spere was of the fine cypress, (Schaft)
That bodeth warro and nothing pees,

The hedde füll sharp yground. (Speereisen)
His stede was all of dapper gray (Streitross)
It goth an amber in the way

Ful softely in londe.

5T) Parz. 244 s: Daj im fin munt n>as fo rot

Hut baj nor jugenbe niemen braue
f6s gein einer tjalben graue.
Willen. 12 7 20: Sin r>el mas nad\ räme oar, bart unb Ejär »erisorren gar.

') Parz. G3 "20: lirf(t reibelobt was im fin bAr. ift et äu einem ritter gut.

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