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Mansberg, Richard von
Wâfen unde Wîcgewaete der deutschen Ritter des Mittelalters — Dresden, 1890

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https://doi.org/10.11588/diglit.16637#0060
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■«931 58 ^

Der graue von pieis (Blois): Sin fcf?ilt mit fiben finden was
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Der ernst, knapp und kurz gehaltenen Ausdrucksweise einer genau
eodificirten Heroldskunst entspricht freilich die ohige Plasmirung nur
wenig, dafür ist sie heiter, gefällig, künstlerisch. Die ernsten und wissen-
schaftlichen Heraldiker werden Solches nicht missverstehen. Wenn wir
die freie, ornamentale Kunst der Heraldik einer lebendigen Wirklich-
keit besonders schätzen als eine von dem Begriffe des Rittertums
untrennbare heitere Pracht, wenn sie uns deshalb in ihrer Ursprüng-
lichkeit vielleicht am meisten anspricht, so vermag dies den Wert einer
streng wissenschaftlichen Heraldik in keiner Weise zu schmälern; viel-
mehr wird eine solche überhaupt erst möglich durch ein warmes Interesse,
an den kirnst- und culturgeschichtlichen Verhältnissen der Blütezeit
des Mittelalters. Ohne gründliches Verständniss dieser Zeit wird die
Beschäftigung mit dem Wappenwesen stets eine unfruchtbare Spielerei
bleiben, welche im gewissen Sinne sogar schädlich wirkt und gewirkt
hat: sie hat die edle Ars heraldica bei den ernsten Fachgelehrten in
Misscredit gebracht.

Das Jahrhundert der Elektricität und der Dampfkraft kennt keine
Burgen und Pfalzen mehr, keine Ritterschlösser und nicht mehr das
Treiben in Zwinger und Palas; was nicht in bemooste Ruinen zerfallen,
ist in Casernen und Fabriken, Irrenanstalten und Zuchthäuser verwandelt,
und die heutige Jagd nach dem Glücke auf industriellem und dem Börsen-
gebiet spottet der mittelalterlichen Rauflust und der Kampfspiele, man hat
die ritaerrart durch Turn-, Kahn- und Radfahrten ersetzt; demgemäss
sind die ehrwürdigen Attribute des Rittertums, Helm und Schild, zu
theatralischen Spielzeugen geworden oder als wertloses Gerumpel bei

Seite geschoben. Ungemein verständig, recht nüchtern und trocken
scheint der Deutsche geworden, alt und kalt sein Herz.

Wem aber dieses Herz noch schlägt für die Grösse seines Volkes,
der sollte wissen, dass nicht der Intellect allein, sondern viel mehr die
moralische Bedeutung jene Grösse verliehen hat. Wer noch Anderes
kennt und liebt, als nur den leidigen Kampf um's Dasein, wer nicht
verblendet ist durch die masslose Selbstüberschätzung der Gegenwart,
der wird nur mit Befriedigimg zu den Quellen unserer Entwicklung
zurückgehen und dort die Ansätze all' der geistigen und sittlichen
Leistungen finden, welche der deutschen Nation den Vorrang unter den
Culturvölkern in der Menschheit eingetragen. Wer ohne Vorurteil den
Blick in die Jugendzeit des Volkes zu wenden vermag, der erkennt in
der Welt der Wunder und Poesieen des Mittelalters, in dem Drange
der Rom- und Kreuzfahrer, eine reichere Welt voll Glanz und Pracht
sich zu erobern, den Zusammenhang: wie nur ein Volk die Wunder-
welt der Erfindungen zu erschliessen vermochte, welches einst an Wunder
geglaubt und ihre Herrlichkeit ersehnt hat.

Mit dem hohen nationalen Aufschwünge der Neuzeit ist glücklicher-
weise das Interesse am Vaterländischen wieder gewachsen, das Interesse
nicht nur an dem Sein, sondern auch an dem Werden eines Volkes,
das so Grosses vollbrachte. Allmählich doch mindert sich die rücksichts-
lose Huldigung vor den antiken und fremdländischen Götzen, allmählich
doch beginnt Mancher zu ahnen, dass es auch in der eigenen Vorzeit
gar Viel des Guten, ja des Erhabenen genug zu würdigen giebt; mit
dem liebevollen Eingehen auf die Blütezeit deutscher Jugend und
Tugend wird dann auch die Liebe wiederkehren zu dem Edlen und
Schönen, welches dort seine AVurzeln geschlagen. Wir mögen uns dann
wieder erfreuen an dem Glänze jener Zeiten, da unser Volk gross und
herrlich allen andern voranschritt auf der Bahn der Cultur, wie in
dem Schimmer des Ruhmes von'Wehr und Waffen. Nie hat dieser
Ruhm lauter und höher geklungen, als gerade im Mittelalter; auf den
Pfaden des Ruhmes aber Allen voran leuchteten hehr und hell, allzeit
und überall: des deutschen Ritters Helm und Schild.

Feldzeichen und F e 1 d s p i e 1.

Das Bild vom ganzen Kriegswesen des Mittelalters und von allem
seinem Zubehör soll keineswegs in dem Rahmen der vorliegenden
Studie entrollt werden, allein zwei Erscheinungen drängen sich bei der
Musterung des ritterlichen truaiClüCtete unwillkürlich auf, weil sie unzer-
trennlich waren von jeder Vereinigung gewaffneter Ritter und deshalb
eine kurze Berücksichtigung hier zu linden verdienen. Unerlässliche
Begleiter jeder Ritterschaar, ob zu Ernst, ob zu Schimpf, waren die
hochfliegenden jetc^en, ferner der bitfinen und des roieborn ^63, der
püfen und bokeflovten galt», der triimben und fd^almyen geselle;
keine reife oder rxirt eines mit dem nötigen Gefolge von fnäperi und
fltebtett aufziehenden Ritters war denkbar ohne die muntere reifenöte,
kein ftunnftrit wurde begonnen ohne den mächtigen fturmfcbal der
Instrumente, der Inbegriff eines Heerhaufens waren Diejenigen, so da
martert ber battiere. Freilich entdecken wir die Anfänge von Feldzeichen

Jeheh. 421: Denn meine Seele höret der Posaunen
Schall und eine Feldschlacht. Wie lange soll
ich doch das Panier sehen und der Posaunen
Hall hören?

und Feldspiel soweit überhaupt zurück unsere Kenntniss der ältesten
Culturvölker reicht, beide sind keine Erfindungen des Rittertums, aber
dieses hat ihnen eine ganz charakteristische Entwicklung gegeben, so
häufig und so gern sie verwendet, dass ohne sie keine Vereinigung von
Rittern, sei es zu freundlichen, sei es zu feindlichen Zwecken, denkbar
ist. Nur zu gut Wusste man im Mittelalter zu würdigen, wie die Freude
aller Anwesenden, ja die Teilnahme des gesammten Volkes an jedem
Aufzuge, jedem Feste erhöhet wird durch lustig flatternde Fahnen,
durch belebende Musik, nur zu wohl verstand man für den Krieg die
moralische Kraft zu schätzen, welche in dem Alles verknüpfenden und
anspornenden gemeinsamen Zeichen lag. Unter den Datiert und batüerert
der Feudalmiliz kamen manbett und trtlllüe des Rittertums zu voller
Geltung, oft zu weithin strahlendem Glänze.

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