fast unvermischt zur Schau trägt. Dies hat seinen bekannten Grund darin, dass jenes
Mannheim, welches 1606 an der Stelle des alten Fischerdorfes Mannheim gegründet wurde,
1622 schon wieder in Trümmer gelegt wurde, und dass die nach dem dreissigjährigen Kriege
sich allmählich aus Schutt und Asche erhebende Stadt durch den Orleans'schen Krieg 1689 so
vollständig zerstört worden ist, dass auch nicht ein Stein auf dem andern stehen geblieben ist,
ausser unter dem Erdboden. So weit ich wenigstens in Erfahrung bringen konnte, ist hier
kein Baustein, kein Stück Holz oder Eisen, kein Skulpturrest, noch weniger ein Bild, kurz
kein Gegenstand der Kunst oder des Kunstgewerbes, der zum Schmucke der 1689 zerstörten
Stadt gedient hätte, erhalten. Wenigstens fehlt bei wenigen Ausnahmen, von denen man ver-
muten kann, dass sie die Zerstörung überdauert haben, die Gewissheit. Nur einige Abbildungen,
zum Beispiel in den Privilegienbüchern des 17. Jahrhunderts, geben noch eine Vorstellung von
dem Aussehen jenes „pfälzischen Jerusalem." Unter dem Boden dagegen ruhen wohl noch
einige Grundmauern aus jener Zeit; auch sind bei Kellerbauten und neuerdings bei der An-
lage der Wasserleitung und des Kanalsystems einige unterirdische Eestungsteile, Laufgänge und
Minen, aufgedeckt worden. Aber in diesen nur für den Kriegsgebrauch bestimmten Gewölbe-
gängen ist nichts gefunden worden, was dem Gebiete der Kunst zuzuweisen wäre.
Wohl ist es möglich, dass da und dort ein Architekturteil oder einj Skulpturrest, ein
Steinornament, ein Werk der Kunstschlosserei oder sonst eines Gewerbes aus dem 17. Jahr-
hundert im Privatbesitz erhalten ist. Aber meines Wissens ist dem Mannheimer Altertums-
verein nichts davon bekannt. Darum kann bis auf weiteres ruhig behauptet werden, dass von
dem Mannheim des 17. Jahrhunderts mit zwei Ausnahmen nichts, gar nichts mehr vorhanden ist.
Wie nun die Kunstaltertümer unserer Stadt nicht über das Jahr 1700 hinaufreichen,
so ist auch am Ende des 18. Jahrhunderts eine scharfe Grenze gezogen, so zu sagen eine leere
Zone von mehreren Dezennien, die mit dem Jahre 1779, also mitten im schönsten Aufschwung
des Winckelmannschen Zeitalters oder des beginnenden Klassicismuss, beginnt. Im Jahre 1779
siedelte Kurfürst Karl Theodor von Mannheim nach München über, mit ihm ein gutes
Viertel der Bewohner Mannheims. Es ist aus der Literaturgeschichte allgemein bekannt, was
das für ein Schlag für die ganze Pfalz, für Mannheim aber insbesondere war. Zwar gelang
es bekanntlich dem Intendanten Ereiherrn von Dalberg, das Hof- und Nationaltheater für
Mannheim zw retten ■— als einzigen Ersatz für den Verlust des glänzenden Hofhaltes — und
damit die Blüte des Mannheimer Theaters herbeizuführen, die sogar, dank vor allen Schiller
und Iffland, eine Glanzepoche der deutschen Bühnengeschichte bedeutet. Ausserdem wurden
noch einige im Bau begriffene Gebäude zu Ende geführt. Aber im allgemeinen hörte die Blüte-
zeit Mannheims auf. Bald kamen die Revolutionskriege, Mannheim wurde mehrmals belagert,
bombardiert und erobert und erlitt erheblichen Schaden durch Zerstörung vieler öffentlicher
und Privatgebäude. Als endlich der Friede kam, girig die Stadt vom angestammten Herrscher-
hause an Baden über. Die Festungswerke, die soviel Leid verursacht hatten, wurden zwar ge-
schleift xmd an Stelle der Gräben und Wälle wurden Gartenanlagen, der Schlossgarten und
der jetzt verschwundene kleine Schlossgarten geschaffen, der die Stadt zu drei Vierteilen umzog.
\ber die Bevölkerung wuchs nicht, noch weniger ihr Wohlstand; vielmehr hatte die Stadt
nach den Napoleonischen Kriegen nur 18000 Einwohner gegen 24000 des Jahres 1779. Die
Folge war, dass mehr Häuser und Wohnräume da waren, als das Wohnbedürfnis erforderte,
und damit eine allgemeine Entwertung der Gebäude und Grundstücke. Noch 1824, als Kieger
seine Beschreibung Mannheims verfasste, machte Mannheim einen verlassenen, verödeten Ein-
druck. Das öffentliche Leben war verschwunden, das geistige Leben auf die engsten Kreise
Mannheim, welches 1606 an der Stelle des alten Fischerdorfes Mannheim gegründet wurde,
1622 schon wieder in Trümmer gelegt wurde, und dass die nach dem dreissigjährigen Kriege
sich allmählich aus Schutt und Asche erhebende Stadt durch den Orleans'schen Krieg 1689 so
vollständig zerstört worden ist, dass auch nicht ein Stein auf dem andern stehen geblieben ist,
ausser unter dem Erdboden. So weit ich wenigstens in Erfahrung bringen konnte, ist hier
kein Baustein, kein Stück Holz oder Eisen, kein Skulpturrest, noch weniger ein Bild, kurz
kein Gegenstand der Kunst oder des Kunstgewerbes, der zum Schmucke der 1689 zerstörten
Stadt gedient hätte, erhalten. Wenigstens fehlt bei wenigen Ausnahmen, von denen man ver-
muten kann, dass sie die Zerstörung überdauert haben, die Gewissheit. Nur einige Abbildungen,
zum Beispiel in den Privilegienbüchern des 17. Jahrhunderts, geben noch eine Vorstellung von
dem Aussehen jenes „pfälzischen Jerusalem." Unter dem Boden dagegen ruhen wohl noch
einige Grundmauern aus jener Zeit; auch sind bei Kellerbauten und neuerdings bei der An-
lage der Wasserleitung und des Kanalsystems einige unterirdische Eestungsteile, Laufgänge und
Minen, aufgedeckt worden. Aber in diesen nur für den Kriegsgebrauch bestimmten Gewölbe-
gängen ist nichts gefunden worden, was dem Gebiete der Kunst zuzuweisen wäre.
Wohl ist es möglich, dass da und dort ein Architekturteil oder einj Skulpturrest, ein
Steinornament, ein Werk der Kunstschlosserei oder sonst eines Gewerbes aus dem 17. Jahr-
hundert im Privatbesitz erhalten ist. Aber meines Wissens ist dem Mannheimer Altertums-
verein nichts davon bekannt. Darum kann bis auf weiteres ruhig behauptet werden, dass von
dem Mannheim des 17. Jahrhunderts mit zwei Ausnahmen nichts, gar nichts mehr vorhanden ist.
Wie nun die Kunstaltertümer unserer Stadt nicht über das Jahr 1700 hinaufreichen,
so ist auch am Ende des 18. Jahrhunderts eine scharfe Grenze gezogen, so zu sagen eine leere
Zone von mehreren Dezennien, die mit dem Jahre 1779, also mitten im schönsten Aufschwung
des Winckelmannschen Zeitalters oder des beginnenden Klassicismuss, beginnt. Im Jahre 1779
siedelte Kurfürst Karl Theodor von Mannheim nach München über, mit ihm ein gutes
Viertel der Bewohner Mannheims. Es ist aus der Literaturgeschichte allgemein bekannt, was
das für ein Schlag für die ganze Pfalz, für Mannheim aber insbesondere war. Zwar gelang
es bekanntlich dem Intendanten Ereiherrn von Dalberg, das Hof- und Nationaltheater für
Mannheim zw retten ■— als einzigen Ersatz für den Verlust des glänzenden Hofhaltes — und
damit die Blüte des Mannheimer Theaters herbeizuführen, die sogar, dank vor allen Schiller
und Iffland, eine Glanzepoche der deutschen Bühnengeschichte bedeutet. Ausserdem wurden
noch einige im Bau begriffene Gebäude zu Ende geführt. Aber im allgemeinen hörte die Blüte-
zeit Mannheims auf. Bald kamen die Revolutionskriege, Mannheim wurde mehrmals belagert,
bombardiert und erobert und erlitt erheblichen Schaden durch Zerstörung vieler öffentlicher
und Privatgebäude. Als endlich der Friede kam, girig die Stadt vom angestammten Herrscher-
hause an Baden über. Die Festungswerke, die soviel Leid verursacht hatten, wurden zwar ge-
schleift xmd an Stelle der Gräben und Wälle wurden Gartenanlagen, der Schlossgarten und
der jetzt verschwundene kleine Schlossgarten geschaffen, der die Stadt zu drei Vierteilen umzog.
\ber die Bevölkerung wuchs nicht, noch weniger ihr Wohlstand; vielmehr hatte die Stadt
nach den Napoleonischen Kriegen nur 18000 Einwohner gegen 24000 des Jahres 1779. Die
Folge war, dass mehr Häuser und Wohnräume da waren, als das Wohnbedürfnis erforderte,
und damit eine allgemeine Entwertung der Gebäude und Grundstücke. Noch 1824, als Kieger
seine Beschreibung Mannheims verfasste, machte Mannheim einen verlassenen, verödeten Ein-
druck. Das öffentliche Leben war verschwunden, das geistige Leben auf die engsten Kreise