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Meder, Joseph; Dürer, Albrecht [Ill.]
Dürer-Katalog: ein Handbuch über Albrecht Dürers Stiche, Radierungen, Holzschnitte, deren Zustände, Ausgaben und Wasserzeichen — Wien, 1932

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https://doi.org/10.11588/diglit.25797#0069
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Vorarbeiten

bei Stichen

Tech nische Erläuterungen

Vorarbeiten und Probedrucke

Die für die Ausführung von Stichen und Holzschnitten in Betracht kommenden dreierlei
zeichnerischen Vorarbeiten, wie flüchtige, freie Skizzen (Entwürfe), Übertragungszeich-
nungen ('Werkzeichnungen) sowie fertige Teilstudien, sind heute nur mehr seltene Belege,
da sie, zumal Werkzeichnungen, während der Pausierung meist zugrunde gingen oder sich in
ein trockenes, unscheinbares Material verwandelten. Der scharfe Griffel verletzte die ohnehin
tauben Konturen. Trotzdem läßt sich für alle Arten, ohne daß wir hier eine Aufzählung
beabsichtigen, Dürers Verfahren aus einzelnen Resten und Beispielen erschließen. Er ging gewiß
von den alten werkstattmäßigen Erfahrungen aus, wußte sie aber im raschen Aufstieg so zu
vervollkommnen, daß sie allen seinen angestrebten Zielen Genüge leisteten. Wenn wir von den
frühesten Beispielen, den Basler Holzschnitten ausgehen, so lehren die gezeichneten, doch noch
ungeschnittenen Terenzstöcke, daß hiezu keine außergewöhnlichen Vorarbeiten notwendig er-
schienen, da die Figuren auf die weiß grundierte Holzfläche kopiert oder direkt mit der Feder
gerissen wurden. Die Disproportionen mancher dieser Figuren lassen erkennen, daß man kurzer-
hand die Feder oben ansetzte und die einfachen, sich wiederholenden Typen fertig herunterriß.
Dabei geschah es, daß ein oder der andere Mithelfer unten kein Auslangen mehr fand und
unfreiwilligerweise zwergähnliche Gestalten hervorbrachte (Abb. 8). Gerade bei mehrfach ver-
wendeten Figuren erkennt man die fremde übertragende oder umkehrende Hand.1

Anders gestalteten sich schon gegen Ende des 15. Jhdts. die Anforderungen bei größeren
und selbständig unternommenen Holzschnittarbeiten. Hier — und erst recht bei dem Stechen auf
der Platte, wo die schwierige, harte Modellierung mitsprach, spielte die mehr oder weniger aus-
geführte Kompositionszeichnung eine große Rolle, erstlich vom Standpunkt eines sicher zu
übertragenden Konturs und dann der darauffolgenden, oft haarscharfen plastischen Behandlung
der Einzelheiten. Weil sich indes der erstere leicht pausen ließ, letztere aber, wenn überhaupt,
nur höchst unvollkommen übertragbar war, bediente sich Dürer für die Modellierung der Stiche
gewissenhafter Vorstudien und Einzelzeichnungen. Eine für die Übertragung auf die Platte
vorbereitete, aber sonst nicht verwendete und daher unversehrt gebliebene Umrißzeichnung bildet
der Federriß in Windsor (L. 389) mit dem verkehrt gezeichneten Monogramm und den ebenso
geschriebenen Worten pupila augusta.2 Ein zweites ähnliches Beispiel einer gegensinnigen
Umrißzeichnung, die aber ihre Verwendung fand, ist der kleine Madonnenumriß zu B. 38 (heute
Sammlung Königs), der schon das Täfelchen und die verkehrte Jahrzahl 1520 enthält. Den Beweis
der richtigen Werkzeichnung geben die dünnen, automatisch gezogenen Konturen, ja selbst die

1 Roemer wies in seinen Untersuchungen auf die mehrfache Benützung und Übertragung hin, a. a. O.

2 Meder, Handzeichnung, S.353, 354.
 
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