Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Österreich / Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale [Hrsg.]
Mittheilungen der K.K. Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale — 17.1872

DOI Artikel:
Ilg, Albert: Ein altdeutscher Wandteppich von Schloss Strassburg in Kärnten
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.28009#0052
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
40

Ein altdeutscher Wandteppich von Schloss Strassburg
in Kärnten.

Von Albert Ilg.

(Mit einer Tafel.)

Der Gobelin hat eine Länge von 11 Fuss l1/, Zoll, eine Höhe von 2 Fuss 1V2 Zoll. An den
Rändern sind keine Rahmen, Bordüren oder Verbrämungen zu sehen, sondern laufen die Orna-
mente ohne weiteres frei aus. Der Grund ist ein tiefes Schwarz; über dasselbe zieht sich in sehr
dichter Anordnung ein detailreiches Rankenmuster, Zweige und zierliche Laubblätter, ganz in
Grün ausgeführt und in immer wiederkehrender, stylisirter Form. Es ist kein Zweifel, dass sie
den Wald andeuten sollen, in welchem die Waldmänner und die wilden Thiere ihren Aufenthalt
haben. Den ganzen Raum nehmen dann, von diesem grünen Pflanzengrunde abgehoben, die
Figuren von 4 Männern und 4 fabelhaften Thieren ein, jede der menschlichen Figuren 1 Fuss
11 Zoll hoch, so dass sie mit den Füssen beinahe unten an den äussersten Rand des Gewebes
reicht, über den Köpfen aber noch reichlich Platz lässt, damit die Schriftbänder angebracht
werden konnten, welche in sehr willkürlich gebrochenem Fluge, in vier Stücke getheilt, sich über
alle Figuren hinziehen, nur über dem letzten Thiere zur äussersten Rechten (vom Beschauer)
flattert kein Inschriftband mehr. Alle Gestalten stehen gerade nebeneinander, auf gleichem Niveau
in einer Reihe; die Thiere erreichen mit ihrer Kopfhöhe jene der menschlichen Gestalten.
Wir beginnen die Schilderung mit der ersten männlichen Figur zur Linken. Es ist ein nach
rechts gewendeter, mit dem linken, steif gehobenen Beine ausschreitender Jüngling, von zartem,
schier mädchenhaftem Aussehen , das er mit sämmtlichen übrigen Figuren gemein hat. Das
feine schmale Gesichtchen ist, wie gleichfalls alle anderen, bartlos, das Haupt bedeckt bei allen
lichtblondes gelbliches Haar. Die scharfrothen Lippen, grossen schwarzen Augen und das spitz
zulaufende Kinn erhöhen den Ausdruck des Weiblichen an der Gestalt. Oberkörper, Arme
und Beine umgibt ein von Flocken gebildetes Gewand, ein Zottelkleid, welches ebenfalls sämmt-
lichen Jünglingen gemeinschaftlich ist und nur in der Farbe und der Umgürtung wechselt. Die
erstere ist hier weiss; um die Mitte hat die Figur einen Kranz von rothen Brombeerzweigen mit
Laub und Früchten, ein Kranz derselben Art liegt auf ihren Locken. Die Füsse sind immer
nackt, in den erhobenen Händen aber hält der erste der Waldmänner Geissein, deren Griffe roth
sind. Die im Folgenden mitgetheilte Inschrift erstreckt sich über dieser Figur bis zum Worte:
„beliben“, wo auch die erste Bandrolle abschliesst. Zwischen dieser und der folgenden Gestalt
 
Annotationen