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Österreich / Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale [Editor]
Mittheilungen der K.K. Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale — 17.1872

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Sacken, Eduard von: Ein gothisches Vortragekreuz in der k. k. Ambraser Sammlung
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https://doi.org/10.11588/diglit.28009#0130
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106

Ein gothisches Vortragekreuz in der k. k. Ambraser
Sammlung.
Von Eduard Freiherrn von Sacken.

(Mit einer Tafel und 3 Holzschnitten.)

Die ans edlen Metallen verfertigten Kreuze fanden bekanntlich im Mittelalter eine dreifache
liturgische Verwendung: als Altarkreuz, das, auf den Altartisch gestellt (seit dem XII. Jahrhun-
dert) oder auf dem Retabulum angebracht, nie fehlen durfte, sodann zur Verehrung’, meist Reli-
quien, besonders eine Partikel vom heiligen Kreuze enthaltend. Solche, oft von bedeutender
Grösse, standen in ältester Zeit bisweilen frei in der Kirche l, die meisten aber wurden in den
Schatzkammern aufbewahrt und nur bei feierlichen Anlässen ausgestellt oder als Pacificalia zum
Küssen dargereicht. Von dieser Art sind, um nur einige Beispiele anzuführen, das zu den Klein-
odien des heiligen römischen Reiches gehörige, für den Speer Christi und die Kreuzpartikel
bestimmte Reichskreuz von Konrad II., die aus dem X. und XI. Jahrhundert herrührenden
Prachtkreuze im Stiftsschatze von Essen 2, das prachtvolle Kreuz Otakar’s von Böhmen im Dome
zu Regensburg 3, das goldene Melkerkreuz von Rudolph IV. 4, das mit Cameen besetzte im Prager
Domschatze °, das goldene Vorsatzkreuz in Gran 6 u. a.
Die dritte, sehr allgemeine Verwendung ist die als Vortrage- oder Processions-Kreuz, als das
königliche und Triumph-Zeichen Christi und der Kirche 7. In der romanischen Epoche waren die
kostbaren aus Holz, mit Goldblech überzogen, wohl auch nur aus Gold getrieben und in Ver-
bindung mit Krystall, weit häufiger aber sind die von getriebenem Kupfer und vergoldet8. Sie
1 So die beiden 72 und 52 Pfund schweren goldenen Kreuze, die Leo III. um 800 in die Peterskirche stiftete, von denen
das erste im Schiffe der Kirche stand, das zweite vor dem Hochaltäre. Dann das „Benna“ benannte colossale Keliquienkreuz
im Dome von Mainz, mit 600 Pfund Gold.
2 Ernst aus’m [Werth, Kunstdenkmäler des christlichen Mittelalters in den Rheinlanden II, Taf. 24—26.
3 Jakob, Die Kunst im Dienste der Kirche, Taf. IX, 10.
4 Mittheil. XIV, 59.
5 Mittheil. XIV, 27. Das Schatzverzeichniss vom Jahre 1387 führt drei goldene Reliquenkreuze auf und ein silbervergol-
detes —, Mittheil. IV, 271.
6 Jahrbuch d. Centr. Comm. III, 136.
1 „Crux quasi regale vexillum et triumphale signum in processionibus praemittitur“, Durandus, Rat. IV, c. 6, n. 18.
8 Bisweilen wurden die cruces processionales auch, auf ein Postament gestellt, als Altarkreuze verwendet; solche haben
statt der Hülse unten einen Dorn. Dies ist der Fall bei dem Lotharkreuze aus dem XI. Jahrhundert im Schatze zu Aachen,
einem romanischen Kreuze in Köln (Bock, Das heil. Köln Nr. 35) und dem der Kirche Maria Lyskirchen daselbst (Katalog
des erzbischöfl. Museums 1855, Nr. 21).
 
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