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Meggendorfers humoristische Blätter: Zeitschr. für Humor u. Kunst — 25.1896 (Nr. 275-287)

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https://doi.org/10.11588/diglit.16563#0014
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e g ge nd o rfe r s L) u 1N o ri sl i s ch e Blätter.

sO



denklichen Zciten nicht gelnftoien Zimmer driickte
ichn rmf den Kepf, das Gefiihl der Unsicherheit mar-
terte ihn, nnd dazn kam ein grenzenlases ver-
langcn nach Ruhe, eine nnwiderstelsiiche tNiidigkeit.
Schon hall> im Schlaf verschlos; er ringsnm alle
Thiiren, nberzengte ftch, daß die Fenster ver-
riegelt waren, dachte noch daran, seine Uhr nnd
sein Portemonnaie sorglich zu versteckon und legte
sich dann ins Bett. Die Stiefel stellte er neben
sich, um sie im Notfall als wurfgeschosse zu ver-
wenden. Nach siinf Minnten fuhr or wieder aus
einem Lngstlichen Traume auf. Lr setzte sich hoch

im Leite. !l)as war das? Bewegte sich nicht etwas dort hinter der Gardine
in der Fensternische? lveiß Gott — nnd da hatte er schon einen Stiefel
ergriffen nnd mit aller lvucht in jene Tcke geschlendcrt. Lin lautes Ulirren
antwortete ihm von dort. — „Auch das noch l" senfzte er. Dann fiel er
wieder zuriick anf sein Uissen.

Als er zum zweiten Ukale erwachte, war es heller Tag. Gewohnhcits-
maßig griff er nach seiner Uhr. Sie war nicht da. — „Nanu?" Tr sprang
aus dem Bett nnd nntersuchte sein Beinkleid. 2luch das jdortcmonnaio war
fort. „Also dochl" rief er wiitcnd. „Doch bcstohlenl" — Dann besann er
sich, daß er boides versteckt hatte. Aber wo? Lr setzte sich nieder, um zu
iiberlegen; er konnte sich nicht entsinnon. §r sprang wieder anf, um das
ganze Zimmer zu durchsuchen; er konnte nichts finden. Als er verzweifelnd
seine Bemiihnngen einstellto, xolterte es an der Tlfiire. Der Lsausknecht
verlangte die Stiefel, um sie zu wichsen. — „Iawolfi," gab er zur Antwort.
Abcr es war nnr einer vorhandon. „Ach sol" fuhr cs ihm dnrch den Uopf.
Er eilte ans Fenstcr. Ach du liebo Giitel Line große Scheibe war zer-
triimmcrt und der Stiefel vcrschwnnden. Der mnßte anf die Straße geflogen
sein. Lr lfielt sich an der Gardine, nm nicht umzusinken. Im selben Augen-
blick fiol ihm ein schwerer Gegcnstand mit leisem Ulingen auf den Aoxf,
daß cr in die Aniee knickte. Ls war sein jdortemonnaie. U)o kam das
her? Lr schante in die lsöhe. Richtigl er war gestern abend auf den Stnlfi
gestiegen, als er sein Gcld rcrstcckte. Das Uersteck war wirklich gut ge-
wese», zn gnt. Gben anf dem Gardinensims hatte er das portemonnaic
nntorgebracht. Gb die Uhr auch da oben war? Lr stieg lfinauf, der
Sims war leer. Er suchte noch das andere Fenster ab, ohne Lrfolg. Der
lsansknecht wnrde nngcdnldig. Lrdmann schickte ihn lfinunter auf die Siraße,
nm nach dom verlorenen Stiefel zn sehen. Nach wenigen Uunnten kam er
znriick, ohne Stiefcl. Der hatte jedcnfalls einen Liebhaber gefunden.

(Schluß folgt.)

Ahuungsvoll'.

' ermahne ich das Pnbliknm,

sich jedes lseiterkeitsausbruches zu cnthaltonl"

Redaktion: Riax Bchreiber. Druck und Derlag von j). F. Bchreiber, beide in Lßlingen bei stuttgart.

Gefchäftsstelle in München: CorneliuostraHe lS.
 
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