M e g g en d o r fe r s Humoristische Blätter.
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chedenken.
du schöne, wunderbare
Zeit der Iugend und des Scherzens,
V ihr Lebenslenzesjahre,
Gold'ne Zeit des Menschenherzens;
Wo nms bsaupt von Mutterhänden
Blumen wurden uns gewunden,
Uns gestreut, daß wir sie sänden
Auf dem Meg zu allen Stunden —
Du bist's, die in hoffnungslosen,
Spätern Herbst- und lvintertagen,
wenn's das Schicksal will, statt Rosen
Leichter läßt uns Dornen tragen!
Zie Uaturgesehe.
ph^stkalisch-maihcmalisch-alkoholisch-hydraiischc tzumoreske von Lriedrich Thieme.
ff?^er Professor der phz>stk Or. Aubikreiter lebte ausschließlich seiner erhabenen
wissenschaft. Nichts interessierte ihn, was sich nicht mit ihren Gesetzen in
Iusammenhang bringen ließ. Seine Freunde sagten ihm sogar nach, er habe seine
Frau nur wegen ihrer streng nach mathematischen
Grundsähen gebauten Nase zum Altar geführt und
an ihrem Körper befände sich keine einzige krumme
Linie.
Der Professor war ein sehr solider Lserr. Zuweilen
ging sr aber doch einmal in den Alub und dann kam
es — wenn auch selten — vor, daß er sich ü eonto
seiner sonstigen Solidität mit etwas mehr komment-
mäßigen Stoff regalierte, als für die Lrhaltung seines
mathematischen Gleichgewichts zuträglich war. Die
Studenten meinten dann, der professor habe sich,
nm keiner Materie seiner Mssenschaft sremd zu
bleiben, auf die „schiefe Lbene" bcgeben und
mit Aufbietung aller Kräfte den „Schwer-
punkt" gesucht.
Eines Abends kehrte er als Schwer-
punktsforscher in scine friedliche Behausung
zurück. Seine Gattin richtetc ihre ecken-
reiche Gestalt zornig im Bette cmpor, so
daß sie in ihrem weißen Nachtgewande
wie der Geist eines Kleiderständers aussah.
„Du hast zu viel getrunken," rief sie
dem hereinpolternden Gemahl gereizt ent-
gegen.
„Lntschuldige, liebe Selma," erwiderte
der Prosessor mit schwerer Zunge, „daran
ist die Leichtffüssigkeit des famosen Pil-
sener schuld. Auf der welt richtet sich
alles nach ewigen Naturgesetzen. Du
mußt wissen, mein Kind, daß Flllssig-
keiten Körper sind, deren Mole-
küle sich iin stabilen Gleichgewicht
befinden. Bei ihnen geht die
schwingende Bewegung der Mole-
küle fortwährend in fortschreitende
Bewegung über und die Leb haft ig-
kcit dor letzteren ist e.s, welche die.
Leichtflüssigkeit dewirkt. Diese
nun —"
„Unsinnl" rief seine Gattin. „Mach,
daß Du in die Falle koinmst!"
„Das ist kein Unsinn, Liebe, das ist
— ein — ein -— Natnrgesetz l"
„Ach was, Naturgesetz! Du tainnelst
ja wie ein kranker Moxs, kannst nicht
'mal den geraden U)eg zum Bette findenl"
„Ah mein bserz, das ist nicht mehr
als natürlich: Nach dein ersten großen
Keppler'schen Gesetz bewegen sich
die Planeten in Lllipsen, in deren
einem Brennpunkte die Sonne steht.
Die Sonne bift in diesem Falle Du."
„Larifari
„Durchaus nicht, holdes weib. Die
krummen Bahnen der Körxer las-
sen sich nur durch einc die gerad-
linige Bewegung unausgesetzt
störende Kraft erklären."
Indem der Professor das sagte, versuchte
er seine Stiefel auszuziehen und fiel der
Länge nqch zu Boden.
„Da liegst Du richtig," räsonnierte
Selma. „Das dachte ich mir."
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chedenken.
du schöne, wunderbare
Zeit der Iugend und des Scherzens,
V ihr Lebenslenzesjahre,
Gold'ne Zeit des Menschenherzens;
Wo nms bsaupt von Mutterhänden
Blumen wurden uns gewunden,
Uns gestreut, daß wir sie sänden
Auf dem Meg zu allen Stunden —
Du bist's, die in hoffnungslosen,
Spätern Herbst- und lvintertagen,
wenn's das Schicksal will, statt Rosen
Leichter läßt uns Dornen tragen!
Zie Uaturgesehe.
ph^stkalisch-maihcmalisch-alkoholisch-hydraiischc tzumoreske von Lriedrich Thieme.
ff?^er Professor der phz>stk Or. Aubikreiter lebte ausschließlich seiner erhabenen
wissenschaft. Nichts interessierte ihn, was sich nicht mit ihren Gesetzen in
Iusammenhang bringen ließ. Seine Freunde sagten ihm sogar nach, er habe seine
Frau nur wegen ihrer streng nach mathematischen
Grundsähen gebauten Nase zum Altar geführt und
an ihrem Körper befände sich keine einzige krumme
Linie.
Der Professor war ein sehr solider Lserr. Zuweilen
ging sr aber doch einmal in den Alub und dann kam
es — wenn auch selten — vor, daß er sich ü eonto
seiner sonstigen Solidität mit etwas mehr komment-
mäßigen Stoff regalierte, als für die Lrhaltung seines
mathematischen Gleichgewichts zuträglich war. Die
Studenten meinten dann, der professor habe sich,
nm keiner Materie seiner Mssenschaft sremd zu
bleiben, auf die „schiefe Lbene" bcgeben und
mit Aufbietung aller Kräfte den „Schwer-
punkt" gesucht.
Eines Abends kehrte er als Schwer-
punktsforscher in scine friedliche Behausung
zurück. Seine Gattin richtetc ihre ecken-
reiche Gestalt zornig im Bette cmpor, so
daß sie in ihrem weißen Nachtgewande
wie der Geist eines Kleiderständers aussah.
„Du hast zu viel getrunken," rief sie
dem hereinpolternden Gemahl gereizt ent-
gegen.
„Lntschuldige, liebe Selma," erwiderte
der Prosessor mit schwerer Zunge, „daran
ist die Leichtffüssigkeit des famosen Pil-
sener schuld. Auf der welt richtet sich
alles nach ewigen Naturgesetzen. Du
mußt wissen, mein Kind, daß Flllssig-
keiten Körper sind, deren Mole-
küle sich iin stabilen Gleichgewicht
befinden. Bei ihnen geht die
schwingende Bewegung der Mole-
küle fortwährend in fortschreitende
Bewegung über und die Leb haft ig-
kcit dor letzteren ist e.s, welche die.
Leichtflüssigkeit dewirkt. Diese
nun —"
„Unsinnl" rief seine Gattin. „Mach,
daß Du in die Falle koinmst!"
„Das ist kein Unsinn, Liebe, das ist
— ein — ein -— Natnrgesetz l"
„Ach was, Naturgesetz! Du tainnelst
ja wie ein kranker Moxs, kannst nicht
'mal den geraden U)eg zum Bette findenl"
„Ah mein bserz, das ist nicht mehr
als natürlich: Nach dein ersten großen
Keppler'schen Gesetz bewegen sich
die Planeten in Lllipsen, in deren
einem Brennpunkte die Sonne steht.
Die Sonne bift in diesem Falle Du."
„Larifari
„Durchaus nicht, holdes weib. Die
krummen Bahnen der Körxer las-
sen sich nur durch einc die gerad-
linige Bewegung unausgesetzt
störende Kraft erklären."
Indem der Professor das sagte, versuchte
er seine Stiefel auszuziehen und fiel der
Länge nqch zu Boden.
„Da liegst Du richtig," räsonnierte
Selma. „Das dachte ich mir."