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Meggendorfers humoristische Blätter: Zeitschr. für Humor u. Kunst — 25.1896 (Nr. 275-287)

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https://doi.org/10.11588/diglit.16563#0073
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e g g e n d o r f c r s L) u m o r i st i s ch e Btälter.

69

Unfain.

^^ailich ging ich hin zur Schenke,

^ Ivo nron kriegt den Main vom Rhoin;
Vllcs lobte dos Getrönke,

Vlles sogtc: „Dcr is fainl"

Schwoben haben innner G'radc,

Wos der Ungor findct dumm:

U)ie ich aus dcr Sche>rke treic,
jdackt urich Schwindel, soll ich uurl

Lbbatäl So lfingcrisscn
lsätt' mich nic ain Ungarwain

Und den Rock totol zerrisseu-

tsätl Und so was nennt mou sainl

Die famole Arunpföeuge.

Humoreske von hugo Marotzke. f^chluß.)

^^>fannkuchen! Lr fiatte ihnen von allen Auchenarten stets den
vorzug gegeben. Und dicses waren selten prächtige Lxem-
plare, die da gleichsam cin neckischer Aobold iu Doppclgliedern
vor seiner Nase hatte aufmarschieren lassen, so nah — ach,
»nd doch so fern.

„Streeeeckt!" lautete das nächste Aommando, langsam
zögernd ging der Aorpus aus der Kniebeuge in die lsöhe, und
der Blick blieb unten haften, wie gebannt.

„Rumpf vorwärts beu—eu—eugt!"

Drillkopp schaute von seincn Rauchwolken zuscillig nach dem
Fusilier hin; merkwürdig, wic leicht, wie geschmeidig derselbe
die Rumpfbeuge ausführte. kvenn es dcr perr tsauptmann
uur sähe, er würde ficherlich zufrieden sein. Der ahnungslose

tserr Aorporal, er konnte ihn von seinem entfernten Sitze ja
nicht erblicken, den Utagneten dort auf der Bank.

In Rasemanns Aopf wirbelten die Gedanken wirr durch-
eiuander. Da stand er nun, mit dem Gesichte dicht über dic
pfannkuchen gebeugt — stärkcr, unwiderstehlicher umkoste das
süße Aroma sein Geruchsorgan, verführerischer leuchtetc dcr
weiße Zuckerguß vor seinen in lüsternein verlangen sast aus
den ksöhlen hcrvorquellenden Augen.

Vualen des Tantalus, hier lernte er sie kennen, und die
prächtigen Lrzeugnisse aus Teigklumps Uleisterhand, sie wichen
nicht in unerreichbare Fernen zuriickl Und Füsilier Gottlieb
Rasemann war kein Fheros, wielange wiirdo er widorstehen
können?

Noch beherrschte er sich, noch kämpfte er gegcn die vcr-
suchnng und instinktiv suchtc er dcn Aopf aus der gcfährlicheu
Nähe zu cntfernen — die einzige Rettung.

Da tönte es aus dem ksintergrunde herüber:

„Tiefer beugen — tiefer — noch tiefcrl"

Langsam neigte sich Rasemanns Aopf von neuem wieder
— jetzt stießen die Lippen auf kviderstand mit beranschcn-
der Gewalt dnrchprickelte ihn des Zuckers Süßc — da öffnctc
sich der Mund, wcit und breit; leises, leises Anistern und
Schnalzen — die nächste Sekunde sah in der eben noch dicht-
geschlossenen pfannkuchensektion eine klaffcnde Lücke.

Einen ganzen pfannkuchen mit einemmale in seincu
klkund verschwinden zu lassen — dcin Füsilier Gottlieb Rasc-
inann war's stets eine Aleinigkeit gewosen. Allerdings hatte
er sich dabei sonst noch dcr ksände bedient, allein nun er die-
selben vorschriftsmäßig in dic ksüften gestemmt halten mußte,
gings auch so.

kvie famos man doch ohne die genannten zchnfingerigen
' kvcrkzcuge solchen Pfannkuchen fassen konntel

Aorporal Drillkopp ließ noch oft das „Rumpf-vorwärtsbeugt"
ausfiihren, und jedcsmal freute er fich über die Gcschmeidigkeit,
mit welcher Rasemann dic kkebung zu Stande brachtc — uud
jcdesmal vergrößerte sich die Lückc auf der Lank dort hinten
an der kvand.

Später, beim gemeinschaftlichen Abendessen wunderten sich
die Aameraden über Rasemann nicht wenig; er, dcr sonst stets
den größten ksunger gehabt, zeigte einc auffallende Appctit-
losigkeit.

Am andern kNorgen — es war Sonn- und Ruhetag —
hatte sich Aorporal Drillkopp cben erst vom Lager erhobon, als
cinc Grdonnanz ins Zimmer trat. kknteroffizier Drillkopp und
Füsilier Rasemann sollten sofort vor dem kserrn ksauptmann
erscheinen.

„Gott soi Dank," murmelte DriUkopp mit einem Seufzer
dcr Lrlösung, „der ,AIte' scheint sich endlich aus das verwünschte
Nachexerzieren besonnen zu habcn."

Aber scinc sreudige Stimmung sank rapid, als cr wenige
kkkinnten später in des Aompagniechefs Gcsicht schaute. Diese
diisterc Glut in den Augen, diese geröteten kvangen — o, o -
Drillkopp wußte, was das zu bedeuten hattc.

Beim Eintritte glaubte er übrigens den Bäckerjungen seines
Vuartierwirtes durch eine andere Thür verschwinden zu sehen,
richtig! Da stand auch schon der Teller mit Pfannkuchen auf
dem Tische. Lange darüber nachzusinnen fand Drillkopp in-
dessen keine Zeit.

„Iknteroffizier, was bekommt man für Sachen zu hören?!
Nicht für mögiich möchte ich's halten. Bestelle ich mir gestern
extra mein Lieblingsgebäck, eine portion guter jkfannkuchcn sür
den Sonntag und nun teilt Meister Teigklump mit, daß fast
die kjälfte davon gestern Abend verschwunden ist und läßt da-
bei durchblicken, daß sein verdacht sich gegen zivei meiner Leute
 
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