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Meggendorfers humoristische Blätter: Zeitschr. für Humor u. Kunst — 25.1896 (Nr. 275-287)

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https://doi.org/10.11588/diglit.16563#0116
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Meggendorfers Humoristische Blätter

N2

„2ie haben doch Ihr Skizzenbnch mitgenonnnen, therr Fried-
sam? 5ie finden obcn prächtige Anslese," mcinte ich zn ihm.
— „V nein, ich bin Portraitinaler." — „Schöne Gegend,"
brnininte ich nngchaltcn; „herrlich" antwortcte er init entziick»
tem Augenaufschlag, iin vollen Mißverstand ineines Ausrufs.
Glcichviel, dachte ich inir, dics Läniinchen will ich inir schon
voni tsalsc schaffen. Lndlich waren wir an dcr Spitzc. Nach-
deni wir dcn schönen Fernblick entsprechcnd gewiirdigt hatten,
rnnzelte Lary, die schr vormöhnt ist, ihrc schöne Stirn: „Aber
hicr ist ja kcine Rostauration und ich bin ricsig hungrig und
durstig."

„Nnr cin wenig Geduld, nicine Gnädigste," schninnzclte ich,
„ich habe ein Tischlein deck' dich." Da war auch schon wiedcr
Sonnenscheiii auf ihrcn lioblichen Nienen. Und nnn kani das
Ilngliick niit Riescnschritten. Pnnkt Uhr kenchtc dcr Aellner
niit eincni großen Korb heran; wir hatten nns inzwischen in
der reblattbnniraiikten Laube rccht bcqiieni geniacht nnd war-
teten niit Sehnsncht auf die Nalzeit. Grinsend packte der Un»
gliicksnicnsch droi Flaschen aus und stellte sie auf den Tisch.
„Und das Uiittagcssen?" — „Solches hat niir der kferr nicht
niitgegebcn; die Fran wollte anch den Mein nur niit deni Gais-
bubcn schicken, aber der U)irt ineinte, Sie hätten cigens ge-
schriebcn, inan soll den Bnrgnnder niit einein anständigen Diener
schickcn nnd so hab' ich selbst koinnien iniissen." Tableaul Ich
war wie vcrzweifelt, Lac^> inachte ein allerlicbstes Schmollmäul-
chen und nur der Mindhnnd blieb gleichniiitig. „Pardon, nieine
lferrschaften," nicinte ich endlich, „ich will das fehlende sofort
heraufschaffen lassen," nnd ohno meiter nachzndenken stnrmtc
ich anf der andern Seite des Berges niit deni Aellner hinnnlcr.
Das war eine Tour, ein wcg wollt' ich sagenl Glühende
Ukittagshitzc, kein Tropfen Schatten nnd die Blamage l Line
halbe Stunde hinab, Sturm in der Wirtshauskiiche, eiliges
Packen von kalteni Geslngel und dergl. nnd dann wieder im
Stnrnischritt hinanfl Und als ich mich ahnungslos der Laube
nähorc — sitzt meine Lacy ganz knapp neben deni Ukaler und
hat ihre weißen Armc um seincn Schwancnhals — darauf

Perwirrnng, heißes Lrrötcn, Uorstellung als verlobte;-

den Rest könnt Ihr Tuch denken."

Der Assessor hielt erschöpft inne.

„Aber Dn sagtest ja, er wäre so schüchtern," fragte nian
aus der Rnnde.

„Der Aerl hat sich ja an nieinem Burgundcr Lourage an-
getrunken," meinte Gallen wiitend.

Die schallende kfeiterkeit, die sich darauf entlud, ließ es
unserni Assessor fast leid thun, daß er seine Aameraden in die
Geschichtc cingcmciht hatte nnd nni ihn zu trösten, ließ man
ein paar Flaschen Burgunder anfahren, die ihm gar bald dic
Sorgen verschenchten.

Und nach ein paar Stundcn war die Sitnation völlig ver-
ändert. Lauter Gesang und heiteres Lachen tönte auf der
veranda und der Assessor stand mit seliger Ukiene auf einem
Stuhl und hielt in wnnderlichen, fremdklingenden Wendungen
einen feurigcn Toast, der in dem nagelneuen 5chluß austönte:
„Lhret die Franen, sie flechten und weben himmlische Rosen
ins irdische Leben l" Ernft Jekelins.

Derschnappt.

Gast: „Sie kserr N?irt — ich habe in dem bsasenbraten eine
ganze Ukenge Schrotkörner gefunden l"
wirt: „Unbegreiflich, ich hab'das vieh doch selbst derschlag'n l"

Vor Äericht.

„ivie alt sind Sic, Angeklagte?"

„Mie viel Sie halt selber glanben, denn mir glauben
Sie ja doch nichtsl"

Vier Liebchen.

ls mich mein erstes Lieb' vcrstoßen,

Da frug ich bange: „Ist's dcnn wahr?

Ist's nnn zu Ende mit dem Roscn,

Uknß scheiden ich anf immerdar? —

Snsi — m u ß i'?"

Beim zweiten Liebchen, das gewiesen
Ulir barsch die Thiir', brach fast moin kserz:

„lveh', Dcine Riisse, die so siißen,

Soll nieiden ich, welch' herber Schmerzl —

Nani — kann i'?"

Und, achl cin drittes hat's gcgcben,

Das grollend mir die Ivegc wics —

Ich dacht' es koste mir das Lcben,

Als ich die worte von mir stieß:

„Toni — schon mi'I"

Doch jetzt, jetzt kam fiir mich die Rache
Fiir dies abrveisende Geschlecht,

Lin viertesmal macht' ich der Sache
Lin Lnd, Falschheit straft ich gerecht:

„Resi — geh' sie!"

iKosbaft.

A. : „Nnn wie gefällt Ihnen die Sängerin?"

B. : „Jch weiß immcr noch nicht, macht sie Reklame fiir ein

Gnrgelwasser oder fiir ein Zahnpastal"

Nuch eine Nusrede.

Lin vater besucht seinen Sohn, der in der Residenz studiert,
zeitig friih unverhofft nnd findet ihn schwer betrunken am
Boden zwischen den Büchern der umgeworfenen Bibliothek liegen.
„Ia," meint er zn ihm „was machst denn Dn da?"

„Ach, Papa," erwidert lallend der Sohn, „ich bin beim
Studieren eingeschlafenl"

Redaktion: Ukax Schreiber. Druck und Verlag von I. F. Schreiber, beide in Lßlingen bei Stuttgart.

Grschäflsstelle in München: Corneliusstrsste l9.
 
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