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Meggendorfers humoristische Blätter: Zeitschr. für Humor u. Kunst — 25.1896 (Nr. 275-287)

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https://doi.org/10.11588/diglit.16563#0129
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Neggendorfers Humoristische Blätter.

125

Anr straßenram.

ch saß im Gras a»l Straßenrain;
ksell lag das Land ini Sonnenschein.

Ein Bursche zog die Straß' entlang
Und diister tönte sein Gesang:

„B falsche Lieb', o schlechte Lieb',

Die lnich von bsaus und Heiinat trieb,
N?ie hast Du mich berücketl"

Ich saß im Gras am Straßenrain,

6ell lag das Land im Sonnenschein.

Lin andrer zog die Straß' entlang
Lr schwenkt' den ksut und sang und sang:
„V holde Lreb', o süße Lieb',

Die treu dem treuen bserzen blieb,

Mie bast Du mich beglücketl"

Ich saß ini Gras am Straßenrain,

T>a sprach zu mir ein Vögelein:

„Die Lieb' ist gut, die Tieb' ist schlecht,
6at dieser, hat der andre recht,

Sprich, weißt Du 's noch?"

Und ich daraus: „Vb Lust, ob pein,
Das weiß' ich nicht, ich weiß allein:
,Ich liebe dochl' —"

Ier erste Ärfotg.

V^aul Grünecke, Landschastsmaler mit und oßne lo

hatte aus der letzten „Internationalen" seinen ersten ^
folg erzielt, und damit, wie er selbst sagte, seinen Rupm e
gründet. wenn nun auch boshaste Rollegen betzaupteten, atz

an ihm jenes populäre Sprüch-
wort von dem vom Schicksal be-
vorzugten Bauern zur lvatzlcheit
würde, so war es doch nicht zu
leugnen, er hatte es in relativ
durzer Zeit zu etwas gebracht.

Grünecke getzärte der Land-
schafter - Schule einer mittel-
deutschen Runststadt an. Die
>folge einer beimlichen Liebe
Mochte es sein, daß sich sein
btrebcn frühzeitig auf das
»Fertige" richtete. !vas er auch
»'alte, ein Bild oder Bildchen
machte er draus. Dasür tzieß
er auch der „Bildermacher" —
unter Rollegen. Rasimen konnte
er sich leisten, denn er hatte die
Rkittel dazu.

So war es isim schon nach
wenigen ^sahren des Studiums
möglich, erstmalig ein reiseres
Äild: „Landschaft am Abend"

— niederträchtige Kollegen nannten er „Rasimen »nt Land-
schaft" — nach der großen Ansstellung in der Landcshauptstadt
senden zu können.

war die unbeanstandete Aufnabme Sieses Bildes schlietz-

Ansrede.

lich eine Folge fleißigen Strebens, so war es doch entschiedenes
Glück, daß dieses selbe Bild nach kaum einmonatlicher Lr-
öffnung der Ausstellung „verkauft" wurde. verkanst zn dem
gesorderten preise von !Nark. Grünecke war geneigt zu

zweifeln. Aber da lag es ja

Vberfärster tder -in-n Schuß „ör, und gle.ch daraut zwei wildschützen
eriaxpil: „6alt, ihr Kerle, was treibt iffr denn da?"
wildschüg: „Lntschnldigen — Berr Gberförster — wir —
wir — ffaben uns duelliert."

vor ihm, das bedeuttingsvolle
Telegramm. verkauftl Vffne
kandeln? I Schüchtern batte er
seiner Zeit dicsen Preis ange-
setzt, in der sicheren vorans-
setznng, daß er so viel nie be-
konimen werde. Rnn war's
aber dochl Tr war also ge-
macht?! INoderner INcister, —
berüffmter Name und was alles
jubelte es iffm in iibersprudeln-
der Freude durch den Nopf.

Natürlich ein Telegramm
an die Lltern. Dann zur Ge-
liebten; zur keimlichen. Ietzt
wolltc er sich aber verloben.
lNochten die Lltern einwenden,
was sie wollten; er hatte jeht
einen Namen — — und er
verlobte sich. Die Lltern
waren dagegen, doch es ffalf
nichts mekr, es war gemacht.
Die Rollegen bekamen ein Festessen.

Ls war Spätffcrbst. Grüneckc war den Sommer iiber ge-
reist. In der Ausstellung war er auch gewesen. <Lr ffatte es
selbst gelesen, das schwerwiegende „verkauft." — Dann ffatte
 
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