schenkt. Auch ich hab manchen Besitz — alles gehört dir
wenn du meine Liebe erwiderst. Ach was red ich denn, wohin
bin ich geraten. Ich bitte ja nicht darum, daß du liebst, sondern
dirs gefallen lässest, daß man dich liebt. Wenn ich dies von dei-
ner Huld erlange, bin ich schon glücklich. Schreib mir deinen
Entschluß und lebe recht wohl, mein Seelchen, meine Lust,
mein Herzchen. Datum.
[20] AN GORO LOLLI IN SIENA (ST. VEIT, 15. JÄNNER 1444)
Über den Venusberg in Italien. Über seinen kleinen Sohn
Enea Silvio, Dichter und kaiserlicher Sekretär, grüßt herz-
lichst Gregorius, Rechtsgelehrten, seinen lieben Bruder.
Der Überbringer dieses Briefes kam eben zu mir, um mich zu
fragen, ob ich den Venusberg in Italien wüßte, denn dort soll die
Kunst der Zauberei gelehrt werden. Sein Herr, ein Sachse und
ein sehr bedeutender Astronom, wollte sie nämlich sehr gerne er-
lernen. Ich erklärte, mir wäre Porto Venere bekannt, in der Nähe
von Spezia im ligurischen Gebirge, wo ich auf meiner Reise nach
Basel drei Nächte verbrachte. Außerdem weiß ich, daß in Sizilien
der Berg Herix der Venus geweiht ist, doch nicht, ob daselbst
auch Zauberei gelehrt wird. Im Laufe des Gesprächs aber fiel
mir noch eine Gegend in Umbrien, im Herzogtum Spoleto, ein,
nicht weit von der Stadt Norcia, wo eine große, von Wasser durch-
flossene Höhle in das Innere eines hohen Felssturzes führt. Dort,
erinnere ich mich, sollen sich Hexen, Gespenster und Dämonen
aufhalten, dort können beherzte Menschen Geister sehen, sie
anrufen und die Zauberkunst erlernen. Doch hab ichs nicht
selber gesehen und es auch nicht zu sehen verlangt, denn es ist
besser gar nicht zu wissen, was zu erlernen sündhaft ist. Der
Rechtsgelehrte Savino aber, der bei der Porta Camollia, bei den
Gasthöfen, wohnt, hat mir versichert, es wäre wahr, hat mir
den Ort genannt und beschrieben. Doch die Erinnerung daran
ist mir nicht besser geblieben als einem ein Aal in den Händen
bleibt. Darum bitte ich dich, wenn Savino noch lebt, diesen
Mann hier zu ihm zu führen und ihm denselben zu empfehlen.
98
wenn du meine Liebe erwiderst. Ach was red ich denn, wohin
bin ich geraten. Ich bitte ja nicht darum, daß du liebst, sondern
dirs gefallen lässest, daß man dich liebt. Wenn ich dies von dei-
ner Huld erlange, bin ich schon glücklich. Schreib mir deinen
Entschluß und lebe recht wohl, mein Seelchen, meine Lust,
mein Herzchen. Datum.
[20] AN GORO LOLLI IN SIENA (ST. VEIT, 15. JÄNNER 1444)
Über den Venusberg in Italien. Über seinen kleinen Sohn
Enea Silvio, Dichter und kaiserlicher Sekretär, grüßt herz-
lichst Gregorius, Rechtsgelehrten, seinen lieben Bruder.
Der Überbringer dieses Briefes kam eben zu mir, um mich zu
fragen, ob ich den Venusberg in Italien wüßte, denn dort soll die
Kunst der Zauberei gelehrt werden. Sein Herr, ein Sachse und
ein sehr bedeutender Astronom, wollte sie nämlich sehr gerne er-
lernen. Ich erklärte, mir wäre Porto Venere bekannt, in der Nähe
von Spezia im ligurischen Gebirge, wo ich auf meiner Reise nach
Basel drei Nächte verbrachte. Außerdem weiß ich, daß in Sizilien
der Berg Herix der Venus geweiht ist, doch nicht, ob daselbst
auch Zauberei gelehrt wird. Im Laufe des Gesprächs aber fiel
mir noch eine Gegend in Umbrien, im Herzogtum Spoleto, ein,
nicht weit von der Stadt Norcia, wo eine große, von Wasser durch-
flossene Höhle in das Innere eines hohen Felssturzes führt. Dort,
erinnere ich mich, sollen sich Hexen, Gespenster und Dämonen
aufhalten, dort können beherzte Menschen Geister sehen, sie
anrufen und die Zauberkunst erlernen. Doch hab ichs nicht
selber gesehen und es auch nicht zu sehen verlangt, denn es ist
besser gar nicht zu wissen, was zu erlernen sündhaft ist. Der
Rechtsgelehrte Savino aber, der bei der Porta Camollia, bei den
Gasthöfen, wohnt, hat mir versichert, es wäre wahr, hat mir
den Ort genannt und beschrieben. Doch die Erinnerung daran
ist mir nicht besser geblieben als einem ein Aal in den Händen
bleibt. Darum bitte ich dich, wenn Savino noch lebt, diesen
Mann hier zu ihm zu führen und ihm denselben zu empfehlen.
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