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Eine große Anzahl Studienblätter undBilder,
die sich erhalten haben, erzählen Böcklins künstlerisches
Werden. Sorgsam gemaltes Schilf mit treulicher Natur-
nachbildung, wurmzersressene Lattichblätter ließen eher
auf einen eingefleischten Naturalisten denn auf den größten
Phantasten des Jahrhunderts als Urheber schließen.
Hier ist er ganz der nüchterne, biedere Schweizer, der
zunächst die Natur durch Arbeit sich unterwirft, bis er es
wagt, seinen persönlichen Eindruck von ihr frei wiederzu-
geben. Aber eine Eigenschaft zeigen auch schon diese knaben-
haften Versuche: Sicherheit der Technik. Jeder Strich sitzt,
wo er hingehört.
Die ersten Bilder stammen nachweislich aus dem Jahre
1843. Wie sorgsam gezeichnet und liebevoll beobachtet ist
die Sonnenwirkung in dem St. Alb an stift, der
damaligen Wohnung der Eltern Böcklins! Dieselbe biedere
Auffassung zeigt auch sein erstes Bildnis, das seiner
Mutter (etwa 1845 entstanden). Zwar ist es noch hart
und hölzern gemalt — in den gleichzeitigen Landschafts-
bildern ist die Technik bereits flüffiger —, aber plastifch
und charakteristisch. Ähnliche Züge zeigt auch ein Jüng-
lingskopf mit gesenkten Augen, während ein Paar kleine
Figurenbilder mit landschaftlichem Hintergrund noch
ganz konventionell sind.
In der Landschaft tritt bald an die Stelle der Natur-
studie das Bild. Hier sehen wir von vornherein des Jüng-
lings Bestreben darauf gerichtet, Stimmung zu erwecken.
Die erste 1843 entstandene Landschaft stellt eine Fels-
schlucht dar, phantastisch vom Mondschein beleuchtet,
davor die dunkle Silhouette einiger Tannen. Alles mit
wenigen Tönen, mit schwarz, grün und weiß gemalt.
Böcklins Schwester erzählt die Entstehungsgeschichte des
Bildes. Der junge Maler liebte es, wenn seine neun
 
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