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Meurer, Moritz
Pflanzenformen: vorbildliche Beispiele zur Einführung in das ornamentale Studium der Pflanze; zum Gebrauche für Kunstgewerbe- und Bauschulen, Technische Hochschulen und höhere Unterrichtsanstalten sowie für Architekten und Kunsthandwerker — Dresden, 1895

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https://doi.org/10.11588/diglit.43158#0431
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Schaft demselben Zwecke dient. Ebenso wird durch das Alternieren der Quirlstände (siehe Text zu
der Abteilung Stengelteile) und noch mehr durch die Schraubenstellung der seitlichen Sprossen am
Stamme die unmittelbare Bedeckung der unteren Verzweigung des Stammes durch die nächst höhere
vermieden.
Die im Vorhergehenden kurz zusammengefassten Hauptpunkte der Pflanzengliederung und
Verzweigungserscheinungen können selbstverständlich nur ein allgemeines Schema geben, welches in
den einzelnen Fällen durch unzählige Abweichungen und mannigfache Komplikation der formgebenden
Wuchseigenschaften umgemodelt wird.
Alle, den Wuchs der Pflanze beeinflussenden Bedingungen: das Höhenwachstum und die Eigen-
schwere; die centrale und symmetrische Anordnung und die damit zusammenhängende Rund- und
Flachbildung der Verzweigung; die proportionellen Eigenschaften und das Wachstum der Einzelglieder
in Beziehung auf den Raum, sowie viele andere Wuchseigenschaften, die nicht sowohl morphologische
wie physiologische Bedeutung haben — alle diese Bedingungen erzeugen in ihrem Zusammen- und
Gegeneinanderwirken eine Mannigfaltigkeit der Erscheinungen im Pflanzenbau, welche keine einzelne
dieser Bedingungen in ihrer formalen Wirkung rein erkennen lassen. In dem Zusammenklingen dieser
verschiedenen Gestaltungsgesetze, die sich oft mehr ahnen als feststellen lassen, liegt aber gerade ein
wesentlicher Teil des Zaubers, den die Pflanzenwelt auf das Auge und Gemüt des sinnenden Betrachters
ausübt.
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Verzweigungsarten des Stengels. Die einfachste Verzweigungsart ist die seitliche, »mono-
podiale« (einfüssige). In diesem Falle trägt eine einfache Hauptachse sämtliche Verzweigungen: alle
Zweige haben ein gemeinsames »Fussstück« (vergl. Fig. i). Dem Monopodium in der Form häufig





gleich, aber in entwickelungsgeschichtlicher Beziehung davon verschieden ist das »Sympodium« (mehr-
füssige Verzweigung). Es kommt zu stände, indem (vergl. Fig. 2) die erstentstandene Stengelachse (1)
zu wachsen aufhört und einen »Tochterstengel« (2) erhält, welcher über den »Mutterstengel« hinaus-
wächst: ihn übergipfelt. Er drängt durch seine Entwickelung die Spitze des letzteren beiseite und
 
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