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Meurer, Moritz
Pflanzenformen: vorbildliche Beispiele zur Einführung in das ornamentale Studium der Pflanze; zum Gebrauche für Kunstgewerbe- und Bauschulen, Technische Hochschulen und höhere Unterrichtsanstalten sowie für Architekten und Kunsthandwerker — Dresden, 1895

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https://doi.org/10.11588/diglit.43158#0432
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bildet auf diese Weise die Fortsetzung des unteren Stückes: des Mutterstengels. Indem sich dieses
Wachstum in gleicher Weise fortsetzt, kann dadurch ein Schaft entstehen, welcher äusserlich dem ein-
füssigen gleicht, in der Entwickelung sich aber von diesem dadurch unterscheidet, dass er aus Stücken
(i, 2, 3, 4, 5 u. s. w.) »verschiedener Ordnung« gebildet wird.
Eine andere Verzweigungsart ist die »Dichotomie« (zweiteilige Verzweigung); sie
tritt auf, wenn der Scheitel der Hauptachse seine Wachstumsrichtung aufgiebt und sich gabelförmig in
zwei gleichwinklig divergierende neue Achsen teilt, welche der Hauptachse an Stärke nahe kommen.
Wenn dieselben gleiche Länge erreichen und sich in derselben Weise weiter verzweigen entsteht eine
regelmässige, gabelige Verzweigung (Fig. 3).
Gabelt sich immer nur der eine Zweig weiter, und zwar abwechselnd einmal der rechte, das
nächste Mal aber der linke (Fig. 4), oder teilt sich immer nur der auf der gleichen Seite stehende Zweig
(Fig. 5), so entsteht ein scheinbarer Hauptstengel, welcher in ersterem Falle aus gleichmässig nach
rechts und links geknickten Stengelstücken besteht, im letzteren aber eine, je nach der Verzweigungs-
zahl geknickte einseitige Kurve zeigt.
Für die regelmässige, gabelige Weiterverzweigung giebt ein Beispiel das Lycopodium
complanatum; für abwechselnde Gabelung die Aristolochia und für einseitige Gabelung die weiss-
wurzelige Maiblume. Die genannten Verzweigungssysteme können auch in einer Pflanze gemischt vor-
kommen: so gehen bisweilen einfüssige Verzweigungen in ihren Enden in Sympodien über.
Blütenstände. Die Anordnungen der Blütenstände sind so verschiedenartig und zum Teil so
zusammengesetzter und verwickelter Natur, dass hier nur auf die einfachsten Formen derselben auf-
merksam gemacht werden kann, im übrigen aber für ein eingehenderes Studium auf botanische Werke
verwiesen werden muss.
Die Bezeichnung »Blütenstand« hat zweierlei Bedeutung: Einmal versteht man darunter die
Anordnung der Blüte auf der Pflanze, ferner aber auch die »Vereinigung« von Blüten, welche von
einander nicht durch eigentliche Laubblätter getrennt sind. Man unterscheidet dabei zwischen: »Einzel-
bltiten« (wenn ein Stengel nur durch eine einzige Blüte beendet wird) und: Blütenvereinigungen
oder Blütenstände im engeren Sinne (wenn der blütentragende Spross sich verzweigt und jeder
Zweig eine Blüte oder weitere Verzweigungen mit Blüten trägt). Nach seiner Stellung ist der Blüten-
stand entweder endständig (auf dem Gipfel des Stengels stehend) oder achselständig (in der
Achsel eines Blattes d. i. an der Seite des Stengels entspringend).
Der Blütenstiel oder die Blütenachse ist das Stengelstück, auf dessen Spitze eine Blüte
steht: die Hauptachse derjenige Blütenstengel, von dem sich der Gesamtblütenstand abzweigt; je nach
der Weiterteilung der Blütenverzweigung sprechen wir von Achsen zweiter, dritter u. s. w. Ordnung.
Die Einzelblüte (vergl. Tafel 55) prägt sich am deutlichsten aus, wo sie entständig ist wie
bei der Tulpe; achselständige Einzelblüten kann es so viele an einer Stengelachse geben, als
dieselbe Blätter hat (siehe Akanthusbltite). Einzelblüten werden dieselben nur genannt, wenn sie
Deckblättern entspringen, als Blütenstand werden sie bezeichnet, wenn sie in den Achseln von
Laubblättern stehen.
 
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