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Meyer, Julius [Editor]; Nagler, Georg Kaspar [Oth.]
Allgemeines Künstler-Lexikon: unter Mitwirkung der namhaftesten Fachgelehrten des In- u. Auslandes (Band 2): Appiani - Domenico del Barbiere — Leipzig: Engelmann, 1878

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https://doi.org/10.11588/diglit.49923#0152
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Antonio Federighi

Antonio da Murano.

Johannes mit einem Feston farbiger Früchte«. —
Die erwähnte Terrakotta in der Kapelle am Pa-
lazzo de’ Diavoli ist ein Altarrelief, welches sonst
immer dem Cecco di Giorgio von Siena zuge-
schrieben wird, ebenso wie die vier Evange-
listen in S. Niccolö, dem heutigen Spedale de’
Pazzi. Von den Ornamenten jener Kapelle aus-
gehend, hat dann Milanesi auch diese Terracotta
für Antonio Federighi in Anspruch genommen.
Zum Schlüsse haben wir noch einer Anzahl
Skulpturen dieses Meisters zu gedenken. Mar-
morintarsien, wie er sie vor dem Portale von S.
Giovanni 1451 aus führte, hatte er wiederholt im
Innern des Domes zu machen. Im J. 1459 ver-
fertigte er die Geschichte von den beiden Blin-
den nach der bekannten Parabel im Matthaeus,
im J. 1473 die Befreiung von Betulia, 1475 die
sieben Lebensalter und 1481 bis 1482 die ery-
thräische Sibylle. Ob er auch nur zu einem ein-
zigen dieser Werke den Karton selber entworfen
hat, wissen wir nicht. Die Zeichnung zu der
Befreiung Betulia’s wird von dem Einen dem Ur-
bano von Cortona, von Anderen dem Matteo di
Giovanni zugeschrieben.
Die beiden Weihwasserbecken im Mittelschiff
des Domes von Siena hat Milanesi mit Recht als
Arbeiten Antonio’s geltend gemacht. Sie ent-
standen in den J. 1462 und 1463 und wurden irr-
thümlich dem Jacopo della Quercia beigelegt.
Eins derselben ist bei Nohl (Tagebuch p. 125)
abgebildet und zeigt auffallende Verwandtschaft
mit dem Weihwasserbecken zu Orvieto, das wir
ebendort p. 132 sehen. (Unger.) Das Piedestal
des Beckens zur rechten Hand in Siena ist antik,
das andere links hat aber Antonio gemeisselt;
Bode spricht mit Recht von den kräftig ausla-
ladenden Details, von dem klaren Aufbau des
Ganzen und nennt die figürliche Dekoration
phantasievoll und zum Theil phantastisch. Das
ist wol Antonio’s Art, und sehr verschieden da-
von sind die Ornamente an der Kapelle vor Porta
Camollia. Die ornamentirte Marmorbank, rechts
in der Loggia della Mercanzia, wurde von ihm
1464 gefertigt; auch sie ist sehr weit von jener
feinen, geistreichen und stilvollen Renaissance
entfernt, wie sie in Siena mit dem Anfänge des
16. Jahrh. auftrat.
Von 1445 bis zum J. 1482 konnten wir doku-
mentarisch die Thätigkeit Antonio’s verfolgen.
Am 5. Dez. 1473 schloss er nebst 7 anderen Sie-
nesen einen Gewerkvertrag mit 9 lombardischen
Meistern ab. Um das J. 1490 muss von ihm das
Schriftstück aufgesetzt sein, worin er behufs der
Besteuerung seinen Besitz angibt: im Stadttheil
Camollia hatte er ein Haus mit Garten, ausser-
dem vor Siena eine Vigne und zwei Grundstücke.
Bei den Gebrüdern Borghese hatte er seit lange
aber vergebens 226 Fiorini zu fordern. »Ich bin
im Dienste des Dombaues, so schreibt er, alt ge-
worden. 43 Jahre ging ich dahin, nun bin ich
von dort ausgeschlossen. Ich habe keinen Er-
werb, aber Familie und noch kleine unnütze

Kinder«. — Als Ventura di Giuliano 1505 Ober-
meister am Dome wurde, geschah dies ausdrück-
lich unter denselben Bedingungen wie bei dem
verstorbenen Antonio. Sollte dieser noch einmal
in hohen Jahren zu jenem Amte berufen gewe-
sen und dann kurz vor 1505 gestorben sein?
Für Schüler Antonio’s gelten Neroccio di Bar-
tolommeo , Giovanni di Stefano und vor allem
der sehr geschickte und kunstreiche Lorenzo di
Mariano, genannt il Manina.
s. Milanesi, Documenti Senesi. I. 126. II. 223.
266. 270. 308. 309. 310. 311. 321. 323. 325.
340. 344. 374 377. 378. 436. 437. III. 27. —
Siena e il suo territorio, 1862, an vielen Stel-
len. — Vasari, ed. Le Monnier. III. 82. IV.
207 n. 3. 211 n. 3. V. 284. n. 1. XI. 163. —
W. Bode in: Jahrbücher für Kunstwissenschaft.
V. 33. — Luzi, Duomo di Orvieto. p. 443 fg.
■—■ Crowe and Cavalcaselle, Hist, of
Painting in Italy. III. 59. 63. 319. — Per-
kins, Tuscan Sculptors. I. 112. (Dürftige No-
tiz.)— VergL auch Rumohr, Ital. Forschun-
gen. II. 200. 208 u. 209. Er schätzt Antonio
doch etwas unter seinem Werth. Sachlich ist das
Buch durch Milanesi’s Dokumente in diesem Ab-
schnitt widerlegt oder werthlos geworden.
Notizen von Unger.
Jansen.
Antonio. Antonio da Murano, Maler zu
Venedig, dessen Thätigkeit zwischen 1440 und
1470 fällt. Den erhaltenen Werken zufolge ar-
beite er in den J. 1440—1447 immer in Gemein-
schaft mitGio vanni Alemanno; die Gemälde
aus dieser Zeit sind schon unter letzterem Mei-
ster (s. Alemanno) besprochen, wie auch die
eigenthümliche Fortbildung, welche Beide unter
dem gemischten Einfluss des Gentile da Fabriano
und Pisano einerseits, der rheinischen Schule
andererseits der Venezianischen Malerei gaben.
Was Giovanni Alemanno anlangt, so haben wir
gesehen, dass er von Antonio unzertrennlich ist,
und Bilder von ihm allein oder mit Anderen aus-
geführt nicht vorkommen. Dagegen finden sich
Bilder, welche von Antonio allein herrühren, so-
wie solche, welche von ihm in Gemeinschaft mit
seinem Bruder gemalt sind, wo dann die Bezeich-
nung gewöhnlich lautet: Antonio et Bartolommeo
fratres de Murano. Diese Thätigkeit des Anto-
nio, welche später fällt, als seine Verbindung mit
Giovanni, haben wir noch zu betrachten.
Sein Bruder Bartolommeo nahm in seinen
letzten Jahren, als er selbständig thätig war,
den Namen Vivarini an, und man hat daher
öfters (nach dem Vorgänge von Sansovino) auch
Antonio als einen Vivarini bezeichnet. Allein
ein genügender Grund findet sich dafür nicht;
es finden sich zahlreiche Beispiele, dass Künst-
ler in Folge eines bestimmten Umstandes einen
Beinamen annahmen, der dann auch auf ihre
Nachkommen überging, aber nur für sie und
nicht für ihre Brüder galt (so z. B. der Name
Orcagna für Andrea di Cione). Vivarini hiess
Bartolommeo und nannte sich dann auch dessen
Bruder Luigi; allein soviel sich absehen lässt,
 
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